Donnerstag, 28. Februar 2013

22.03 Uhr


18.20 Uhr

Ich habe Schiß!!!

17.53 Uhr

Laufen tut gut – bis ich auf Höhe der Richardtstraße den SMS-Ton höre. Katastrophengedanken (Er sagt ab!) gepaart mit allen psychophysiologischen Erscheinungen (Herz in der Hose). Mutig schaue ich nach. Eine Handynummer ohne Namen wird angezeigt. Ich erkenne ihn sofort an der Anrede „Liebe ewa“ (so falsch kann nur er mich schreiben!) Mir ist schlecht! Was solls, Nachricht öffnen, um die ganze Misere zu lesen. Um 17:37 Uhr schreibt er:


„Liebe ewa, bin jetzt erst fertig und komme so gegen 18.30 ins café, wie vereinbart. Viele grüße florian“


Stein fällt! Okay, alle Katastrophen- und physiologischen Reaktionen wieder zurückfahren. Die letzte Bestätigung, dass es wirklich dazu kommen wird. Ist das jetzt seine private Handynummer? Muss ich darauf antworten? Nach diesem Durchrüttler und dem Wein bin ich langsam ganz locker und leicht, in einer tollen Flirtstimmung.

Nicht mehr aufzuhaltende Eva!!!

17.13 Uhr

Habe pünktlich 17:00 Uhr unsere Wohnung verlassen. Verabschiedung ganz normal, so als ginge ich wirklich in der Sitzung des Berufsverbandes, was ich teilweise schon selber glaube. Anti-Tragik-Playlist ist jetzt angesagt. Wer weiß, ob ich sie morgen noch hören kann. Alles auf ein Ende ausgerichtet. Ich fühle mich gut, sexy, toll vorbereitet. Fahre nicht ganz bis zur Oburger, sondern lasse mir einen 2km langen Weg, um zu laufen. Spannungsabfuhr und die Weinfahne etwas verfliegen lassen. Kaugummi!

Aufgeregte Eva.

15.45 Uhr

Mathilda, Du bist süß! Ich habe Dich heute schon unzählige Male kontaktiert. Du bist wirklich eine treue Lebensberaterin und Freundin und hast in den letzten Tagen und Wochen ganz schön viel Kontakt ausgehalten.

Bin in meiner Aufregung gut zu Hause an- und etwas runtergekommen. Haare sind gewaschen und geföhnt, Pickel übermalt. Erst wollte ich mich nicht mehr umziehen, weil er nicht merken sollte, dass ich mich für ihn aufbrezele. Verglichen mit dem, was ich ihm sagen will, ist aber aufbrezeln eher harmlos. Und so warf ich dieses Prinzip über den Haufen, zog die dunkelblaue Esprit-Jeans und das lange enganliegende, dunkelblaue T-Shirt an und meine rote kurze Strickjacke darüber. Rote Perlenkette und rotes Lederarmband mit „verbotenem“ Charmanhänger „Apfel“ (Eva – der Apfel – die Erbsünde – die Vertreibung aus dem Paradies - Da soll noch einer sagen diese Situation sei nicht aufgeladen). Fertig. Ich sehe jetzt heiß aus! Und ich habe Paracetamol genommen. Ich fragte mich kurz wie das wohl mit dem Alkohol zusammenwirkt. Aber dann ließ ich das letzte bisschen Kontrolle hinter mir und nahm es.
Die 0,25 l Blanchet habe ich in eine Trinkflasche eingefüllt, so dass ich unterwegs nicht so auffalle. Hierbei komme ich mir schon etwas alkoholabhängig vor. Selbstmedikation ist es auf jeden Fall. Ich hatte die Dosierung diese Woche bestimmt, um die nötige Lockerheit in meinen Monolog zu bekommen, den ich vor Flo´s Bild geprobt habe. Musik läuft eh die ganze Zeit (aus meiner Power-Sunshinelove-Playlist). Handy ist bald aufgeladen, Headset eingesteckt. Nur noch Spuren beseitigen.
Jetzt gleich Kai abholen und auf Konstantin warten.
Besser kann ich nicht vorbereitet sein.
Das nächste Mal melde ich mich vom Handy.


Ich drück Dich,
Eva

14.02 Uhr

Ach manno,

der OP-Plan hat sich verschoben. Ich habe ihn bevor er in den OP ging nicht mehr unter 4 Augen gesehen und er wird jetzt bis mindestens 17 Uhr operieren. Ich bange. Ich hoffe. Ich will ihn nicht anrufen, weil er im OP sowieso nicht persönlich ans Telefon geht. (Die OP-Schwester in meiner Fantasie sagt: „Dr. Mollis, Frau Cormann lässt fragen ob es bei dem privaten Treffen heute um 18 Uhr bleibt?“ Hat was von der 80er-Jahre-Werbung „Wat kosten die Kondome?“ mit Hella von Sinnen). Und außerdem habe ich Schiß, dass er von seiner Seite aus cancelt. Ein einseitiger Kommunikationsweg per mail scheint mir hier das Beste. Erst wollte ich noch in der mail noch darauf eingehen, warum ich maile und nicht anrufe, aber dann erinnerte ich mich an "Overthinking" und beschließe, dass der OP-Plan und ob er gerade im OP ist überhaupt nicht mein Problem ist. Habe ihm jetzt geschrieben, dass von meiner Seite aus alles dabei bleibt und den OP-Plan ignoriert:


„Lieber Florian,

von meiner Seite klappt alles wie besprochen. Ich werde gegen 18:00 Uhr im Merkur (Oburger Straße 33) sein.
Ich freue mich, bis dann,

Eva“


Außerdem kriege ich jetzt Kopfschmerzen und habe einen Pickel auf der Stirn. Okay, ich fahre jetzt nach Hause und wasche mir die Haare. In der Hoffnung, dass es mir dann besser geht.

