Freitag, 10. Mai 2013

Escape me - Flo auf der Flucht



Liebe Mathilda,





diese Woche ging so angefüllt mit schönen Begegnungen los, was leider nicht so blieb, da ich Flo seit Mittwoch kaum gesehen habe. Er war schon in der Klinik und so, aber man kann auch ganz gut aneinander vorbeiarbeiten. Besonders wenn viel zu tun ist. Und er sich gefühlt wiedermal in sein Schneckenhaus verkriecht seit ich die Untat begangen habe, ihn in seinem Zimmer aufzusuchen. Mann oh Mann! Da kann ich echt nur den Kopf schütteln. 

Heute am frühen Nachmittag hielt ich es dann nicht mehr aus. Das alte Freitagsproblem, dass es mich vor dem Wochenende noch nach einer kleinen Begegnung mit ihm dürstet. Ich rief ihn an. In einer Klientenangelegenheit, aber eigentlich um seine Stimme zu hören :-). Seine Stimme ist schon toll :-) Ich liebe sein typisches "Hallo Eva...", das er auf mein typisches "Eva hier..." antwortet und das Dir sofort das Gefühl gibt, dass er genau auf deinen Anruf gewartet hat. Wir redeten eine Weile über die Klientin und als das erledigt war und ich gerade etwas ins Plaudern kommen wollte, sagte er mir, dass er bereits im Auto unterwegs ins Wochenende ist. ... Das konnte ich ja nicht wissen. Sonst ist er um die Zeit immer noch auf der Arbeit. Und warum geht er dann ans Telefon? Ja, hätte ja auch was Wichtiges sein können. Äußerst unangenehm fand ich auch den Gedanken, dass seine Frau vielleicht schon neben ihm sitzt und sie ins gemeinsame Wochenende fahren. Furchtbare Fantasien, die man innerhalb von Sekunden entwickeln kann. Schnell weg damit. Schließlich ist er ans Telefon gegangen und hat mir bereitwillig Auskunft gegeben. Und ich glaube schon, dass er meine Telefonnummer erkennt. Naja, nun Schluss mit den Rechtfertigungen. Wir wünschten uns ein schönes Wochenende und legten auf. Mittlerweile finde ich es ganz angenehm, dass ich mich bei ihm kurz vor dem Wochenende nochmal in Erinnerung gebracht habe. Er soll mich ja nicht vergessen, wenn er mich auch gut vermeiden kann.



Und wo ich gerade bei Vermeidung bin, ich hänge gedanklich noch sehr an Flo´s Reaktion als ich in sein Zimmer trat. Ich hatte das schon mal beobachtet und es war jeweils ähnlich. Er rollt mit seinem Stuhl zurück und reißt die Augen auf. Ich versuch mich hinein zu versetzen, wenn mir jemand seine Gefühle für mich gestanden hätte, obendrein jemand, den ich mag und wenn dieser jemand gesagt hätte, dass er sofort eine Affäre mit dir anfangen würde und dieser jemand, den nicht immer noch mag, käme dann zu mir, dann… In welchem Fall, mit welcher inneren Haltung würde ich so wie Flo reagieren? Wenn ich nichts von diesem jemand wollte, wäre ich irgendwie unangenehm berührt, genervt vielleicht und ziemlich kühl-abweisend. Aber in welchem Fall wäre ich so überrascht-ängstlich oder was auch immer? Seine Reaktion hat ja auch mit ihm und nicht nur mit mir zu tun. Es sieht eher so aus wie „Oh Gott. Da ist sie. Sie ist gefährlich für mich, wirft mich aus der Bahn, zeigt mir Seiten an mir, die ich noch nicht kannte. Lieber Haltung bewahren und Abstand halten.“ Ich kann es natürlich immer in jede beliebige Richtung interpretieren. 

Was gäbe ich darum seine Gedanken zu kennen? Ich wollte meine berufliche Qualifikation nie ausnutzen, um meine Mitmenschen zu analysieren. Bei Flo würde ich es tun. So weit hat er mich gebracht. Was weiß ich denn über ihn? Zu irgendwas muss das ganze Fachwissen doch gut sein. Er ist nach eigenen Aussagen, auf der Suche nach Anerkennung und sehr kontrolliert. Er hat wie fast jeder Mensch Selbstwertprobleme, hält sich nicht für den Größten. Er kann den Menschen schwer vertrauen. Es fällt ihm schwer, eine Bitte abzulehnen. Weinende Frauen erweichen sein Herz. Er ist warm und herzlich, was eine geringe körperliche Distanz nach sich zieht. Er ist sexy, vor allem seine Stimme. Welche Knöpfe muss ich drücken? Den Nazisst in ihm verstärken, dem Kontrollierten die Kontrolle geben oder gar das Gegenteil? Es ihm angenehm machen, aber nicht langweilig. Die Spannung aufrechterhalten. Das kann ich gut. Zu kontrollierten Menschen durchzudringen ist schwer. Es braucht etwas, was die ganze Situation auflockert. Mehr zufällig, zwischen den Zeilen, mehr Zweideutigkeiten. Es muss ja nicht gleich das große Gespräch sein, sondern kann ja auch eine Bemerkung sein während wir mal zusammen über den Hof gehen. Vielleicht sollte ich das Experiment machen und mal mit jemand anders, zum Beispiel meiner Kollegin, bei Flo anklopfen und schauen wie er darauf reagiert. Ob es einfach seine übliche Reaktion auf Besuch ist? Na, das wirkt ja sehr einladend. Kann mir nicht vorstellen, dass er in dem Fall noch öfter Besuch bekommt.



"Escape me  
Escape me  
Black out tendencies 
Forget about the future"
DJ Tiesto - Escape me



Vergessene Grüße,
Eva

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