Mittwoch, 27. März 2013

You shoot me down, but I won´t fall

Liebe Mathilda,

Glückwunsch zum Anschluss an die Außenwelt. Ich habe schon das Gefühl, dass die Telekom das heute bei Dir hinbekommt. Ich fühlte mich heute so als sei ich erstmal im Leben zurück. Habe gestern einen Tag lang geheult, weil mir mal wieder das unausweichliche Desaster meiner Situation bewusst wurde: Meine Sehnsüchte laufen in eine Sackgasse. Langsam tut es weh. Abartig weh! Ich wusste, dass das früher oder später kommen würde. Ich wusste, dass es sowieso kommt. Also konnte ich mich auch richtig hineinwerfen und mich in meinen Gefühlen suhlen. Gestern war schlimm. Habe geheult und mich zu Adele noch mal richtig reinfallen lassen. Du bist definitiv der einzige Mensch, der weiß wie es in mir aussieht. 
Heute habe ich wieder etwas Auftrieb. Ich spüre, dass ich mich lösen muss, mich von Flo verabschieden muss. Aber wie? Wie werde ich es bloß los? Ich muss es wohl betrauern. Ich muss da durch. Ich kann es nicht beschleunigen. Ich merke, dass meine Stimmungslage so abhängig von ihm ist. Und ich merke immer mehr, dass er keinen Finger rühren wird. Egal, was in ihm arbeitet, er wird keine weitere Nähe zu mir suchen. Nähe im Beruflichen schon - das ist ja das Gemeine daran, dass er mir dort die Nähe gibt, die ich im Privaten gerne hätte -, aber er wird nicht forcieren unsere Situation zu klären. Dazu steckt er zu tief in seinem Leben. Kann sich nicht da raus bewegen, nichts Neues ausprobieren. Ist noch nicht soweit. Schade, dass unser Timing nicht übereinstimmt. The Greatest Irony of love: Sich zum falschen Zeitpunkt in den Richtigen verlieben. Ich kann unsere Verbindung nicht weiter vorantreiben und Flo wird es nicht tun! 