Vielen Dank, dass ich meine durchgeknallten Gedanken bei Dir lassen kann und Du auch noch mitfieberst.

Dramatische Grüße,
Eva

10.45 Uhr

Liebe Mathilda,

es läuft sehr gut. Habe gerade eine ewig lange Visite mit ihm hinter mir. Und er sieht sooooo .... sexy aus. Wir haben total innig über einige Klienten gesprochen. Er trägt heute einen Rollkragenpullover, was ich total mag und nicht gerade zur Aufrechterhaltung meiner Grenzen beiträgt. Vielleicht weiß er ja doch genau, was er tut? Es kommt nichts Gegenteiliges von ihm und so gehe ich davon aus, dass unser Treffen wie vereinbart stattfinden wird. Keiner von uns beiden hat das mehr erwähnt oder infrage gestellt. Nun ja, scheint alles so zu bleiben wie geplant. Ich fühle mich innerlich sehr gut vorbereitet, äußerlich bin ich aber noch nicht so zufrieden mit mir. Für die Schönheit (oder meinem Gefühl davon) muss ich wohl zwischen Arbeit und Treffen noch etwas tun.



"Wir sollten viel öfter von ganzem Herzen etwas tun, das kein Ziel
verfolgt, keine Eile hat und sich nicht lohnen muss."
Jochen Mariss



Einen schönen Tag,
Eva

6.24 Uhr

Liebe Mathilda,

es ist Donnerstag der 28. Februar und ich fahre gleich mit dem Gedanken in die Klinik, dass es heute geschehen wird. Heute werde ich Flo mit meinem Gefühlsleben und der Vorstellung, was ich mit ihm daraus machen möchte, konfrontieren. Ich habe heute Nacht sogar etwas schlafen können und komme mir jetzt ganz stark vor.


"Die Träumer und die Verrückten,
die Kinder und die Verliebten
wünschen sich voller Zuversicht all das,
was in ihrem Herzen brennt,
wie fern es auch immer sein mag,
ganz gleich, was die Welt davon hält."
Jochen Mariss


Liebe Grüße,
Eva

Mittwoch, 27. Februar 2013

Noch 1 Tag: Call me maybe

Liebe Mathilda!


Es ist schlichtweg kaum zum Aushalten. Die Aufregung ist zurück, ich bin voller Schmetterlinge und habe ein super gutes Gefühl. Flo versteht es, die Spannung ins Unermessliche zu steigern. Die große Erlösung kam heute Morgen als ich ihn im Auto sitzend auf 200 m Entfernung um die Ecke bogen sah. Die Erleichterung kann ich kaum groß genug beschreiben, da die Aussicht unser Treffen noch einmal verschieben zu müssen, schwer auf mir lastete. Und nun ist alles sehr konkret, sehr abgemacht, unwiderruflich gestartet. Ich muss irgendwo etwas Spannung loswerden. Sollte vielleicht laufen gehen, wenn Kai im Bett ist. 
Es war noch vor 9 Uhr und ich hatte schon alles mit Flo geklärt. Dabei lief es erst gar nicht gut. Es ist schon merkwürdig wie verkrampft wir uns verhalten, wenn andere Leute dabei sind und wie alles abfällt sobald wir zu zweit sind. Erst ein großer, unsicherer Abstand und dann so nah nebeneinanderhergehend, dass wir uns fast an Schultern und Armen berühren - manchmal tun wir's sogar. Fachgespräche bis wir uns im Aufenthaltsraum verbarrikadierten. Er schließt die Tür. Seine erste Klientin wartet bereits. Ich frage 

„Noch Zeit für einen schnellen Kaffee?“ 

Totale Zustimmung von ihm! Jetzt oder nie:

„Und, klappt das nun morgen?“ 

Was hat er eigentlich darauf gesagt? Bin teilweise in seinen Augen versunken. Er stimmte zu, lies aber gleich noch die Unvorhersehbarkeit des OP-Plans mit einfließen. Und es war tatsächlich so, dass ein Klient, der heute operiert werden sollte, noch nicht OPfähig war und damit nun eventuell auf morgen verschoben werden müsste. Wenn dem so wäre, läge die OP-Zeit in unserem Treffen und jeder kann sich ausrechnen, was dann Vorrang hat. Er erklärte mir besorgt, dass der Chef morgen Nachmittag nicht da sei und er auf jeden Fall operieren müsse. Naja wäre ja auch zu entspannt gewesen, wenn das einfach mal glatt gegangen wäre. So beobachtete ich wie ein Schießhund den OP-Plan. Um 12:30 Uhr kam die Entwarnung, dass der Klient doch heute operiert werden konnte. Eine Sorge weniger. Aller Wahrscheinlichkeit nach wird es also wirklich dazu kommen. 

„Da wäre noch der Ort ...“ 

sagte ich und setzte zu meiner erträumten Lokalisation an:

"Kennst Du das Merkur in der Oburger Straße?"

