Liebe Mathilda,
es tut weh zu merken, dass er mich ganz normal behandelt. Vielleicht ist er peinlich darauf bedacht es so wirken zu lassen, aber vielleicht denkt er sich auch gar nichts dabei. Ich will einfach nicht wahrhaben, dass ihn das so kalt lässt. Zumindest kann ich ihm jetzt, wo er sie unterlässt, keine zweideutigen Blicke mehr vorwerfen, über die ich mich gestern noch ebenso aufgeregt wie gefreut habe.
Ich war heute morgen in lockerer, leichter Stimmung ... bis ich ihm begegnete. Schon wenn ich weiß, dass ich auf ihn treffen werde, verkrampfe ich mich. Und dann begegnen wir uns und er tut nichts. GAR NICHTS! Selbst wegen fachlicher Angelegenheiten muss ich ihn nun ansprechen. Er geht er mir aus dem Kontakt. Meine locker leichte Stimmung ist verflogen. Ich merke wie ich sauer werde. Dann setzt er sich in der Küche neben mich und ich denke angesäuert, jetzt ignoriere ich ihm mal. Kann ich aber nicht konsequent. Sind solche Spielchen nötig? Der Abstand zwischen uns ist spürbar. Ich habe ihn durch meine konkrete Ansage forciert und Flo setzt seine Haltung nun um. Ich kann und will das noch nicht begreifen, wahrhaben. Es tut weh. Es macht mich wütend, dass er so reagiert. Ich habe große Lust, ihn zu provozieren, ihn aus der Reserve zu locken. Zwischendurch vergieße ich wieder Tränen. Mehr vor Wut als vor Traurigkeit. Zu Jennifer Rostocks "Es tut wieder weh".
"Du tauchst in mein Leben
Und ich spür, wie es sticht
Wie all' meine Hoffnung an den Worten zerbricht
Du tauchst in mein Leben
Schürst aufs Neue die Glut
Und meine älteste Narbe spuckt wieder Blut
Und ich spür, wie es sticht
Wie all' meine Hoffnung an den Worten zerbricht
Du tauchst in mein Leben
Schürst aufs Neue die Glut
Und meine älteste Narbe spuckt wieder Blut
Es tut wieder weh
Es tut wieder weh
Ich will raus hier,
Doch ich weiß nicht wie"
Gestern kaufte mir in einem Anfall von dieser ganz neuen Provokationslust einen verbotenen gut aussehenden Rock und eine ganz unschuldige aber eigentlich sehr sexy Bluse, die ich für mein heutiges Flo-Projekt als Garderobe wählte. Und jetzt sitze ich herrlich attraktiv auf der Arbeit. Mein heutiges Ziel: Flo in den Wahnsinn treiben! Das meine ich nicht im zerstörerischen Sinne, sondern in dem Sinne, dass ich seine Gefühle an die Oberfläche bringen will. Ich tanze wie zufällig total attraktiv und mit viel Charme vor seiner Nase herum und zeige ihm, was er verpasst. Sind das nun Rachegefühle? Oder ist es der reine Selbstschutz? Alles, was sich von dieser lähmenden Traurigkeit und Sehnsucht unterscheidet ist gut. Wut ist gut! Eine weitere Stufe auf dem Weg der Verarbeitung. Ich möchte ihm natürlich weiterhin nichts Schlechtes tun, aber mir auch nicht. Liebe dich selbst. Ich darf attraktiv sein. Auch für mich ganz allein. Ich muss mich nicht verstecken. Was ich getan habe, ist eine reife Leistung. Ich war absolut ehrlich und muss mir nichts ankreiden lassen. Und so tue ich das, was mir passt. Ich werde so verführerisch sein, dass er nicht mehr anders kann. Wird schon nicht so schwer sein, ich bin ja hier schließlich die Therapeutin. Wie verführt man diesen Mann? Es kann bei Flo nicht nur darum gehen, ihm alles recht zu machen. Es muss auch Pfeffer rein. Er sagt zwar, dass er narzisstisch ist und Narzissten leben ja bekanntlich von der Bewunderung anderer, aber fasziniert sind Narzissten wohl von Menschen, die ihnen mal die Stirn bieten. Ich will nicht alles brav machen, was er sich wünscht. Verdammt, er ist doch auch nur ein Mann! Ich bin in der Phase des Nichtwahrhabenwollens. Ich erfinde Erklärungen, warum er sich so verhält, ohne dass Naheliegende zu sehen. Nämlich, dass er einfach keine Affäre mit mir möchte. Ich weiß, dass über kurz oder lang das Hadern, die Wut, die Akzeptanz kommen. Ich habe keine Ahnung wie ich das schaffen soll. Wahrscheinlich habe ich am Ende nur die Möglichkeit, ihn abzuwerten, Makel an ihm zu suchen, selbstbewusster als er zu sein, weil ich zu meinen Gefühlen stehen kann. Er kann diesen Weg einfach nicht gehen. Aufräumen mit dem Mythos vom unfehlbaren Arzt, der er nicht ist. Er macht Fehler, aber er geht auf die Klienten und die Menschen ein. Sein Charme haut mich einfach um. Seine Augen sind zum Versinken und seine Stimme ist wie Samt... Okay, zurück zu mir: Ich bin ganz selbstbewusst, attraktiv und sexy. Ich tanze vor seiner Nase rum und mache nicht alles, was er sagt, sondern habe den Mut, ihm die Stirn zu bieten, zu flirten und provokant zu sein.
Angriffslustige Grüße,
Eva
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