Dienstag, 12. Februar 2013

Ein Dokumentarfilm zum Schmachten

Liebe Mathilda,

es bleibt weiter aufregend und lässt in der Spannung kaum nach. Positive emotionale Daueranspannung - wie lange hält man so etwas eigentlich körperlich durch? 




Das lässt darauf schließen, dass ich Flo heute ziemlich oft traf und den Kontakt zu ihm auf ein bisher kaum gekanntes Maß intensivierte. Ich war spontan super mutig - ein weiteres Nebenprodukt dieser Daueranspannung (Wahrscheinlich vernebelt einem das ganze Adrenalin das Gehirn, so dass jegliche Erwartungsängste deaktiviert werden). Vor dieser Fortbildungsveranstaltung, in der heute eine Dokumentarfilm gezeigt wurde und die ich anmoderieren sollte, versuchte ich mich zu sammeln. Ich überlegte ich was meine einleitenden Worte sein könnte. Es fiel mir unheimlich schwer mich zu konzentrieren. Da ich - bereits im Hörsaal vor Ort-  keinen Stift und keinen Zettel mitgenommen hatte, kam mir ein genialer Gedanke. Naja, so ungewöhnlich war der Gedanke gar nicht, aber dass ich ihn umgesetzt habe, war das ungewöhnliche. Flo´s Büro liegt schräg gegenüber dem Hörsaal und ic

Das lässt darauf schließen, dass ich Flo heute ziemlich oft traf und den Kontakt zu ihm auf ein bisher kaum gekanntes Maß intensivierte. Ich war spontan super mutig - ein weiteres Nebenprodukt dieser Daueranspannung (Wahrscheinlich vernebelt einem das ganze Adrenalin das Gehirn, so dass jegliche Erwartungsängste deaktiviert werden). Vor dieser Fortbildungsveranstaltung, in der heute ein Dokumentarfilm gezeigt wurde und die ich anmoderieren sollte, versuchte ich mich zu sammeln. Ich überlegte was meine einleitenden Worte sein könnten. Es fiel mir unheimlich schwer mich zu konzentrieren. Da ich - bereits im Hörsaal vor Ort -  keinen Stift und keinen Zettel mitgenommen hatte, kam mir ein genialer Gedanke. Naja, so ungewöhnlich war der Gedanke gar nicht, aber dass ich ihn sofort umgesetzt habe, war das Ungewöhnliche. Flo´s Büro liegt schräg gegenüber dem Hörsaal und ich entschied ich mich binnen 1 Sekunde, bei ihm anzuklopfen. Chance catching nenne ich das wie bereits in meinem post vom 6. Februar beschrieben. Ich klopfte, vorsichtig aber bestimmt. Die vertraute Stimme hinter der Tür fragte „Ja?“ und ich ging hinein. Ich sah wie er überrascht und sichtlich erfreut von seiner Arbeit aufschaute. Ich schmachtete ihn an wie er da inmitten seines völlig unfertigen Zimmers so an seinem massiven Schreibtisch saß. Kaum zu glauben, dass er hier seit zehn Monaten arbeitete. Zum Glück keine Familienfotos auf dem Schreibtisch, dachte ich nachdem ich unbewusst dieses Stillleben gescannt hatte. Ich fragte "Sag mal, hast Du Papier und Stift für mich, so dass ich mir meine Anmoderation notieren kann?" Er lehnte sich zurück, um das Papier aus seinem Drucker zu plündern und sagte "Ja klar, du kannst dich gerne hier hinsetzen und dich sammeln." Er reichte mir einen Bogen Papier. Ich war unsicher, denn mein spontaner Plan endete an dieser Stelle auch schon. Was nun? Mit Papier und Stift bewaffnet wieder hinausgehen? Auf der anderen Seite, warum nicht bleiben, wenn er mir schon einen Platz anbietet. Nicht dass das meine Konzentration für die Anmoderation fördern würde, aber ich könnte noch etwas in seiner Nähe sein. Diese letzte Konsequenz war einfach verlockender, so dass ich sein Angebot annahm. Ich entschied ich mich zu bleiben und setzte mich auf einen Rollcontainer neben seinem Schreibtisch. Es gab keine weiteren Stühle in seinem rümpeligen Büro. Dann senkten wir die Köpfe und taten zumindest nach außen hin so als würden wir konzentriert arbeiten. Ich versuchte es wirklich, aber Konzentration war in Flo´s Nähe noch weniger möglich als vor seiner Tür. Ich konnte es nicht fassen. Ich saß hier bei ihm in seinem Zimmer und er schien sich damit auch sehr wohl zu fühlen. Ich und er allein! Nach letzter Woche hätte ich das nicht für möglich gehalten. Keine Ahnung, was mit ihm übers Wochenende passiert war. Nach allem, was er von mir und über mich wusste, fühlte er sich in meiner Gegenwart wohl. Und das ist - was auch immer - aber es ist keine klare Grenze, dass er mich nicht in seiner Nähe haben möchte. Im Gegenteil, er schien sich in meiner Gegenwart wohl zu fühlen. Ein sehr gutes Zeichen. Wie mir das so durch den Kopf ging, wusste ich überhaupt gar nicht, was ich mir da aufschrieb. Meine Schrift kam groß und krakelig aus meiner zittrigen Hand. Irgendwann befand ich unentschlossen, dass ich alles notiert hatte und ging mit einem "Danke und bis gleich." wieder hinaus.

Es wurde noch besser. Nachdem ich die Anmoderation gekonnt hinter mich gebracht hatte und der Film startete, gab es noch zwei freie Plätze, einen in der letzten und einen in der vorletzten Reihe. Flo, der im letzten Moment eingetreten war und sich gerade auf den Stuhl setzen wollte, den auch ich anvisierte, hielt inne und schob mich mit einer sanften Berührung am Rücken auf eben diesen Stuhl. Gibt es eine vollkommenere Platzanweisung? Und werde ich mich am Rücken jemals wieder waschen? So kam es, dass ich während der ganzen Filmvorführung ca. 1 m schräg hinter ihm saß. Und er roch so gut. Ich hab ihn die ganze Zeit inhaliert. Er trieb mich mit seinem Duft fast in den Wahnsinn und er wusste das vermutlich. Er wusste nicht, was ich vorhabe, ihm vorzuschlagen. Aber nach allem, was er von mir und über mich wusste, war er nicht abgeneigt, in meiner Nähe zu sein. Würde ich in seiner Situation sein und mein Gegenüber nicht ermutigen wollen, würde ich klare Grenzen ziehen. Andererseits wäre ich mit meinem Harmoniebedürfnis (und davon hat er auch eine Menge) auch froh, wenn sich anscheinend alles stabilisiert hätte. Aber er weiß ja nun ziemlich sicher, dass ich mich nicht von ihm entwöhnt habe. Und was macht er? Er nimmt Kontakt auf, sucht meine Nähe und fühlt sich gut, wenn ich seine Nähe suche. Ach, wenn das nur immer so sein könnte.

Es hat mich so erwischt. Das hätte ich nicht für möglich gehalten.


"The sky is blue
Dreamed out loud till it's true
Then taken back the part
Shine through
My arms turn wings
Oh, those clumsy things
Send me up to that wonderful world
And then I'm up with the birds"
Coldplay - Up with the birds


Unzurechnungsfähige Grüße,

Eva

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