Ja, und dann bin ich darauf gekommen, dass ich mir jetzt erstmal Zeit lasse bis zu meinem Urlaub, der 15. April beginnt. Bis dahin heißt es: Aufstehen, Krone richten und weitergehen. Irgendeinen Sinn wird das Ganze schon haben. Hat es doch immer. Und da ich mich jetzt in der außergewöhnlichen Situation befinde, dass mein Angebeteter ziemlich genau weiß, was ich möchte und er meiner Anwesenheit auch nicht abgeneigt ist, kann ich jetzt alles Mögliche ausprobieren. Ich kann flirten, ihn provozieren, ihn herauslocken, Spaß haben. Alles, was ich schon immer tun wollte, denn ich habe nichts zu verlieren. Mit diesem Entschluss fühlte ich mich sofort leichter. Ja, ich habe mich unglücklich verliebt, aber ich kann das, was mir davon bleibt, genießen. Damit muss Flo zurechtkommen. Ich habe nichts zu verlieren. Ich habe Flo heute mit einem warmen, offenen (und eindeutigen) Lächeln begrüßt, das prompt zurückkam. Das war wirklich genial. Wenn ich daran denke, muss ich grinsen. Das Lächeln und die Begrüßung kamen sofort zurück. Ich nahm das gerne an. Dann waren wir ein wenig zusammen, allein unterwegs und ergaben uns natürlich wieder in Fachgesprächen. Wir waren auf der Intensivstation, um eine Klientin zu besuchen. Ich hatte schon den Eindruck, dass er wollte, dass ich ihn begleite. Er fragte nicht direkt, so als wolle er es mir offen lassen. Keine Ahnung, vielleicht ist er auch einfach nur ein Schisser. Wir sollten damit aufhören uns gegenseitig für behindert zu erklären und uns nicht zuzutrauen, mit der Situation umgehen zu können. Ich muss von dem Gedanken wegkommen, wie ich Flo diese Situation zumuten konnte. Es ist wie es ist. Und es ist sehr gut und offen von mir kommuniziert. Was will er mehr? Ich bin dann jedenfalls mit ihm auf die ITS und wir unterhielten uns. Fachgespräche natürlich. Es war nicht ganz so wie neulich als er sich um Kopf und Kragen redete, nur um nicht auf ein persönliches Thema zu kommen. Heute war es irgendwie lockerer und humorvoller. Nicht so ernst. In unserem "Fachgespräch" konnte ich ihm ab und zu ein nettes Paroli bieten, wenn er davon überzeugt war, zu einer Klientin "durchgedrungen" zu sein. Ich verstreute nette Zweifel, die ihn ein bisschen verunsicherten. Und dann - wir standen im Treppenhaus, ich musste nach oben, er nach unten - dachte ich jetzt wäre eine Gelegenheit, persönlicher zu werden und ihn nach seinem Befinden zu fragen. Und ich tat es. Ich fragte ihn ganz geradeheraus "Wie geht es dir?" Die persönlichste Frage der letzten 4 Wochen. Und das Weichei blieb wo es war (augenroll): auf der fachlichen Ebene. Meinte, dass viel zu tun gewesen sei und er sehr eingespannt war, weil ein leitender Arzt im Urlaub war. Und dass er lieber zwischen Station und Sprechstunde hin- und herpendeln würde (Oder zwischen seiner Frau und mir?) als an einem Ort stationiert zu sein. Er sagte das locker und lächelnd. Wir waren uns schon nah, hatten tollen Blickkontakt. Seine blauen Augen sind soooo krank. Aber ich merkte auch, dass er in der Situation nicht weiter persönlich werden wollte. Oder keine Ahnung, vielleicht weiss er nicht wie ich die Frage meinte. Ich meinte natürlich: "Wie sieht es jetzt in dir aus, seit du weisst, dass ich eine Affäre mit dir möchte? Was macht das mit dir? Wie siehst Du jetzt unsere Verbindung. Wie wünschst du sie dir? Wie geht es dir mit der Situation?" Es ist ja nicht so, dass ich ihm was Schlechtes wünsche (Wenn ich das könnte, wäre ich bestimmt schon weiter). Ich will ja Kontakt zu ihm. Er ja auch zu mir. Es war heute oberflächlich locker und lustig zwischen uns, aber Flo war nach meiner Frage auch darauf bedacht, mir nicht noch mal allein unter die Augen zu treten. Naja, vielleicht bilde ich mir auch das nur ein. Vielleicht interpretiere ich überhaupt zuviel in ihn hinein. Er ist auch nur ein Mann mit Problemen, über Gefühle zu sprechen. Es wirft ihn etwas aus der Bahn, aber er hat zuviel Angst, um sich zu bewegen. Damit muss er leben. Ich werde am Ende nichts bereuen. Und er? Das wird er allein sehen und damit klarkommen müssen. Ich weiß, dass ich ihm in Erinnerung bleiben werde. Auch damit muss er leben. Diese Spur habe ich hinterlassen. Das muss ich mir immer wieder sagen, wenn ich mich wieder frage: Wozu das alles? Und ich finde, ich kann ruhig ein bisschen damit anfangen, ihn abzuwerten. Der so smarte und korrekte Arzt muss aufpassen, dass er nicht vergisst zu leben. Ich kann nicht in ihn hineinschauen, aber es mag Momente geben, in denen er sich grähmt, mich verpasst zu haben. Dann irgendwann (Wie viele Jahre wird das wohl dauern?) bin ich nicht mehr da. Und dann ist es zu spät.
Es wird jetzt eindeutig kraftvoller und kompromissloser. Meine Zeilen des Tages (und vielleicht neue Signatur):


"I´m bulletproof, nothing to loose. 
Fire away, fire away.
Ricochet, you take your aim. 
Fire away, fire away.
You shoot me down, but I won´t fall. 
I´m titanium." 
Titanium - David Guetta feat. Sia




Ich bin kampferfahren und habe nichts mehr zu verlieren. Ein Streifschuß bringt mich nicht zu Fall, denn ich bin aus einem besonderen Material: Für manche ist es Titanium, für andere Reselienz, Widerstandskraft, für mich ist es die Stärke, die man braucht, um eine Liebe zu überleben.
Starke Grüße von Eva



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