"Ist das das Café Orange?"

Autsch! Café Orange - eine Erinnerung aus meiner Vergangenheit. Dort traf ich mich mit Sebastian und er nahm wohl dort das erste mal meine Hand. Und küssten wir uns etwa auch dort? Ja, toll! Wird man denn an allen Ecken und Enden mit sich selbst konfrontiert? Ich schob den Gedanken weg und beschrieb ich ihm, wo das Merkur ist. 

"... Nein, dass ist ein paar Häuser weiter vorne."

"Ja, okay. Da kann ich gerne hinkommen." 

Er stimmte zu und druckste kurz herum. Ich bemerkte, dass er nun etwas fragen wollte. Erwartungsvoll blickte ich ihn an als er fragte:

"Mhhh ... ich kann Dich ja nirgendwo erreichen. Mich kannst Du immer über meine dienstliche Festnetznummer erreichen. Mit Rufumleitung und so landest Du immer auf meinem Handy." 

Geschickt eingefädelt. Erreichbar ohne dass er mir seine private Nummer verrät. Ich kann nicht mit einer solch ausgeklügelten Telefonschaltung aufwarten. Tja, ich schrieb mir seine Nummer auf und notierte dann meine Handynummer auf einer Visitenkarte. Ich reichte sie ihm über den Tisch und irgendwie nahm er die Visitenkarte mit so einem Eroberungslächeln entgegen. Das gefiel mir schon sehr und überhaupt, der ganze Moment war sehr intim. Ich fühlte mich total super und versuchte nicht allzu sehr zu grinsen bis wir uns trennten.

Und jetzt bin ich nur noch am Stärken (Enaudi hören, Jochen Mariss lesen) und Spannung ablassen (Laufen - Laufen - Laufen). Ich habe alles Erdenkliche getan. Ich habe sogar geprobt, mit welcher Dosis Alkohol mir meine Rede am besten gelingt. Ich habe mir ganz behavioristisch ein Glas Wein eingeholfen und vor seinem Bild meinen Monolog gehalten. Und genauso werde ich das morgen auch tun. Erst den Wein, dann meine Rede. Es ist ein Homerun! In etwas mehr als einem Tag werde ich mit ihm gesprochen haben. Ich bin schon los gelaufen, ich stehe für mich ein. Alles andere liegt nicht mehr in meiner Hand.


„Die drei Wurzeln der Liebe: 
Bereitschaft, den anderen als das anzunehmen, was er ist. 
Vertrauen in die gegenseitige Zuneigung, ohne Beweise dafür zu verlangen. 
Mut, das Herz zu öffnen ohne Netz und doppelten Boden.“


„Wider alle Furcht. Wider alle Zweifel. Wider alle Vernunft, das Herz öffnen.“ 
Jochen Mariss

Starke Grüße,
Eva 

Dienstag, 26. Februar 2013

Noch 2 Tage: Panik

Liebe Mathilda,



Er ist nicht hier! 
Warum ist er nicht hier? Ich bin auf der Arbeit und leicht in Panik, denn er hat sich krank gemeldet. Das lässt mich etwas panisch werden, trifft mich total unvorbereitet. Das einzige, was ich nicht bedacht habe: dass er ausfallen könnte. Ich will das Treffen unbedingt. Ich will endlich loswerden, was ich mir so lange überlegt habe. Ich glaube nicht, dass er es so ganz und gar vermeiden würde, aber wenn es ihm wegen Krankheit oder Krankheit der Kinder leichter fällt, das Treffen abzusagen, könnte er das schon nochmal tun. Was mir dann bleibt, ist einfach meine unendliche Geduld, die ich ja in allen anderen Lebenslagen aufbringen kann. So oder so wird er früher oder später über meine Ideen Bescheid wissen. Es wird sich schon alles fügen. Ich bin ja bereits losgelaufen!

Ein aufbauender Spruch an mich selbst gerichtet:

„Wenn es anders kommt, als wir uns gedacht haben, 
dann kann das auch eine Einladung des Lebens sein, 
es so zu nehmen, wie es kommt“ 
Jochen Mariss



Und hier noch direkt an Flo gerichtet:



Panische Grüße,
Eva

Montag, 25. Februar 2013

Noch 3 Tage: 7-Punkte-Plan

Liebe Mathilda,

so, was habe ich heute für Katastrophengedanken? 
Er sagt mir, dass er nichts, rein gar nichts für mich empfindet. Und überhaupt, er sagt mir, dass er mir das doch schon im November gesagt hat. 
Das Risiko ist einfach da, dass er keine Affäre möchte bzw. das für ihn noch nicht „erlaubt“ bzw. möglich ist. Aber das ist dann seine Entscheidung. Ich bin für mich eingestanden und muss seine Entscheidung akzeptieren. Aber ich kann hoch erhobenen Hauptes weitergehen. Und ich werde nicht auf dem Sterbebett liegen und es bereuen, dass ich mich nicht getraut habe. Und außerdem sagte er im November, dass er das Verliebtsein nicht erwidern kann. Von einer Affäre war noch nie die Rede. Er mag mich. Er wird nicht böse sein. Höchstens Angst vor sich selber haben. Hat dann nix mit mir zu tun! Sollte das so eintreten, dass er es völlig negiert, dass zwischen uns etwas ist, ist es dann die höchste Stufe für sich einzustehen und zu sich zu stehen - der eigenen Wahrnehmung und den eigenen Gefühlen zu vertrauen ohne Bestätigung von ihm. 

