Liebe Mathilda,
es ist schon unglaublich wie viele Schmetterlinge sich jetzt wieder in meinem Bauch breitgemacht haben. An schlafen war heute Nacht kaum zu denken und auch Essen mag ich kaum. Mir ist schon klar, dass das ein zeitlich sehr begrenzter Gefühlszustand ist. Und wenn schon, dann erst recht genießen.
Ich fuhr also heute äußerst fröhlich auf die Arbeit und kam mir dabei unglaublich attraktiv vor. Keine Ahnung, was da für Drogen wirken. Ich wollte mich zunächst auf meinen Lorbeern ausruhen und abwarten, was sich so an Begegnungen mit Flo ergibt, um danach zu entscheiden, ob ich aktiv werden muss. Jetzt wo wir beide wissen, dass wir miteinander in Kontakt treten wollen, bin ich ganz zuversichtlich was die Gelegenheiten dazu angeht. Es gab heute auch die eine oder andere Begegnung mit ihm, aber eher fachliches oder oberflächliches Geplänkel. In einem Fachgespräch über eine Klientin mussten wir beide plötzlich lachen, was nicht an der Klientin lag. Ja, ich kann nur bestätigen, dass ich diese wortlose Spannung liebe und dass sie einen erheblichen Teil der Aufregung rund um Flo ausmacht. Mir wurde nochmal klar, dass er in meiner Angelegenheit unheimlich dicht hält. So fühlt es sich jedenfalls an. Er würde das wahrscheinlich nie vor anderen ansprechen. Obwohl ja für eine Terminabsprache keine Geheimnistuerei nötig wäre. Vielleicht nimmt er auch auf mich Rücksicht? Vielleicht hat er auch einfach nicht genug Mum, mich zu fragen? Egal, er tat es nicht und so musste ich meine Überlegungen über eine mail an ihn erneut vertiefen. Um 13.30 Uhr schrieb ich ihm - ganz selbständig und ohne Rücksprache - von meinem verwerflichen E-Mail-Account eine Nachricht:
2. Das Gute an seiner Mail: Er hat offensichtlich geschluckt, dass wir uns treffen (kann das wahrscheinlich selbst noch nicht glauben) und dass das an einem Abend sein wird. Und er schlägt konkret die übernächste Woche vor. Das hört sich doch insgesamt sehr gut an. Ich bin schon relativ überzeugt, dass es zu diesem Treffen kommen wird. Was es bringen wird, da bin ich mir weniger sicher, denn...
3. Das Schlechte an seiner mail: Er muss sich schon sehr schützen und herausstellen, dass er ja Frau und Kinder hat und ich ja Familie habe. Als ob ich das vergessen könnte. Ich bin ja nicht seine Legastheniker-Entsprechung auf der familiären Ebene. Und das Treffen wird definitiv nach Frau Z.´s Party stattfinden, so dass ich die Frage, ob er in Begleitung seiner Frau dort auftaucht, irgendwie vorher klären muss. Und überhaupt muss ich mir vorher nochmal genau durchdenken, was ich ihm sage, ohne ihn unter Druck zu setzen oder ihn zu erschrecken. Erschrecken werde ich ihn ganz sicher. Ich muss behutsam sein, muss ihm die Chance geben, sich darauf einzustellen. Er wird das vermutlich nicht von mir erwarten, was ich ihm zu sagen habe. Das wird wohl kaum ein Mensch von mir erwarten, und auch ich selbst hätte das nie erwartet. Ich – die geradlinigste, kontrollierteste Frau, die ich kenne. Ich muss mich wahrscheinlich auch von dem Gedanken verabschieden, dass bei diesem Treffen eine Entscheidung fallen muss. Vielleicht sollte ich auch mehr auf eine lockere, fluffige Atmosphäre achten als zu viel zu problematisieren. Immerhin trifft er sich mit mir und das ist schon viel wert.
Da ich morgen nicht in der Klinik bin, kann ich mir die Zeit nehmen und in Ruhe überlegen wie ich antworte.
"Lieber Florian,
für unser Treffen nächste Woche würde mir am besten der Donnerstag passen. Dienstag ginge auch. Generell passt es mir abends ab 20 Uhr am besten. Aber sag doch gerne bescheid, wann Du könntest, dann probier ich es möglich zu machen. Kriegen wir hin :-)
Viele Grüße und einen schönen Nachmittag,
Viele Grüße und einen schönen Nachmittag,
Eva
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"Du bist die Erinnerung an Leichtigkeit, die ich noch nicht gefunden hab." - Tim Bendzko
Und wie findest Du meine Signatur? Passt das? Kann ja zufällig meine private Mail-Signatur sein. Er weiß nicht, dass die extra wegen ihm da so steht und auch ihn meint. Er könnte darüber natürlich ins Grübeln geraten. Naja, vielleicht bringt sie ihn etwas zum Nachdenken. Hoffentlich. So wie bisher alles aussieht, könnte er auch genauso gut den Eindruck haben, dass ich ihm mitteilen will, ich hätte mich von ihm entliebt. Würde ich dann so ein Gespräch suchen? Ich für meinen Teil vermutlich nicht, aber vielleicht andere Menschen. Was weiß ich? Naja, jedenfalls war ich schon als ich heute die Arbeit verließ sowas von gespannt, ob er antworten würde, ob unsere Kommunikation nun endgültig aus zwei Teilen besteht: einer fachlich kollegialen und einer privaten Seite. Es war schlichtweg kaum zum Aushalten, denn ich fand keine Gelegenheit, meine Mails zu checken. Das Fehlen von Gelegenheiten treibt mich jedes Mal an den Rand des Wahnsinns. Ich sollte nicht mehr auf Gelegnheiten warten, sondern sie mir nehmen. Abends um halb acht kam ich dazu kurz nachzusehen, ob Flo geantwortet hatte. Ich brauchte eine riesige Portion Abgebrühtheit, weil sowohl mein Vater - die letzte moralische Instanz - als auch Tino anwesend waren. Die Neugier war einfach größer als die Furcht, dass alles herauskommen würde. Ich konnte einfach nicht anders als nachzusehen. Ich durfte nicht in Gefühlsausbrüche verfallen als ich sah, dass er tatsächlich geantwortet hatte. Schon um 13.40 Uhr hatte er geschrieben:------------------------------
"Du bist die Erinnerung an Leichtigkeit, die ich noch nicht gefunden hab." - Tim Bendzko
"Liebe Ewa,
Nächste Woche ist, genau wie in dieser Woche "Ausnahme-Zustand" weil ein Teil
der Kinder vereist. D.h. das Laura und ich viel geplant haben, mir würde es dannach besser passen.
