Dienstag, 12. März 2013

Komplikationen durch Klienten

Liebe Mathilda,


zwei erfolgreiche Vorträge später, nach denen ich ganz beflügelt war, wird immer klarer, dass neben der emotional komplizierten Situation zwischen Flo und mir jetzt auch (und gerade deswegen?) eine fachlich komplizierte Siautioen eingetreten ist. Dies zeigt mir, dass es mit der Trennung von Herz und Verstand doch nicht so einfach ist. 

Flo und ich behandeln die selben Klienten: er als Arzt, ich als Therapeutin. Und nun kam es dazu, dass ich mit einem Klienten in Vorgesprächen bin, bei dem ihm ein Fehler unterlaufen ist, so dass der Mann am Ende nochmal operiert werden musste. Das alles hat er mit dem Klienten ganz transparent besprochen und es gab auch eine Entschuldigung. Der Klient war über das Therapieangebot sehr erleichtert und hat auch wirklich seine Not. Gestern war er dann zum Vorgespräch bei mir, wurde aggressiv und hat klargestellt, dass Flo für ihn der Böse ist. Und ich bin da jetzt in einem echten Konflikt. Ich sehe mich nicht als Vermittler zwischen dem Klienten und Flo. Das will ich gar nicht sein. Ich will ihm, dem Klienten, eine Stütze bei der Bewältigung seiner Probleme sein. (Will ich das nicht auch bei Flo?) Das vermischt sich alles zu sehr. Und zudem rüttelt der Klient an dem Sockel, auf den ich Flo gestellt habe. Naja, jedenfalls habe ich nach dem Gespräch mit dem Klienten, das Gespräch zu Flo gesucht. Das war übrigens die Gelegenheit gestern bei der ich ihn „Flo?“ rief als er an meiner Tür vorbeiging und wo er doch dann keine Zeit hatte. Ich sagte ihm kurz worum es ging und hatte ihn dann bis heute um 14 Uhr nicht wiedergesehen. Er war wirklich sehr beschäftigt und obendrein total erkältet. Mann, Mann, ab wann bleibt er eigentlich mal wegen Kranksein zu Hause? Boy´s don´t cry? Und als er dann mit seiner vollgepackten Sprechstunde fertig war, kam er zu mir. Mein Held hatte noch nicht mal was gegessen. Gefällt mir natürlich, wenn er erst mal zu mir kommt. Ich stilisiere ihn schon sehr hoch, oder? Habe schon wieder Wein getrunken, wo ich das jetzt hier aufschreibe. Da seh ich die Sachen immer klarer, die ich mir sonst eher beschönige. Was mir dabei jetzt auch in den Sinn kommt, ist, dass es Flo offensichtlich nicht gut geht: Total erkältet hechtet er durch die Klinik als gäbe es kein Morgen, um allem gerecht zu werden? Um mir zu zeigen, dass er stark ist? Warum bloß? Psychohygiene gilt dann für die anderen? Ich habe wirklich das Bedürfnis ihn darauf anzusprechen, aber wer weiß, was das wieder in Gang setzt. Ziemlich verfahrene Situation. Vielleicht ... höchstwahrscheinlich bin ich auch nicht die richtige Ansprechpartnerin, ihn auf seine mangelnde Selbstsorge aufmerksam zu machen.
Und um alles noch komplizierter zu machen war zufällig die Sozialarbeiterin, die den Klienten ebenfalls kannte, bei mir als Flo zu mir kam. Sie war gleich sehr interessiert und wollte natürlich auch wissen wie es mit ihm weitergegangen war. Wir setzten uns alle und ich schilderte die Situation und auch, dass Flo in den Augen des Klienten der Böse sei und dass ich einfach von ihm nochmal hören wollte wie das eigentlich war, damit ich … ja, was eigentlich? Gestern fand ich das einfach eine prima Gelegenheit mit ihm zu reden, mit ihm zusammen zu sein. Aber jetzt mit einer dritten Person dabei war ich mir nicht mehr so sicher, was ich eigentlich wollte. Es kam dann irgendwie der sehr unangenehme Gedanke in mir auf, er könnte denken, ich habe ihn in der Hand je nachdem wie ich mit dem Klienten weiterarbeite. Und dass ich auf diesem Schauplatz meine Enttäuschung über seine Ablehnung ausleben könnte. Ich selbst habe das nie in Erwägung gezogen (außer in Gedanken anscheinend, was mich schon überrascht), aber es war mir unangenehm, dass er vielleicht so denkt. Der Klient hatte sowieso schon mit rechtlichen Konsequenzen gedroht und wenn er das wirklich tut, wird das sehr unangenehm für Flo. Wobei er ja zu seinem Fehler steht. Hat er auch nochmal gesagt. Ich wollte aber mit meinem Gespräch keinesfalls, dass er da unter Druck gerät. Ich habe das dann auch nochmal betont und sagte, dass es mir darum geht, die Grenzen des Klienten abzustecken und ihm bei der psychischen Auseinandersetzung mit seinen Problemen zu helfen. Keine Ahnung, ob das funktionieren kann. Als ich dem Klienten das Therapieangebot unterbreitete, war mir das auch noch nicht in der Tragweite bewusst. Das war schon eine merkwürdige Konstellation: Flo und ich – wir beide wissend, dass ich mit ihm ins Bett will – und Barbara - die ahnungslose? Sozialarbeiterin über einen Klienten brütend. Sollte es wirklich zur Therapie kommen, muss ich mich immer wieder damit auseinandersetzen, dass auch ein Dr. Florian A. Mollis nicht unfehlbar ist. Naja, vielleicht auch eine Entwicklungsaufgabe. Und selbst in seiner von ihm herausgekehrten Fehlbarkeit lächelte er so süß und seine Haare waren so wuschelig (Jetzt kommen wieder meine absolut irrationalen Haarwuschelfantasien durch :-)), so ganz anders als sonst. Manchmal sieht er aus sich mir bisher nicht erschließenden Gründen so zerwühlt und unrasiert verwegen aus (eine Nacht durchgemacht?). Heute dagegen war er ganz sorgfältig rasiert, Haare frisch gewaschen und gar nichts reingeknetet – einfach frisch und fluffig. Zum drin herumwühlen halt. Fassade, einfach eine ziemlich gute Fassade! Die mich ziemlich gut ablenkt.