Was könnte ich also sagen, wenn er die Spannung zwischen uns völlig abstreitet?

„Ach, das ist sehr schade und macht mich auch traurig, aber ich spüre das nun mal."
„Ja, ich akzeptiere, dass du das so siehst, so sehen musst, aber ich vertraue da ganz auf mein Gefühl.“
„Ich habe mir vorgestellt, dass du das so sehen könntest, aber ich bleibe da ganz bei mir, ich empfinde es so.“
„Es macht mich natürlich traurig, dass du das so siehst/so sehen musst, aber es ändert nichts an meinem Empfinden, dass da etwas ist zwischen uns ist.“
„Ich muss das nicht negieren. Es ist da und es ist in diesem Stadium moralisch total unverwerflich / einwandfrei“
„Es macht mich natürlich traurig, dass du nicht so empfindest. Ich merke auch, dass du dir die größte Mühe gibst, mir keinen Anlass zu bieten, so zu fühlen und und in all deinen Reaktionen sehe ich nur wie Verstand vor Gefühl kommt. Wozu ist das nötig, wenn doch zwischen uns nichts ist?“

Ich werde sehen wie weit ich an diesem Abend gehen kann. Ich will ihn nicht überreden. Aber natürlich will ich ihn in mich verliebt machen. Ich will ihn nicht unter Druck setzen. Das ist nicht vordergründig meine Motivation. Natürlich setze ich ihn schon mit dem, was ich sage, unter Druck, aber ich tue das, um für mich einzustehen. Vielleicht könnte ich einfließen lassen, dass es für mich sehr entlastend war als er kommunizierte, dass er mit Laura zu Frau Z.´s Party gehen würde. Damit war für mich der Druck raus und ich konnte meine Entscheidung fällen. Ich könnte sagen:

„Dass dir das dann leid tat als du und Laura nicht hingehen konnte, hat mich berührt. Dass ich nicht da war, hat mich nach meiner Entscheidung nicht mehr berührt.“

Das passt glaube ich ganz gut in die Kategorie „Nur das Beste für ihn und seine Frau“. Es geht mir nicht darum, dass ich etwas gegen Laura habe (Warum sollte ich? Beim Thema "Männerwahl" kann ich mich total mit ihr identifizieren.), sondern, dass ich einfach Abstand halten möchte. Und dass ich mir das nicht zugetraut habe. Ihm und ihr als Paar zu begegnen. Dem wollte ich mich nicht aussetzen. Und dass ich keineswegs enttäuscht war, nicht hingegangen zu sein, sondern eher erleichtert, dass wir das vorher klären konnten. Was er denn gedacht hätte, könnte ich diskret mal fragen. Es soll ja auch eine Art Gespräch werden und kein Monolog.
 
Und außerdem wäre noch wichtig im rückzumelden, dass ich finde, dass wir gut mit der Situation umgegangen sind.

„Ich weiß, dass ich dich mit meinem Geständnis schon irgendwie unter Druck gesetzt haben muss. Wenn ich von mir ausgehe, hat es mir sehr geholfen, dir davon zu erzählen und ich habe gestaunt wie gut wir zusammenarbeiten konnten. Ich hatte einfach das Gefühl, dir vertrauen zu können und das hat sich bestätigt. Und dieses Treffen heute ist nur ein weiteres Resultat dieses Vertrauens, dass ich bei dir empfinde. Ich hoffe, dass das auch in Zukunft so sein kann. Das ist mir sehr wichtig.“

Also, fasse ich noch mal zusammen, was ich ihm sagen möchte:
  1. Vorworte: "Schön, dass Du da bist."
  2. Anlass: "Erst G wie Gefühlschaos, dann G wie Gleichgewicht"
  3. Entschärfung: "Nur das Beste für dich und für mich in unseren Familien"
  4. Meine Gefühle für dich: "Gefühlsverbot über Bord!" -  "Was sich so richtig anfühlt, kann nicht verkehrt sein!" -  "Das Leben ist zu kurz!" - "Ich muss das tun, um für mich einzustehen!"
  5. Gefühle zwischen uns: "Eine Wellenlänge" - "Chemie" - "Spannung"
  6. Druck rausnehmen: "Keine Erwartungen!" - "Hätte mich vor ein paar Monaten selbst davor erschreckt, was ich hier tue."
  7. Mein Wunsch, Wille und Schlussfolgerung: "Die Wellenlänge mit dir leben und ihr eine Form geben."

Mein 7-Punkte-Programm! Klingt so einfach. So einleuchtend. Es passt einfach 100prozentig zu meinem Inneren. Es fühlt sich richtig an. Ich werde mir die Reihenfolge einprägen und es wie einen Vortrag, den ich in ein paar Tagen halte, vor mich hinsprechen. Eine so wichtige Begegnung muss ich proben. Und meine Vorträge fand er immer super. Und dann ist auch mal gut, denn:






Liebe Grüße von Eva

Sonntag, 24. Februar 2013

Samstag, 23. Februar 2013

Noch 5 Tage: Warten bis der Arzt kommt!

Liebe Mathilda,

Warten!

Warten bis Flo kommt!

Warten bis mein Arzt kommt!

Was mach ich bloß?

