Liebe Mathilda,
der Ausgang meines Experiments ist und bleibt ungewiss. Flo übt sich in Nicht-Reagieren und Nicht-Erscheinen und tut es mir damit gleich. Es ist nicht schwer, ihn zu ignorieren und es hat den Anschein als mache er einfach mit beim Vermeiden. Ich dachte heute tatsächlich, er sei gar nicht da, bis doch irgendwann sanft seine Stimme durch den Flur kroch. Auf meine Geburtstagsmail hat er nun endgültig nicht reagiert und ich stelle mal die vermessene Vermutung an, dass er es auch nicht tun wird. Nebenbei bemerkt hat meine Schwägerin auch nicht auf haargenau die selbe mail reagiert. Experiment gescheitert! Was sind das für Menschen um mich herum? So unempfänglich für die essentiellen Dinge des Lebens? Naja, behalt ich´s eben für mich! Auf jeden Fall kann sich Flo dieses ganze Wertschätzungsgehabe, was er sich ja immer auf die Fahnen schreibt, langsam an den Hut stecken, denn das hat nichts mehr damit zu tun, dass wir Kollegen auf einer Ebene sind.
Insofern scheint mein Verhalten schon irgendwie eine Auswirkung auf ihn zu haben, nur leider nicht in der gewünschten Richtung. Und dann denke ich wieder, dass ich nicht alles auf mich beziehen sollte. Schließlich passieren (vermutlich) noch andere Dinge in seinem (langweiligen?) Leben, die sich auf ihn auswirken können. Ich schnappe so nebenbei - auch wenn ich ihm nicht persönlich begegne - auf (hab ja so einen integrierten Flo-Sensor in mir, der immer aktiv ist), dass er überhaupt nicht mehr grüßt und selbst sagt, dass er "neben sich steht". Und ob er ab Anfang Juli Urlaub nimmt, sei überhaupt nicht klar, weil so viel zu tun sei. Dann telefoniert er wieder auf dem Flur und es dringen Wortfetzen wie "Kamin" und "ausmessen" zu mir durch. Hört sich nach Umzug oder Umbau an. Ist er nicht letztes Jahr erst umgezogen? Er ist und bleibt mir ein Rätsel.
Ob ich es will oder nicht, ich spüre langsam Entzugserscheinungen bei mir aufsteigen. Ich hätte so gern einen Blick, ein Lächeln, eine Unterhaltung, etwas Nähe, eine innige Umarmung, wildes Haarwuscheln ... STOPP! Ist das jetzt craving bei nichtstoffgebundenen Süchten? Und soll ich dem nachgeben? Nur eine rhetorische Frage. Wenn ich wüsste, dass es ihm auch ein bisschen nahe geht, sein Tag grau ohne mich ist, würde ich das Experiment sofort als gelungen beenden und uns beide nicht weiter quälen. Aber so gebe ich diesem Impuls vielleicht zu ungeduldig nach. Wobei da bei Flo - der Ausgeburt an Sturheit - wahrscheinlich tausend Jahre nicht reichen. Moment, ich mache das ja wegen mir, damit ich IHN aus dem Kopf kriege und nicht weil er mir beweisen soll, dass ich ihm doch etwas bedeute. Das musste ich jetzt mal gerade rücken bevor ich mir völlige Realitätsverkennung bescheinige.
Ob ich es will oder nicht, ich spüre langsam Entzugserscheinungen bei mir aufsteigen. Ich hätte so gern einen Blick, ein Lächeln, eine Unterhaltung, etwas Nähe, eine innige Umarmung, wildes Haarwuscheln ... STOPP! Ist das jetzt craving bei nichtstoffgebundenen Süchten? Und soll ich dem nachgeben? Nur eine rhetorische Frage. Wenn ich wüsste, dass es ihm auch ein bisschen nahe geht, sein Tag grau ohne mich ist, würde ich das Experiment sofort als gelungen beenden und uns beide nicht weiter quälen. Aber so gebe ich diesem Impuls vielleicht zu ungeduldig nach. Wobei da bei Flo - der Ausgeburt an Sturheit - wahrscheinlich tausend Jahre nicht reichen. Moment, ich mache das ja wegen mir, damit ich IHN aus dem Kopf kriege und nicht weil er mir beweisen soll, dass ich ihm doch etwas bedeute. Das musste ich jetzt mal gerade rücken bevor ich mir völlige Realitätsverkennung bescheinige.
In diesem Sinne weiß ich noch nicht, ob ich das Forschungsvorhaben noch weiter durchhalte. Das Vernünftigste wäre es schon, aber vielleicht muss ich einfach noch eine Runde drehen, noch einmal rückfällig werden, noch einmal am Boden sein, damit ich irgendwann den Absprung schaffe. Wie jeder ordentliche Suchtkranke eben.
Liebste Grüße von Eva
liebe eva,
AntwortenLöschenich bin ja überrascht, dass du das so lange durchziehst! aber vielleicht klärt es das bild von ihm und euch und die verbundenen gefühle....aber du kannst ja jederzeit das vorgehen ändern....wenn du lieber mit ihm flirten willst und ihn herausfordern magst - tu es! vermutlich werden auch einige dinge in seinem leben passieren, die ihn beschäftigen, die nichts mit dir zu tun haben, aber das bedeutet ja nicht, dass du nicht tun und lassen kannst, was du willst!
hmmm.....solange alles keine verschwendete zeit für dich ist, ist doch letztlich alles okay! alles erfahrungen, in denen du dich erlebst und ausprobierst und erfährst....
lass uns bald mal wieder treffen....
umarmung