Liebe Mathilda,
einmal muss ich noch schreiben nach langer Zeit (Ihr Leser kommt hier in den Genuss, nicht warten zu müssen, aber eigentlich liegen zwischen diesem und dem letzten Post knapp 6 Monate). Der heutige Tag war ein einziges Gefühlsbad. Hoch und runter ist gar kein Ausdruck für das, was ich heut alles durchgemacht habe.
Alles fing an mit meiner gut geplanten Anreise auf die Arbeit. Ich hatte vor bis um 12 Uhr zu arbeiten, dann zu einem Kongress zu fahren, wo ich vor 400 Leuten einen Vortrag halten wollte, um anschließend mit meinem Team am diesjährigen Teamstaffellauf teilzunehmen. Unser Team bestand neben mir aus Betty, Krankenschwester Isabell, Ärztin Sarah und natürlich Flo. Ich versorgte heute morgen mein Team mit Powerriegeln. Da in diesem Jahr unser seit Jahren anführender Teamleiter nicht teilnahm, kam ich gegen 11 Uhr auf die Idee einmal nachzuforschen, ob wir auch alle Startunterlagen beisammen hatten. Damit begann ich einen Telefonmarathon, den ich nicht zu Ende führen konnte und dann Betty übergab. Die verantwortliche Dame im Unternehmen sagte mir, dass eine Rückmeldung hätte erfolgen müssen. Und zwar von keinem Geringeren als Herrn Dr. Florian Mollis. Ob er diese Rückmeldung vorgenommen hätte, wusste kein Mensch. Als ich ihn bald daraufhin suchte, war er unerreichbar im OP verschwunden. Hier konnte ich nichts mehr ausrichten. Gefühlsmäßig war ich auch bereits im Vortragsmodus und bereits sehr enttäuscht, wenn der Lauf für uns bis an die Zähne Trainierten ausfallen würde. Und nur weil es Flo nicht in die Reihe bekommen hat, unsere Anmeldung zu bestätigen. Da meldete sich mein unerschütterliches "Ich-sehe-nur-das-Gute-in-Flo" . Denn vielleicht hatte er unsere Staffel ja doch bestätigt und es wusste nur niemand. Ich konnte das hier nicht weiter vorantreiben, übergab alles weitere an Betty und bestieg mein Auto. Man muss loslassen und die Dinge laufen lassen können.
Mein Auto wollte ich Tino auf die Arbeit bringen, um dann mit Sack und Pack mit der Bahn weiterzufahren. Zwischen Vortragsende und Staffelbeginn war nicht genügend Zeit, um Stau und Parkplatzsuche einzubauen. Die Übergabe klappte gut und ich hatte auch ein gutes Gefühl mit Tino. Nicht dieses Gefühl des Halbertapptwerdens, weil ich mich zu meinem Vergnügen in die Nähe meines Objektes der Begierde begebe. Ich fuhr dann Bahn wie der erste Mensch. Klar war ich nicht mehr regelmäßig mit diesem Verkehrsmittel unterwegs, aber dass ich mich gleich mehrmals verfuhr, rechne ich meiner Aufregung zu. Beim Umsteigen war ich ein bisschen zu risikofreudig, was meistens in die Hose ging. Zudem geht meine Iphone-Uhr seit neuestem 5 Minuten vor und ich finde keinen Weg, sie umzustellen. Weiß jemand wie das geht? Oder ist es eine Apple-Verschwörung, die uns in ein neues Zeitalter bringen will? Irgendwie kam ich in dem entlegenen Stadtbezirk, in dem der Kongress stattfand, an. Sogar rechtzeitig, dass ich die Atmosphäre und einige Vorträge in mich einsaugen konnte. In der Pause vor dem letzten Block, in dem mein Vortrag an letzter Stelle stattfand, stellte ich mich bei der Moderatorin vor und ging noch mal aufs Klo, wo ich prompt meine Karten mit den Vortragsstichpunkten vergaß. Als ich das bemerkte, wurde mir ganz anders. Mit Isabell, die an dem Kongreß teilnahm und später mit mir in der Teamstaffel laufen würde, startete ich eine Suchaktion, die nach wenigen Minuten glücklich endete. Und trotzdem: Dieses Hoch und Runter, das mich schon den ganzen Tag begleitete, machte mich echt fertig. Dann kam die Nachricht von Betty, dass sie