Wer auf einen Facharzt angewiesen ist, kennt Wartezeiten. Manchmal fragt man sich, ob man auf den Arzt wartet oder einen Arzt braucht, weil man wartet. Eine erhebliche Anzahl an Dekompensationen passieren im Wartezimmer, weil der Arzt einfach nicht kommt. Gibt es dazu eigentlich Studien? Hier mal mein vermuteter Zusammenhang zwischen der verwarteten Zeit und der eigenen psychischen Verfassung: Linear beim herkömmlichen Arzt, chaotisch und nicht planbar bei Flo:



 

Ich kenne Ärzte, die die terminierte Zeit mindestens um 30 Minuten überschreiten, weil sie sonst als zu schnell verfügbar, unbeschäftigt und als "schlechter" Arzt gelten. In wessen Augen? Des Arztes? Des Patienten? Und spielt der Versicherungsstatus eine Rolle?

Allein dass ich mir solche Gedanken mache, spricht dafür, dass ich in meinem Wartezimmer auch bald dekompensiere. Aber was kann mir schon passieren? Ich habe meinen Termin. Ich weiß was ich will. Ich weiß nur nicht, was mein Arzt will.

Ungeduldige Grüsse,
Eva

Freitag, 22. Februar 2013

Noch 6 Tage: Flo´s mutmaßliche Gedankenwelt

Liebe Mathilda,

heute kam Flo wie erwartet später auf die Arbeit, mit zerzaustem Haar. Ich kenne ihn ja mittlerweile ein bisschen, so dass ich mich frage, was ihm passiert ist, dass er so zerwühlt aussieht. Was ist es, das ihn im Innersten bewegt? Was könnte in seinem attraktiven Kopf so vorgehen? 



Offensichtlich ist, dass er sehr harmonieliebend ist und versucht die Menschen mit ihrer Seele zu sehen. Er kann sich auf der Arbeit schon gut behaupten, setzt freundlich aber bestimmt Grenzen. Er ist ein Mann und sich dessen bewusst. Er flirtet gerne. Vielleicht wäre er gerne etwas "spannender" und etwas „böse“, aber im Grunde seines Herzens ist er einfach ein sehr liebenswerter Mensch. Ein bisschen Narzissmus ist sicherlich auch dabei. Im Privatleben ist er sicherlich um einiges unorganisierter. Ich glaube, dass seine Frau viel mit der Alltagsorganisation zu tun hat und ihm den Rücken frei hält. Und trotzdem ist er im Berufsleben sehr kontrolliert, lässt kaum etwas von seinem Innenleben durchblicken, wenn es sich nicht mal zufällig entblättert. Im Grunde hat er auch die gleichen Selbstwertprobleme wie alle. Ich merke schon, dass ich tatsächlich versuche meine Therapeutenkenntnisse auf ihn anzuwenden, um ihn besser zu verstehen. Ich habe mich dagegen immer gewehrt, dies bei jeglichen Freunden, Bekannten, Familienangehörigen zu tun. Doch der Durst, ihn zu verstehen, seine Haltung mir gegenüber zu ergründen ist so groß, dass er ein weiteres meiner Prinzipien zu Fall bringt. Er hat das selbst durch seine Fragen an mich, durch seine Flirterei angestachelt. Und nun muss er damit leben, dass ich versuche ihn zu verstehen. Klingt fast so als könnte er auch etwas Angst vor dem Treffen haben. Wenn ich mir vorstelle wie es mir gehen würde, wenn ich in seiner Situation wäre. Bis vor einem dreiviertel Jahr hätte ich so etwas völlig abgeblockt. Es wäre nicht in meinem Denken gewesen, dass ich mich (und sei es zu einer Aussprache) mit einem anderen Mann getroffen hätte. Noch dazu, wenn ich gewusst hätte, dass derjenige sich in mich verliebt hätte. Ich glaube ich hätte es ziemlich hart abgeblockt, wenn ich das nicht gewollt hätte. Ist die Frage, blockt er es nicht ab, weil er einfach anders ist als ich oder weil der tatsächlich etwas für mich empfindet. Dass ich ihm auf irgendeine Art nicht egal oder sogar ein bisschen wichtig bin, glaube ich schon. Was wäre nun, wenn ich so ein Treffen zugesagt hätte. Wahrscheinlich würde ich zu Hause mit offenen Karten spielen und sagen, dass ich da einen Kollegen bei einem Problem unterstützen müsse oder sogar ganz die Wahrheit sagen. Und dann würde ich mir überlegen wie ich es sanft, aber sehr bestimmt abblocken könnte. Und das ist es, was sich Flo wahrscheinlich in diesen Tagen überlegt. Wie kann er mir unmissverständlich klarmachen, dass es nicht geht? Ich glaube ich wäre äußerst vorsichtig mit auch nur den kleinsten Zugeständnissen in Richtung Zuneigung. Ich weiß, wenn er nur das kleinste bisschen davon zu geben würde, würde ich nicht mehr locker lassen. Dessen ist er sich sicherlich bewusst. Was könnte er also sagen? Vielleicht, dass es ihm sehr leid tut wie es schon einmal getan hat. Das muss es nicht. Das alles hat mich viel weiter gebracht. Und ich bin so froh, dass ich diese Gefühlsüberwallung erleben durfte. Vielleicht würde er sagen, dass er sich geschmeichelt fühlt. Vielleicht könnte er auch sagen, wenn er in einer anderen Lebenssituation wäre, wäre das anders. Nein, ich glaube darauf würde er sich nicht einlassen. Das böte zu viel Angriffsfläche. Vielleicht würde er sagen, dass er überhaupt nicht der Typ für Affären sei. Er da seine Prinzipien hätte usw. Er das seiner Frau nicht antun würde und er seine Familie nicht aufs Spiel setzen würde. Ich könnte ihn dann fragen, ob er denn meine, dass ich der Typ für Affären sei. Und dass ja niemand davon erfahren müsse. Ich könnte ihn fragen wie viele Leute, die mich kennen, erwarten würden, dass ich eine Affäre hätte. Er könnte auch sagen, er wolle das nicht, er kann das nicht, er möchte das nicht, wobei „wollen“ dabei die schlimmste Abfuhr für mich wäre. Das wäre sein tiefstes Inneres, sein Willen. Keine äußeren Gegebenheiten oder sonst etwas, was ihn an der Ausführung hindert, sondern ausschließlich sein Willen. Oder wenn er sagt, er empfindet nicht so. Ja, wenn er wirklich nicht so empfindet, gerate ich ins Wanken. Kann ich mich so täuschen? Ich merke, dass es zwischen uns eine Spannung, eine Wellenlänge, eine Chemie gibt. Ich könnte sagen „Wenn du wirklich nicht so empfindest, dann kannst du dich wahnsinnig gut verstellen." Ich merke doch wie er sich manchmal regelrecht zusammenreist, um mir nicht zu nahe zu treten oder mir keine zweideutigen Signale zu senden. Mich würde wirklich interessieren, ob ihn das gedanklich beschäftigt. 

