Donnerstag, 6. Juni 2013

Der Hahn im Korb

Liebe Mathilda,
hihi - hab ich mal wieder intuitiv die richtige Entscheidung getroffen.
Heute morgen wusste ich, dass ich ihm die Geburtstagsmail einfach vor unserem physischen Zusammentreffen von der Klinik aus schicke. Mit leicht veränderten Worten klang das dann so:
Lieber Florian,

ich wünsche Dir von Herzen alles Gute zum Geburtstag!

Statt vergänglicher Blumen kommt hier ein äußerst haltbares must-know für glückliche Menschen oder solche, die es werden wollen, das ich gerne mit Dir teile. Ansehen, Inhalieren und, wenn Du möchtest, Umsetzen:



Und für den "Alltagstransfer" hier nochmal zum Ausdrucken

 
Eva

Dass ich den richtigen Riecher hatte, bestätigte sich darin, dass er heute natürlich später auf die Arbeit kam als sonst. Er verschwand auch zunächst länger als üblich in seinem Büro (Ob er die mail schon gelesen hat?), half dann noch - ganz der Samariter - einer Klientin aus dem Krankentransport und telefonierte. Alles gut sichtbar durch das Fenster unseres Aufenthaltsraumes, in der die ganze Crew bereits versammelt war, um ihn zu begrüßen. Die Hälfte der anwesenden Frauen schmilzt dahin, die andere Hälfte denkt sich ihren Teil. Flo - noch immer vor dem Fenster - ließ sich Zeit. Man könnte fast meinen er zögerte seinen "Auftritt" hinaus, um die Präsenz noch zu erhöhen. Irgendjemand aus unserer Hühnerfarm hielt es dann nicht mehr aus und schlug vor, das Fenster zu öffnen und lauthals "Happy Birthday" zu singen. Das wurde dann auch sofort in die Tat umgesetzt, war sehr lustig und der Hahn konnte nun nicht mehr umhin uns wahrzunehmen. Ich ziehe mich bei solchen Gelegenheiten gerne zurück und beobachte einfach amüsiert das Treiben. Fazit: Er ist ein Hahn im Korb, sonnt sich gerne in dieser Position und kokettiert ein bisschen damit, dass er bei sooooooooo viel Aufmerksamkeit ja ganz beschämt sei. Hysterisches Kichern und theatralisches Schauspieltalent bei ihm. Von wegen! Das gefällt ihm wohl ganz gut.
Es folgten Gratulationen, Kuchen essen, zusammensitzen. Ich saß weit entfernt von ihm und kam da auch nicht so heraus. Ich überlegte wie ich noch zu meiner Gratulationsumarmung kommen könnte, denn die wollte ich unbedingt. Selbst schuld, wer das hier nicht umsetzen kann. Ganz nach dem Motto: "Everyone is gifted, but some people never open their package." Wenn ich noch lange gewartet hätte, hätte es sich bald erledigt. Und so kam es, dass sich irgendwann die Runde ausdünnte. Ich stellte mein Geschirr in den Geschirrspüler und begab mich in seine Nähe. Er stand nun neben mir und machte eine lockere Bemerkung über die heute gesprengte Morgenbesprechung (ein anderes Thema). Ich dachte "Jetzt oder nie" und sagte 

"Ja, ... dann wünsch ich Dir einen schönen Tag ..."

Ich lächelte und deutete mit meiner Körpersprache die Umarmung an. Dass er eine Zehntelsekunde später noch da stand wo er stand, nahm ich als Einwilligung.

"...Lass Dich drücken..."

Ich umarmte ihn und legte all meine Sehnsucht in die zwei Arme, die ihn umrandeten. In sein linkes Ohr sagte ich mit leiser Stimme:

"Alles Gute zum Geburtstag." 

Und er ließ sich drücken, ließ die Umarmung bereitwillig geschehen - und drückte sogar mit. Ich spürte seine frisch gewaschenen Haare an meiner Wange. Das war schon ganz schön nah. Naher als neulich nach dem Lauf. Seine Haare waren weicher und nicht so stachelig-borstig wie letzte Woche. Das war wirklich schön. Haarwuschelphantasien inklusive. Ich habe ihn umarmt. Diesmal ohne Alkohol und Ansage der Verwaltungschefin. Wir beide im Vollbesitz unserer geistigen Kräfte. Leider wußte ich aus Kapazitätsmangel meines Gehirns nie, wo eigentlich seine Arme beim Umarmen waren. Irgendwo auf meinem Rücken schätze ich. Egal, er hat ja offensichtlich mitgemacht. Wir wissen, was wir tun. Was kommt als nächstes?
Viele Grüße von Eva

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