Liebe Mathilda,
Süße, Du tust mir echt unendlich leid! Ich könnte mitheulen (was ich ja auch tue), wenn ich sehe wie´s Dir geht. Du hättest es echt verdient. Wer, wenn nicht du?
Ich habe noch mal drüber nachgedacht, ob mir Flo's Erscheinung wirklich egal ist. Egal wäre ja, wenn ich ihn völlig losgelöst von Äußerlichkeiten betrachten könnte. Und das kann ich natürlich nicht. Es ist eher so ein Bedauern um den körperlichen Verfall und dem, was er sich antut bzw. was er sich so nicht antut (Haareschneiden und Bartpflege z.B.). Oder kann es sein, dass ich das während der heftigsten Verliebtheit einfach nicht gesehen habe? Auf der Arbeit hatten wir alle eine anstrengende Zeit hinter uns. Letzte Woche die Zertifizierung (da war Flo noch gebügelt und gestriegelt). Dann Unmengen von Patienten, die sich wegen der Zertifizierung angestaut hatten. Wohlgemerkt für alle Gewerke. Er operierte wie ein Automat (und ließ sich anschließend von meiner Kollegin beim Rauchen erwischen) und ich war gestern allein mit zahlreichen neuen Patienten. Und außerdem war ich diese Woche noch beim Notar. Was ich sagen will, mein persönliches Belastungslevel ist nicht gerade niedrig, und trotzdem rasiere ich mich weiter.
Meine Nase ist noch nicht von seinem Verfall überzeugt, denn riechen tut er immer noch gut (fürs Duschen und das Auftragen seines aparten Parfums reichts immer noch). Und die Stimme ist auch noch gut, solange ich ihn nicht sehe. So geschehen gestern als ich mich visitentechnisch an seine Fersen heften will, um irgendeine Reihenfolge der Patientinnen wie ich sie mir später anschauen will festzulegen. Ich rufe ihn an und er ist wie stets leicht euphorisch (angemessen oder nicht?) als ich mich melde. Ich frage ihn nach der Visite und er sagt, dass er gerade auf die Station geht. Ich lade mich selbst ein und sage "Ich komme mit." Noch schnell den Treffpunkt abgesprochen und schon begegne ich dem Zotteltier. Vermute, dass es nicht mehr für die Haarwäsche gereicht hat. Es sieht einfach ungepflegt aus und selbst seine Augen gehen in dem Zotteleindruck unter. In diesem Sinne ist es ja leichter für mich, mit ihm zu sprechen, denn mir wird nicht der Atem von seinem Aussehen genommen. Ich klinke mich irgendwann aus der Visite aus, um mit den Gesprächen anzufangen. Auf dem leeren Flur der Komfortstation sprechen wir noch eine gemeinsame Aktion am heutigen Tag ab: Eine Gruppe von 14jährigen Schüler über unsere Berufe informieren. Frage nicht! Das hatten wir uns in einem Anflug von Präsentationsgeilheit auch noch aufgeladen: Schüler einer 8. Klasse machen eine Berufsfindungstour durch die Klinik und haben sich für eine halbe Stunde auch bei uns eingeladen. Und auf dem Flur der Komfortstation besprechen wir kurz wie wir nachher zueinander finden und was wir denen erzählen wollen. Ich stelle mich einfach so nah an ihn ran, dass ich nur seine Augen sehe und nicht den Zottel. Das funktioniert und wir haben schönen Blickkontakt. Aber was tue ich hier eigentlich? Ich will nicht wahrhaben, dass er gar nicht so schön ist und gucke ihn mir deshalb nur von der Schokoladenseite an? Verleugnung nennt man das wohl.
Später sitzen 15 pubertierende Mädchen in meinem Behandlungszimmer (manche sind so winzig, dass sie zu zweit auf einen der Stühle passen). Ich fange schon mal an, meinen Beruf jugendtauglich zu erklären. Flo macht noch eine Patientin fertig (oder soll ich sagen er zottelt sie durch) und stößt dann dazu. Die 14Jährigen sind ganz zahm, geradezu schüchtern und kichern zwischendrin. Ich sitze auf meinem Rollcontainer, da die Mädchen und ihre beiden Lehrerinnen alles besetzen, was besetzt werden kann. Als Flo hereinkommt, kichern die Mädchen noch mehr. Ich glaube nicht, dass er dem Beuteschema 14jähriger entspricht. Vielleicht lachen sie über das Gezottel? Immerhin geht es nicht soweit, dass ich mich fremdschäme. Ist ja sein Gezottel. Er setzt sich unauffällig auf den Rollcontainer neben mich. Ich spreche weiter und erzähle von meiner Tätigkeit und welchen Ausbildungsweg ich genommen habe. Als ich fertig bin, drehe ich mich strahlend zu ihm ....