"Auf den ersten Blick sieht man nicht
dass er, genau wie Du und ich, noch nicht angekommen ist
und dass er eigentlich nur den Weg nach Hause sucht."
Tim Bendzko

Wenn ich ihm nur all das sagen kann, was ich mir vorgenommen habe, bevor er den Raum verlässt, wird das Treffen ein Erfolg. Und, er muss ja gar nichts dazu sagen (das wäre mir wohl am liebsten). Es genügt, wenn er sich die Möglichkeit lässt, es setzen zu lassen. Dann könnten wir schauen wie wir auf der Arbeit mit dieser Wahrheit im Hinterkopf umgehen. 
Alles ist möglich, lass es uns leben.

Liebe Grüße,
Eva

Donnerstag, 21. Februar 2013

Noch 7 Tage: Katastrophengedanken

Liebe Mathilda,

ich komme mir vor wie los gelaufen und nicht mehr zu stoppen. Ich habe mich auf den Weg gemacht, den Rubikon überschritten. Es gibt kein zurück mehr, nur noch die Feinabstimmung, was ich ihm sage. Aber auch das ist nur noch eine Möglichkeit für mich, mich vor meiner eigenen Courage zu verstecken. Der letzte Ausweg, den ich brauche, um das durchzuziehen. Es ist keine wirkliche Option, ihm etwas anderes zu sagen als das, was ich mir vorgenommen habe. Ich weiß nicht wie oft ich das hier schon durchgekaut habe. Nichtsdestotrotz habe ich das Bedürfnis, es immer wieder zu tun. Hat was von Regurgitieren. So als könnte ich es dann besser glauben. 
Es gibt für mich nur diesen Weg. Ich hatte mir gestern auf der Autofahrt von meinem Vater nach Hause noch einmal die Quintessenz meiner Ambivalenz überlegt: 

1. Ich will bei Toni sein und in unserer gewachsenen und innigen Beziehung bleiben. Eine Trennung kommt nicht infrage. Ich will das. 
2. Ich will bei Flo sein. Meine Gefühle vor ihm nicht auszusprechen, kommt auch nicht infrage, denn ich würde ewig bereuen, es nicht versucht zu haben. Und ich will auch das.

Es ist wahrscheinlich auch gar nicht mehr wichtig, was bis zu unserem Treffen am 28.2. geschieht. Ich kann da ganz entspannt herangehen. Ist das etwa die Leichtigkeit und die Gelassenheit, die ich die ganze Zeit gesucht habe? Natürlich beschäftige ich mich gedanklich viel damit, aber es ist anders als in der Phase als ich mir ständig überlegte, warum mir das überhaupt passiert ist und was ich nun damit anfange. Damals war es mehr chaotisch-aufregend, mehr körperlich, mir den Appetit verschlagend. Nun ist es mehr gedanklich, sehr bewusst und in sich ruhend. Es hat etwas von Größe, aber ...

Katastrophengedanken kommen mir natürlich auch in den Sinn. Mein heutiges Highlight:  
Er steht auf und geht.
Du meinst, dass die Wahrscheinlichkeit gering wäre, denn immerhin lässt er sich ja auf das Gespräch insgesamt ein und er ahnt aus welcher Richtung da was kommt. Er weiß, dass ich durch das Thema nicht durch sein kann. Anders lässt sich meine Äußerung ihm und seiner Frau gegenüber nicht interpretieren. Deine Mutmaßung, er glaube ich will ihn ganz haben, ist sehr wahrscheinlich. Wenn das so ist, überlegt er sich in diesen Tagen wahrscheinlich, was er mir entgegnen kann. Wie weit wird er sich aus dem Fenster lehnen? Ich will auf jeden Fall zuerst reden. Ich denke er wird versuchen für mich (für ihn) selbstwertschonende Argumente zu finden, warum es nicht geht, warum es nicht sein kann. Wenn er nur ein klein bisschen zugeben könnte, dass da zwischen uns etwas ist auch wenn er es nicht umsetzen kann, wäre ich ehrlich schon sehr positiv berührt. Das Ganze hat wohl mehr mit mir als mit ihm zu tun. Ich muss das jetzt versuchen. Ich kann danach stolz auf mich sein, denn ich werde zu meinen Gefühlen gestanden haben, egal wie er reagiert. 