aktuell die Staffelteilnehmer neu anmelden und die Reihenfolge der Läufer festlegen würde. Ich war mir sicher, Betty würde das schaffen. Gleichzeitig ärgerte ich mich über Flo, der es tatsächlich verpeilt hatte. So eine Schnarchnase! Aber egal, ich hatte jetzt keine Zeit, mich darüber aufzuregen, denn mein Vortrag stand unmittelbar bevor. Ich redete mir ein, dass es ganz einfach sein würde. Ich war gut vorbereitet, hatte eine Präsentation, die sich von meinen Vorrednern um Welten unterschied, und ich würde die Leute berühren. Es kam nur auf den ersten Satz an. Wenn dieser gelang, würde alles wie von selbst laufen. Ich erspürte die Situation und legte mir meine Einstiegsworte zurecht. Und die waren so klasse, dass ich sie in Gedanken gebetsmühlenartig wiederholte. Dann war es soweit. Ich wurde von der Moderatorin angekündigt und währenddessen mit einem Mikrofon verkabelt. So ein kleines, spaciges Knubbelchen, was einem an den Kopf geschnallt wird. Vorzugsweise in einem Nude-Ton, damit es nicht so auffällt, aber dadurch erst recht wie eine große Warze wirkt. Ich stehe im Rampenlicht und mir fällt ein, dass ich das schon als Kind mochte. Als ich mit meiner Tanzgruppe oder dem Chor auftrat. Und wenn ich einen Solopart hatte, mochte ich es ganz besonders. Tief im Inneren hatte ich das Gefühl, dass ich es konnte. Und dieses Gefühl hatte mich auch hier in den Saal mit 400 Zuschauern begleitet. Ich bedankte mich bei der Moderatorin für die Vorstellung und begann mit meinem zurechtgelegten Satz und ab da lief es. So einfach! Ich schaffte es, die Aufmerksamkeit der bereits müden Zuhörerschaft zu bekommen. Als die ersten gewollten Lacher und Reaktionen aus dem Publikum kamen, wusste ich, dass ich richtig lag. Ich genoß es. Ich genoß sogar die Pausen, die ich als dramatisches Element in meine Präsentation einbaute. Ich sah in viele gespannt-freundliche, vielleicht auch faszinierte Gesichter. Ich erntete Applaus und zahlreiche interessierte Fragen. Am Ende bedankten sich mehrere Leute persönlich bei mir. Die Teilnehmer waren offensichtlich erwacht wie in den letzten 4 Vorträgen nicht mehr. Ich fühlte mich als Expertin, standfest und sicher, in dem was ich tat. Wenn ich von meiner Arbeit berichte, kann man mir nicht mehr viel vormachen. Das hat sich wirklich verändert in den letzten 13 Jahren, die ich den Beruf der Therapeutin ausübe. Meine Diagnose: Ich bin eine gesunde Narzisstin!
Der Vortrag war also geschafft. Jetzt hieß es schnell in die Sportklamotten schlüpfen und dann zusammen mit Isabell in die Stadtmitte fahren, wo der groß aufgezogene Staffellauf stattfand. Das war eine Phase des Tages, in der ich mal entspannen konnte. Die Bahn fuhr selbst und Isabell schützte mich vor verkehrtem Umsteigen. Noch ein Powerriegel und dann würde wohl alles klappen. Ich dachte an Betty, die zu dieser Zeit mit Flo IN SEINEM AUTO!!! aus der Klinik auch in die Stadtmitte angefahren kam. Naja, ein bisschen beneidet habe ich sie darum schon. Später erzählte sie mir, dass mir bei seinem Fahrstil unter Garantie übel geworden wäre und dass er lustig, aber echt machomäßig fährt und dabei eine in die Jahre gekommene Sonnebrille trägt. Oldfashioned! Meine und Isabells Anfahrt war auf die Minute getimet. Isabell meinte, dass sie sich wie bei "Shopping Queen" vorkäme mit diesem ewigen "Wieviel Zeit haben wir noch." Wir tauften das ganze in "Running Queen" um. Ein letzter Zeitpuffer ging für die Sucherei auf dem großen Gelände drauf, auf dem sich 30 000 Menschen tummelten. Es kam bereits eine bange SMS von Betty "Wo seid Ihr?".