Süße, Du tust mir echt unendlich leid! Ich könnte mitheulen (was ich ja auch tue), wenn ich sehe wie´s Dir geht. Du hättest es echt verdient. Wer, wenn nicht du?
Ich habe noch mal drüber nachgedacht, ob mir Flo's Erscheinung wirklich egal ist. Egal wäre ja, wenn ich ihn völlig losgelöst von Äußerlichkeiten betrachten könnte. Und das kann ich natürlich nicht. Es ist eher so ein Bedauern um den körperlichen Verfall und dem, was er sich antut bzw. was er sich so nicht antut (Haareschneiden und Bartpflege z.B.). Oder kann es sein, dass ich das während der heftigsten Verliebtheit einfach nicht gesehen habe? Auf der Arbeit hatten wir alle eine anstrengende Zeit hinter uns. Letzte Woche die Zertifizierung (da war Flo noch gebügelt und gestriegelt). Dann Unmengen von Patienten, die sich wegen der Zertifizierung angestaut hatten. Wohlgemerkt für alle Gewerke. Er operierte wie ein Automat (und ließ sich anschließend von meiner Kollegin beim Rauchen erwischen) und ich war gestern allein mit zahlreichen neuen Patienten. Und außerdem war ich diese Woche noch beim Notar. Was ich sagen will, mein persönliches Belastungslevel ist nicht gerade niedrig, und trotzdem rasiere ich mich weiter.
Meine Nase ist noch nicht von seinem Verfall überzeugt, denn riechen tut er immer noch gut (fürs Duschen und das Auftragen seines aparten Parfums reichts immer noch). Und die Stimme ist auch noch gut, solange ich ihn nicht sehe. So geschehen gestern als ich mich visitentechnisch an seine Fersen heften will, um irgendeine Reihenfolge der Patientinnen wie ich sie mir später anschauen will festzulegen. Ich rufe ihn an und er ist wie stets leicht euphorisch (angemessen oder nicht?) als ich mich melde. Ich frage ihn nach der Visite und er sagt, dass er gerade auf die Station geht. Ich lade mich selbst ein und sage "Ich komme mit." Noch schnell den Treffpunkt abgesprochen und schon begegne ich dem Zotteltier. Vermute, dass es nicht mehr für die Haarwäsche gereicht hat. Es sieht einfach ungepflegt aus und selbst seine Augen gehen in dem Zotteleindruck unter. In diesem Sinne ist es ja leichter für mich, mit ihm zu sprechen, denn mir wird nicht der Atem von seinem Aussehen genommen. Ich klinke mich irgendwann aus der Visite aus, um mit den Gesprächen anzufangen. Auf dem leeren Flur der Komfortstation sprechen wir noch eine gemeinsame Aktion am heutigen Tag ab: Eine Gruppe von 14jährigen Schüler über unsere Berufe informieren. Frage nicht! Das hatten wir uns in einem Anflug von Präsentationsgeilheit auch noch aufgeladen: Schüler einer 8. Klasse machen eine Berufsfindungstour durch die Klinik und haben sich für eine halbe Stunde auch bei uns eingeladen. Und auf dem Flur der Komfortstation besprechen wir kurz wie wir nachher zueinander finden und was wir denen erzählen wollen. Ich stelle mich einfach so nah an ihn ran, dass ich nur seine Augen sehe und nicht den Zottel. Das funktioniert und wir haben schönen Blickkontakt. Aber was tue ich hier eigentlich? Ich will nicht wahrhaben, dass er gar nicht so schön ist und gucke ihn mir deshalb nur von der Schokoladenseite an? Verleugnung nennt man das wohl.
Später sitzen 15 pubertierende Mädchen in meinem Behandlungszimmer (manche sind so winzig, dass sie zu zweit auf einen der Stühle passen). Ich fange schon mal an, meinen Beruf jugendtauglich zu erklären. Flo macht noch eine Patientin fertig (oder soll ich sagen er zottelt sie durch) und stößt dann dazu. Die 14Jährigen sind ganz zahm, geradezu schüchtern und kichern zwischendrin. Ich sitze auf meinem Rollcontainer, da die Mädchen und ihre beiden Lehrerinnen alles besetzen, was besetzt werden kann. Als Flo hereinkommt, kichern die Mädchen noch mehr. Ich glaube nicht, dass er dem Beuteschema 14jähriger entspricht. Vielleicht lachen sie über das Gezottel? Immerhin geht es nicht soweit, dass ich mich fremdschäme. Ist ja sein Gezottel. Er setzt sich unauffällig auf den Rollcontainer neben mich. Ich spreche weiter und erzähle von meiner Tätigkeit und welchen Ausbildungsweg ich genommen habe. Als ich fertig bin, drehe ich mich strahlend zu ihm ....
Weiter geht's im nächsten post.
Liebe Grüsse,
Eva
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