Montag, 11. März 2013

"Put it in all of the papers"

Liebe Mathilda,


ich bin gut beschäftigt und fahre gleich ins Therapiezentrum, um einen Vortrag zu halten. Und morgen früh halte ich in der Beratungsrunde der Pflegekräfte noch einen Vortrag. Beides Themen, die meine tägliche Arbeit betreffen, in denen ich mich also sehr sicher fühle. Und die ganze Lebenserfahrung, die solche emotionalen Umbrüche mit sich bringt, lässt so etwas wie Lampenfieber ja auch in einem ganz anderen Licht erscheinen. Vor diesen beiden Vorträgen bin ich ehrlich gesagt kaum aufgeregt, denn ich habe in der letzten Zeit Gefühlswallungen ganz anderen Ausmaßes überstanden. Was soll mir schon noch passieren?
 
Andererseits platze ich bald wegen meiner flobedingten Gefühlsüberwallung. Und Du bist so ziemlich die einzige, mit der ich mein spezielles Gefühlsleben besprechen kann. Ich habe versucht, meinen unstillbaren Bedarf auf mehrere Gesprächspartner zu verteilen, aber es ist schwer jemanden zu finden, der Verständnis dafür hat, dass man in einen verheirateten Familienvater verliebt ist. Ich könnte das alles auch in mein Tagebuch schreiben, was ich nebenbei bemerkt auch tue, aber es reicht einfach nicht und vor allem antwortet es nicht. Es tut mir leid. Es tut einfach so gut, sich mit Dir darüber auszutauschen.

In den letzten 10 Tagen hat das Verhältnis zwischen Flo und mir eine andere Qualität angenommen. Wir gehen sehr behutsam, sehr aufmerksam miteinander um. Die Leichtigkeit hat sicher etwas abgenommen, obwohl es kein Vergleich zu der Zeit nach meinem ersten Geständnis ist. Damals war alles viel verkrampfter. Ich merke aber auch, dass der erste „Schock“ bei ihm verpufft sein dürfte. Oftmals denke ich dann, dass das nun das Ende meiner Bestrebungen nach einer Affäre mit ihm ist und dass er sich nie darauf einlassen wird. Und ich versuche dann diesen Gedanken nicht all zu sehr an mich ranzulassen, weil das einfach scheiß weh tut. Könnt schon wieder heulen. Irgendwie gehört das ja auch zu meinem Bild von ihm, dass er so super korrekt ist und seine Frau nicht betrügen würde. Das macht ihn nur noch attraktiver. 


Und ich merke immer wieder, 
dass es nicht (nur) die Aufregung oder 
die Eroberungslust oder 
der Versuch, etwas fast Unerreichbares zu schaffen, ist, sondern dass ER es ist. 


Ich weiss einfach nicht wie ich mich von ihm lösen kann. Vielleicht ist das auch zu vorschnell und ja, ich wollte ihm ja Zeit lassen. Ich bin Flo heute kaum begegnet. Er ist ziemlich im Stress und erkältet und versucht gefühlt das ganze Krankenhaus vor dem Untergang zu bewahren. Vielleicht stürzt er sich da auch hinein, um die Aufgewühltheit, die ich ihm jetzt einfach mal unterstelle, zu kompensieren. Wieder so eine Retterfantasie, hinter der er sich und seine Gefühle verstecken kann. Im Laufe des Arbeitstages kam heute eine wichtige fachliche Frage auf, die tatsächlich nur er mir beantworten kann. Also rief ich als er mal wieder an meinem Büro vorbeistürmte in einem spontanen Anfall von Mut seinem Kosenamen "Flo?", was ich mich irgendwie noch nie getraut hatte. Es kam einfach aus mir heraus, denn ich habe schwerwiegenden Flo-Entzug :-( Ich will so gerne ohne Rücksicht auf Verluste weiterflirten. Es fühlt sich schon ein bisschen an wie ein Rennpferd vor dem Start... und der Startschuß dauert und dauert und dauert und kommt einfach nicht. In diesem Gefühlszustand entweicht mir also dieses "Flo?". Meine Stimme war nicht laut und schon gar nicht fest, sondern eher wie kurz vor der Ohnmacht. Ich war nicht mal sicher, ob er das hören würde. Und dann stellte sich heraus, dass er offensichtlich extrem gute Ohren hat, sein Kosename eine Direktverbindung in sein Herz bietet oder er sehr feine Antennen dafür hat, wenn ich ihn rufe. Ganz subjektiv gesehen halte ich seine äußerlich normal ausgeprägten Ohren nicht für den Grund. Und dennoch kann ich kaum verleugnen, dass Männer, die auf ihren Kosenamen hören nicht automatisch eine Affäre möchten. Das wäre doch sehr weit hergeholt. Es mag sicherlich etwas grenzüberschreitend von mir sein, ihn bei seinem Kosenamen zu nennen, aber immerhin nennt er sich in dem einen oder anderen Moment selbst so. Und ich tat das ja nicht vor Klienten, sondern ganz intim zwischen uns beiden, um ihn am weiterstürmen zu hindern. Ich halte mich jetzt für so vertraut mit ihm und hatte schon lange den Drang, ihn mal so anzusprechen. Ich musste also gar nicht laut rufen, denn erfreulicherweise hatte er mich auch so gehört. Er steckte seinen wunderschönen Kopf zur Tür herein und fühlte sich offenbar angesprochen. Ein bisschen so als hätte er darauf gewartet. Ich gab ihm kurz ein Stichwort worum es ging, doch er war so in Eile, dass er fragte, ob wir das morgen besprechen können. Klar, können wir. Vertagt auf morgen! Und so warte ich auf morgen, und auf übermorgen, und auf überübermorgen...

"Put it in all of the papers,
I'm not afraid.
They can read all about it, read all about it"
Emeli Sandé

 
Ungeduldige Grüße,
Eva

1 Kommentar:

  1. liebe eva,

    schreib dir ruhig alles von der seele! hilft mir auch oft beim sortieren und verarbeiten!!

    und wegen flo - warum ihn nicht verführen wollen! das aussprechen und benennen war ein schritt und flirten, verführen, lachen, zweideutige anmerkungen etc. kann dir niemand verbieten! und warum nicht! ist nicht das auch schon schön und lebendig? nur so eine idee.......das aussprechen und ihm zeit lassen wollen UND weiter flirten und verführen - why not?? ;-))

    so, jetzt pack ich hier mal weiter und dann geh ich unbedingt zum yoga - mich zentrieren! ;-)

    ganz liebe grüße

    mathilda

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