Ein anderer Katastrophengedanken: 
Er unterbricht mich und sagt mir, dass er das nicht hören will.  
Naja, ich glaube die Wahrscheinlichkeit ist nicht so groß. Er lässt sich auf diese Situation ein und er wird alle möglichen Fantasien dazu im Kopf haben, was ich von ihm will. Aber ich falle ja nicht über ihn her. Ich bleibe immer schön bei mir. Und gehe nur so weit wie er das zulässt. Natürlich würde ich gerne seine Haare verwuscheln, seine Hand nehmen und ihn küssen, lange küssen, ganz zu schweigen von sexuellen Handlungen, die sich in meine Fantasie schleichen ...., aber ich bin da in meinen äußerlichen Reaktionen ja sehr zurückhaltend und das weiß er ja auch.


Er kreidet mir an, dass ich Beziehungsprobleme habe und diese halbherzig durch eine Affäre zu lösen versuche.
Ich muss immer schön bei mir bleiben. Nur ich weiß wie viel ich in den letzten Monaten an mir und meiner Beziehung gearbeitet habe. Nur ich weiß wie viel ich gelitten habe. Und nur ich allein kann wissen, ob das der richtige Weg für mich ist. Ich bitte ihn ja nicht meine Beziehungsprobleme mit ihm zu besprechen, geschweige denn zu lösen. Deswegen sitze ich da nicht mit ihm zusammen. Und selbst wenn er mir das angekreidet, bleibt immer mein Argument: Ich will in meiner Beziehung bleiben und ich will ihm mitteilen, dass ich mit ihm eine Affäre eingehen würde. Das ist mein Weg.

Ich kann mich mit solchen Gedanken auseinandersetzen, indem ich sie auseinandernehme und entkräfte. Und am Ende steht stets die Erkenntnis: Vertraue dir und deinem Gefühl, dann kannst du alles tun, kannst weitermachen und dich entwickeln.


„Wir können aufgeben und die Welt verfluchen, 
ein dunkler, aussichtsloser Ort geworden zu sein. 
Oder wir können uns auf den Hauch Magie besinnen, 
den wir immer wieder selbst erleben. 
Denn es gibt sie noch, die Aschenputtel, 
die Erbsen und Schürze gegen ein Abenteuer tauschen. 
Sie reiten noch, die tapferen Prinzen, die ihr Dornröschen nach Hause bringen. Sie lieben sich noch, die holden Königskinder, die nur darauf warten, 
dass der Bann zwischen ihnen gebrochen wird, mit dem das Böse sie belegt hat.
Ja, solange es Magie gibt, wird es auch Happy Ends geben. 
Gut, vielleicht nicht von einer Sekunde auf die andere, aber irgendwann. 
Und bis dahin gilt, tapfer bleiben, 
niemals die Hoffnung aufgeben und bloß keine Kalorien zählen.“ 

sagt keine Geringere als Gretchen Haase in Doctors Diary (Staffel 1, Folge 8).
Garantiert ist mein Prinz morgen wie jeden Freitag wieder sehr beschäftigt, so dass ich ihn kaum zu Gesicht bekommen werde. Auch eine gute Aussicht, wenn wir nächsten Freitag nachdem alles gesagt ist irgendwie zusammenarbeiten müssen. 

Entschlossene Grüße,
Eva

Mittwoch, 20. Februar 2013

Ich kann das alles sehen ... und es wird wirklich geschehen!

Liebe Mathilda,

der Termin steht! Donnerstag, 28. Februar 18 Uhr!

Es wird wirklich geschehen. Es gibt kein Zurück mehr. Mal abgesehen davon, dass ich mich immer noch entscheiden kann, was ich ihm sage. Und doch habe ich nicht wirklich mehr eine Wahl, denn ich bin bereits gestartet und habe lange gernug über die Inhalte meiner Beichte nachgedacht. Es gibt nur diesen einen Weg, Florian davon in Kenntnis zu setzen. Sonst wäre ich wieder da, wo ich angefangen habe.



In meiner Ohrfeigen-Mail von gestern hatte ich ja klargestellt, dass ich gerne mündlich mit ihm einen Termin für unser Treffen vereinbaren würde. Und es wirkte! Als ich ihn heute morgen traf, wusste ich einfach, dass er die mail gelesen hatte. Und ich hatte auch das Gefühl, dass wir beide uns bei aller Zurückhaltung bemühten, unter vier Augen sprechen zu können. Oh mein Gott ist das aufregend! Er ist unheimlich zurückhaltend. Ich kann das schlecht deuten. Es wäre möglich, dass er das tut, um mir unmissverständlich klarzumachen, dass da von seiner Seite aus nichts laufen wird. Oder ist er selber unsicher? Schwer vorstellbar. Ich denke schon, dass er sehr gut weiß, was er tut. Er ist ja sooooo kontrolliert. Würde gerne mal hinter seine Fassade gucken. Wir gingen zusammen und allein von der Station in die Ambulanz. Flo verwickelte mich in ein Fachgespräch, so dass ich annehmen könnte er wollte die Terminabsprache vermeiden. Oder er wollte mir den ersten Schritt überlassen? Naja, als ich den Weg, den wir noch so unter vier Augen vor uns hatten, schrumpfen sah, stieg der Druck. Ich dachte: Jetzt oder nie, fasste mir ein Herz und sagte zu ihm:

"Du...ein Treffen gegen 17 oder 18 Uhr ist für mich echt schwierig."