der Kinder vereist. D.h. das Laura und ich viel geplant haben, mir würde es dannach besser passen.
Viele Grüße und Dir und Deiner Familie.
Florian"
Florian"
So, und hier nun die ausführliche, emotional gefärbte Auswertung seiner Antwort:
1. Was mir natürlich sofort ins Auge springt: "Eva" wieder mit „w“. Verdammt! Kann er sich das nicht mal merken? Ich habe ihn doch schon mal darauf hingewiesen. Und dann kombinierte ich, dass in seinen Mails immer ganz schön viele Fehler drin sind. So auch in dieser. Und auch auf seinen Vortragsfolien hatte ich mit schöner Regelmäßigkeit welche gefunden. Wenn ich das so zusammen genommen betrachte, ist er vermutlich Legastheniker. Trotzdem kränkt es mich, wenn er meinen Namen verkehrt schreibt. Müsste er sich das nicht merken, wenn ich ihm wichtig wäre? Ist das ein Zeichen, dass ich ihm egal bin? Oder denkt er einfach: Ist doch nur ein Buchstabe? Wahrscheinlich denkt er darüber gar nicht nach. Mir fehlt da wirklich die Empathie, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein hochspezialisierter, intelligenter Arzt sich meinen dreibuchstabigen Namen nicht merken kann.
1. Was mir natürlich sofort ins Auge springt: "Eva" wieder mit „w“. Verdammt! Kann er sich das nicht mal merken? Ich habe ihn doch schon mal darauf hingewiesen. Und dann kombinierte ich, dass in seinen Mails immer ganz schön viele Fehler drin sind. So auch in dieser. Und auch auf seinen Vortragsfolien hatte ich mit schöner Regelmäßigkeit welche gefunden. Wenn ich das so zusammen genommen betrachte, ist er vermutlich Legastheniker. Trotzdem kränkt es mich, wenn er meinen Namen verkehrt schreibt. Müsste er sich das nicht merken, wenn ich ihm wichtig wäre? Ist das ein Zeichen, dass ich ihm egal bin? Oder denkt er einfach: Ist doch nur ein Buchstabe? Wahrscheinlich denkt er darüber gar nicht nach. Mir fehlt da wirklich die Empathie, denn ich kann mir nicht vorstellen, dass ein hochspezialisierter, intelligenter Arzt sich meinen dreibuchstabigen Namen nicht merken kann.
2. Das Gute an seiner Mail: Er hat offensichtlich geschluckt, dass wir uns treffen (kann das wahrscheinlich selbst noch nicht glauben) und dass das an einem Abend sein wird. Und er schlägt konkret die übernächste Woche vor. Das hört sich doch insgesamt sehr gut an. Ich bin schon relativ überzeugt, dass es zu diesem Treffen kommen wird. Was es bringen wird, da bin ich mir weniger sicher, denn...
3. Das Schlechte an seiner mail: Er muss sich schon sehr schützen und herausstellen, dass er ja Frau und Kinder hat und ich ja Familie habe. Als ob ich das vergessen könnte. Ich bin ja nicht seine Legastheniker-Entsprechung auf der familiären Ebene. Und das Treffen wird definitiv nach Frau Z.´s Party stattfinden, so dass ich die Frage, ob er in Begleitung seiner Frau dort auftaucht, irgendwie vorher klären muss. Und überhaupt muss ich mir vorher nochmal genau durchdenken, was ich ihm sage, ohne ihn unter Druck zu setzen oder ihn zu erschrecken. Erschrecken werde ich ihn ganz sicher. Ich muss behutsam sein, muss ihm die Chance geben, sich darauf einzustellen. Er wird das vermutlich nicht von mir erwarten, was ich ihm zu sagen habe. Das wird wohl kaum ein Mensch von mir erwarten, und auch ich selbst hätte das nie erwartet. Ich – die geradlinigste, kontrollierteste Frau, die ich kenne. Ich muss mich wahrscheinlich auch von dem Gedanken verabschieden, dass bei diesem Treffen eine Entscheidung fallen muss. Vielleicht sollte ich auch mehr auf eine lockere, fluffige Atmosphäre achten als zu viel zu problematisieren. Immerhin trifft er sich mit mir und das ist schon viel wert.
Da ich morgen nicht in der Klinik bin, kann ich mir die Zeit nehmen und in Ruhe überlegen wie ich antworte.
Bist Du heute Abend da, dass wir mal wieder skypen können?
Liebe Grüße,
Eva
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