Freitag, 7. Juni 2013

Traum oder Realität: Bin ich die weibliche Variante von Gatsby?

Liebe Mathilda,
ungutes Gefühl beschreibt wohl gerade ganz gut, was mit mir los ist. Und genauso wenig greifbar ist es auch - halt nicht gut, ungut. In bin absorbiert von The Great Gatsby, der mich im bisherigen Leben irgendwie nie erreicht hat. Jetzt war offensichtlich der richtige Zeitpunkt und es hat gefunkt. Habe bereits beide Filme gesehen und das Buch gelesen und fühle mich diesem schwer gestörten Mann verbunden. Ist dieses blog etwa die moderne Form seines pompösen Herrenhauses, dass er allein für Daisy bauen ließ? Nicht für Daisy, sondern für ihr Abbild in seiner Traumwelt. Er liebt und leidet endlos und bis in den Tod. Er hat "einen hohen Preis dafür gezahlt, dass er zu lange mit einem einzigen Traum gelebt hatte." (Der Große Gatsby - F. Scott Fitzgerald). Ich finde diesen Jay Gatsby ebenso hoffnungslos romantisch wie krank und möchte mir einreden, dass ich so weit nicht gehen würde. Würde ich so weit gehen, mein Leben so einzurichten, dass ich möglichst auf mein Objekt der Begierde treffe und ihm zeige, dass ich das alles hier nur für ihn mache? Tue ich das nicht bereits? Nicht für, sondern wegen ihm, denn das Blog ist ja eine Verarbeitungsmöglichkeit, eine Reinigungsprozedur. Vielleicht unterscheidet mich das von Gatsbys innerer Haltung. Es macht mir etwas Angst wie dieser Mann sein Leben auf eine einzige Frau ausrichtet und dem dabei alles andere egal zu sein scheint. Soweit möchte ich nicht gehen.
Meine nächtlichen Träume machen mich noch fertig. Neulich hat mich Tino auf seinem Motorrad mitgenommen und ich habe mich richtig schön an ihm festgeklammert. Im wahren Leben ist er absolut gegen Motorräder! Und auch ich kann dem Motorradfahren nichts abgewinnen. Vielleicht wünsche ich mir das Unmögliche von Tino, um mich wieder voll und ganz und nur auf ihn einzulassen. Bei solchen Träumen wird das allerdings nichts: Gestern träumte ich tatsächlich, dass ich und Flo - wo sind wir da eigentlich? in einem Kino oder so? - nebeneinandersitzen und er mir sagt, dass, wenn es zur Affäre zwischen uns kommt, klar sein muss, dass es keine mails und nichts, was sich nachvollziehen lässt, geben darf. Natürlich spricht er das "unmoralische" Wort nicht aus, was ja wiederum sehr der Realität entspricht. Vielmehr ist es ein stilles Übereinkommen, dass wir es nun doch tun oder er es nun doch zulässt. Es ist ein schönes Gefühl. Wir sind uns einig. Mehr will ich ja gar nicht. Warum sieht er das in der Realität nicht ein? Und dann fängt er tatsächlich an, an meinem Gürtel herumzukritisieren. Wat hat dat nu wieder zu bedeuten?

Nicht so im wahren Leben. Ich zog zu meinem Outfit heute den besagten Gürtel an. Nicht wegen dem Traum, sondern weil ich es so vorgesehen hatte. Wahrscheinlich kam der Gürtel in meinem Traum vor, weil ich mir gestern überlegt hatte, ihn anzuziehen. Beschäftige ich mich zu viel mit Äußerlichkeiten? Ich meine, Mann, es ist nur ein Gürtel! Ok, ich und mein Gürtel begegneten Flo heute morgen. Während einer langen Visite bot sich immer mal wieder die Gelegenheit, ihn anzusehen. Heute waren seine Haare vermutlich nicht frisch gewaschen oder in den Regen gekommen, etwas borstiger als gestern jedenfalls. Er fragte mich als wir nah nebeneinander hergingen, ob ich beim Friseur war. Ich gab ihm ein ausgedehntes "Jaaaaaa" zurück und schaute ihn dazu verwegen an. Im Nachhinein hoffte ich, dass es nicht zu schmachtend aussah. Eindeutig schon, aber nicht zu schmachtend. Warum eigentlich? Er kann das ja ruhig merken, aber heute schlich sich bei mir der Gedanke ein, was wäre, wenn ich mir dadurch alles kaputt mache. Und ich meine das jetzt nicht wegen dem gespanntem Arzt-Therapeuten-Verhältnis, sondern, dass mich das vielleicht die Arbeit kosten könnte, wenn alles herauskommt. Ich hatte schon am Mittwoch ein komisches Gefühl bei dem Gedanken, Frau Z. könnte etwas mitbekommen. Vielleicht werde ich auch langsam paranoid. Immerhin halte ich es nicht für unmöglich, dass jemand meinen email-Account knacken könnte. Und das ist es wohl auch, was mir dieses ungute, mulmige Gefühl macht. Ich muss mich wirklich etwas distanzieren. Ich habe mir gar nichts zu schulden kommen lassen. Das ist eine Sache zwischen Flo und mir.

Am Ende der Visite ergriff ich noch die Gelegenheit, ihn zu fragen, ob er meine Geburtstagsgrüße schon angeschaut hat. Hat er nicht. Wusste er gar nicht, das ich ihm welche geschickt habe. Keine Zeit und so. :-( Aber ich bin ja vorbereitet und hatte mir vorher überlegt, wie ich das Thema im Fluss halten könnte, wenn er so antwortet. Ich meinte ermutigend lächelnd, dass es mich interessieren würde wie er das findet, ob er es schon kennt und das es was Schönes ist. Ich konnte mir verkneifen, zu sagen, dass von mir auch mal was Schönes und nicht nur Problemmails kommen. Ja, allein dass ich das gedacht habe, gibt 5 € für die Abwerte-Kasse. Ich schaute Flo während ich das sagte von der Seite an und er lächelte auf den Boden schauend vor sich hin. Fast so wie damals als ich ihn um unser erstes Gespräch bat. Etwas amüsiert, gespannt und beschämt. Hat er es wirklich noch nicht angesehen? Ich merke doch, dass ich enttäuscht darüber bin, dass er es offensichtlich noch nicht mal angesehen hat. Ein bischen so wie Gatsby sich fühlte als er sich einredete, dass Daisy die ganzen Partys, die er mit unglaublichem Pomp nur für sie veranstaltete, gar nicht gefallen.

Seitdem ich Flo auf seine eigenen Geburtstagsgrüße angesprochen habe, geht er mir aus dem Weg. Er kommt "pünktlich" nach mir zum Mittagessen, wenn ich bereits wieder gehe und isst lieber ALLEIN. Selbst Schuld, Du Armleuchter! Auf jeden Fall würde doch jetzt, wo ich nochmal konkret nachgefragt habe, jeder normale Mensch dann mal auf meine mail antworten, oder? Das ist doch nicht zu viel verlangt. Das muss man doch mit 40 können. Mann, Mann, Mann! Ich kriege schon wieder Rüttel-und-Schüttel-Fantasien. Vielen Dank Florian, da kann ich heute Abend gut laufen!
Ungute Grüße von Eva.

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