Es kam beherzt und ohne Überleitung aus mir heraus. Er wusste sofort wo ich mit meinen Gedanken war. Auch seine Antennen scheinen sehr geschärft zu sein. Ich gab ihm eine umständliche Erklärung dafür, warum das so schwierig für mich ist, erzählte von Kai und den Babysittern. Dann schwenkte ich um zu meinem Vorschlag, wann es mit Hängen und Würgen in der nächsten Woche gehen könnte:

"Das einzige, was bei mir gehen könnte, wäre nächsten Donnerstag. Da komme ich so gegen 18 Uhr gerade aus dem Berufsverband, was allerdings bedeuten würde, dass wir uns mitten in der Stadt treffen müssten

Er stieg sofort darauf ein. Ich meine fast so etwas wie Erleichterung in seiner Stimme gehört zu haben.

"Das ist doch super. Nächsten Donnerstag, 18 Uhr. Ich komme da doch sowieso lang." 

Gut! Genau das, was ich wollte. Innerlich machte sich ein großes Grinsen breit.
Das mit dem Berufsverband glaube ich bald selbst, denn zu Hause werde ich die gleiche Ausrede verwenden. Es klingt hart, aber lügen ist einfacher als ich dachte, seit ich damit angefangen habe. Und wieder eine Moralvorstellungen über Bord geworfen. 
Den anvisierten Ort - das Merkur - habe ich ihm noch nicht verkauft, denn mich verließ dann doch kurzzeitig der Mut. Ich denke aber, dass das kein Problem sein wird, denn es liegt genau in der betreffenden Gegend.
Und die Erkenntnis: Das hat ihn nicht abgeschreckt und er wird das vermutlich wirklich mit mir durchziehen! Ich kann nicht genau sagen wie das Gespräch weiterging, aber irgendwie verließen wir fluchtartig dieses Thema. Wir sind zusammen und reden uns um Kopf und Kragen, nur um das, was zwischen den Zeilen steht, nicht zu erwähnen. Zwischendrin noch Kaffee kochen - die reine Übersprunghandlung. Geschmeckt hat er trotzdem. Ich erzählte ihm von meiner Intervision und nochmal von Kai und Toni. Und dann kam er auf meine Befunde zu sprechen und fragte ob sie aus einem Textbaustein bestünden. Ich erklärte das großflächig und aus irgendeinem Grund meinte er, dass er das ja nicht wissen könne. Keine Ahnung, klingt so als ob er sich angegriffen fühlte. Darauf sagte ich in meiner Anspannung zu ihm: "Deswegen briefe ich dich ja“. Das habe ich tatsächlich zu einem leitenden Arzt gesagt! Ehrlich gesagt wusste ich auch gar nicht worauf er hinaus wollte. Seine Motivation schien zu sein: "Ändere etwas. Und zwar Eva´s Befund." Und das geht ja mal gar nicht! Da stelle ich mich echt quer. Ich wusste auch nicht, dass ich so hartnäckig sein kann. Nach einer Weile knickte er ein und sagte „Naja, dann lassen wir das eben so.“ Er sagte das schon sanft, aber irgendwie auch beleidigt? Ich kann das schlecht deuten. Ich kann ihn schlecht deuten. Heute kamen keine "Beziehungsthemen" auf - außer auf der nonverbalen Ebene. Und Flirten? Zu verkrampft. Beide. Das gute an dem Gespräch war, dass wir einen Termin haben und dass ich ihm wieder länger in die Augen sehen kann ohne dass ich gleich kapituliere. Wo waren meine Schmetterlinge heute? Es war mehr so eine angespannte, abschätzende Interaktion. Einmal brach ich den Blick zu ihm doch ab, weil ich dachte: Schau weg, sonst merkt er noch, dass ich mit ihm in die Kiste will. Ach komm, er weiß ja sowieso, dass ich mehr für ihn empfinde. Er könnte mich leicht um den Finger wickeln. Oder ist er sich dessen doch nicht bewusst? Es entstehen immer neue Rätsel, die mich in meinem Vorhaben nicht gerade bestätigen. Ich muss diesen Gedanken aus dem Kopf bekommen, dass ich mich zum Affen mache. Zu seinen Gefühlen stehen ist etwas sehr Großes und Ehrliches. Und ich erwarte nichts von ihm. Ich bleibe bei mir. Und wie auch immer, nächste Woche wird so oder so alles anders sein. Da hat er seine Veränderung. Also sollte ich noch eine letzte Woche genießen, in der ich naiv verliebt sein kann. Noch ein bisschen kapitulieren in seiner Gegenwart. Nur noch ein bisschen.

"Ich kann das alles sehen
und ich weiß doch genauso wie Du, dass das nicht geht
Ich hab die Zukunft gesehen und es wird wirklich geschehen
Ich kann das alles sehen - Ich kann das alles sehen"
 Tim Bendzko



Liebe Grüße von Eva