In dieser Konstellation sollte ich den Klienten wohl nicht behandeln? Ich bin befangen wegen Flo. Ich werde ihn gefühlsmäßig immer in Schutz nehmen, werde Entschuldigungen für seinen Fehler suchen und finden. Ich kann nicht neutral sein, was für eine gute Beziehung zu dem Klienten nötig wäre. Das ist mir jetzt bewusst, aber ich komme da schlecht wieder raus. Oder wie komme ich da bloß wieder raus? Ich suche einen Notausgang, zunächst mal aus der Klientengeschichte. Später dann aus der Flo-Geschichte. Und Flo´s Notausgang ist eine fast perfekte Fassade, die Robert Smith schon 1980 beschrieb (Vielen Dank Hendrik Schröder, dass Du gestern im fritz Blue Moon diesen genialen Titel rausgekramt hast!:
 

"So I try to laugh about it
Cover it all up with lies
I try to laugh about it
Hiding the tears in my eyes
Because boys don't cry"
The Cure (1984) 
Liebste Grüße von Eva

1 Kommentar:

  1. liebe eva,

    ich denke auch, dass es besser ist, du gibst den klienten ab! wozu es dir so schwierig machen!! du kannst ja sagen, dass du keinen guten draht für eine dauerhafte therapiebeziehung findest? dir fällt bestimmt noch was ein, aber tue es dir nicht an! und dem klienten auch nicht!!!!;-)

    ganz liebe grüße

    mathilda

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