Bald daruf finden wir unser Lager. Ich sehe als erstes Flo und er sieht uns. Er wirkt erleichtert und freudig uns zu sehen. Wir umarmen uns spontan. Uhhhh! Hatte allenfalls nach dem Lauf damit gerechnet. Das wirft mich in ein neues Gefühlsbad. Wann habe ich ihn eigentlich zuletzt umarmt? Vor knapp einem Jahr als ich ihm zum Geburtstag gratulierte. Ja, ich merke mir solche Sachen! Und hier im Tiergarten unter 30 000 Leuten umarmen sich Eva und Flo ganz selbstverständlich wie gute und halbprivate Kollegen. Seine borstigen Haare kitzeln an meiner Wange und ich kann nur genießen. Er trägt nichts drunter unter seinem T-Shirt. Das spüre ich als eine meiner Hände auf seinem Rücken langfährt. Ok, Adrenalin vom Vortrag, Endorphine durch Flo-Umarmung. Werde wohl Bestzeit laufen. Flo zeigt Isabell und mir daraufhin unsere Startnummern und sucht uns die Sicherheitsnadeln heraus, die ich ganz unzittrig in mein Shirt ramme. Betty und Sarah sind nun auch da. Und Betty gibt mit einem Augenzwinkern die Startreihenfolge preis. Flo fällt ihr ins Wort und sagt ihr, dass es wie vor 2 Jahren sein wird als ich an 4. und er a 5. Position lief. Ja, Betty hat es so eingerichtet, dass ich meinem Flo entgegenlaufe. Danke, Betty! Es ist einfach toll mit Dir! Und Flo scheint auch glücklich über die Startreihenfolge. Und er hat ein Gedächtnis wie ein Elefant für die Tatsache, dass er nie mehr von mir wollte. Nun beginnt die Diskussion, an welcher Stelle wir uns den Stab übergeben und mit welchem Erkennungsmerkmal. Bei tausenden Staffeln kann das schon mal unübersichtlich werden. Flo hält den großen Wimpel, den Betty als Erkennungsmerkmal mitgebracht hat, für unnötig. Er gibt nochmal zum Besten, dass wir uns doch vor 2 Jahren auch so gut gefunden hätten. Ich sag ja, ELEPHANT! Will er tatsächlich nochmal hören, was ich ihm letztes Jahr schon einmal daraufhin gesagt hatte? Vor einem Jahr fragte er skeptisch, ob solche Erkennungszeichen notwendig seien: "Du hast mich doch gut gefunden oder?" Und ich darauf: "Dich finde ich doch sowieso." Nö, das kriegt er jetzt nicht noch mal zu hören. Bei seinem Erinnerungsvermögen ist es ihm ja eh bekannt, was ich antworten würde. Ich komme nun aus einer anderen Richtung und sage: "Du kannst ruhig sagen, wenn Dir der Wimpel peinlich ist." Er grinst mich an. Ich weiß, dass das noch nicht das Ende der Wimpel-Geschichte ist.
Schließlich gehts los. Sarah geht als Erste ins Rennen. Wir begleiten sie, nun leicht hysterisch, noch bis zum Eingang. Flo schleicht hinter uns her. Manchmal rempeln wir ein bisschen. Ich genieße selbst das Rempeln. Rempelromantik eben. Wir warten lange auf Sarah, haben schon Angst, dass sie auf der Strecke geblieben ist. Doch dann übergibt sie an Betty. Und Betty übertrifft ihre Bestzeit, was sie mir nicht glauben will. Zwischendrin Small talk mit Flo, bei dem ich ihn von ziemlich nah betrachten kann. Liebliche Fältchen umringen seine lachenden Augen. Er ist älter geworden in den drei Jahren, die ich in ihn verliebt war. Er trägt nun ein Longsleeve und eine lockere lange Sporthose über seiner Laufkleidung. Das Longsleeve in Grau ohne ablenkende Aufschriften, nicht eng und doch die Körperform abbildend - tödlich für mich. Er spürt wohl selbst, wenns reicht. Diesmal kann ich den Kontakt nicht von meiner Seite abbrechen. Ich will mehr. Dann ist Betty im Ziel und Isabell ins Rennen gestartet. Abklatschen mit Betty, die mir lieber nicht erzählt, was auf der Strecke los ist. Als ich in den Übergabebereich gehe, herrscht dort noch übelstes Gedränge. Die 10 Minuten, die ich dort warte, verbringe ich auf Zehenspitzen, den Wimpel in die Höhe reckend. Dann sehe ich Isabell und rufe ihren Namen. Stab übergeben, alles super geklappt. Ich laufe los, starte die Runtastic-App und meine Posttraumatic-Run-Playlist (Bin ja vorbereitet). Mich begleiten Walter Mitty, Sisters of Mercy, Mando Diao, James Blunt, Deichkind und als am Ede kaum noch was geht Martin Garrix "Animals". Es ist sauschwer! Bereits nach einem Kilometer bemerke ich die schweren Beine und die noch nicht ganz abgeklungene Erkältung, aber wer will schon sein Team im Stich lassen? Ich bin ständig der Versuchung nahe, ein paar Schritte zu gehen, schleppe mich mit Mühe und Not auf die Kilometer 2 und 4, wo Wasser angeboten wird. Ich liege gut in der Zeit, aber das ist einfach zuviel für mich heute. Ich werde motiviert durch Umstehende. Der Gedanke, dass Flo im Ziel steht, hilft nur bedingt. Zumindest das hat sich im Vergleich zu vor 2 Jahren geändert, wo mir diese Tatsache einen richtigen Kick gab. Damals lief ich die 5 Kilometer in 27 Minuten, was ich bisher nie wieder schaffte. Heute waren es knapp 29 Minuten. Ich werde getragen von der Masse, die mich anfeuert. Ich klatsche Betty, Sarah und Isabell ab, die ca. 100 Meter vor dem Ziel an der Bande stehen und mir zujubeln. Nur noch ein paar Meter! Mein Kopf explodiert fast und ich ringe mir ein Lächeln ab. Dann biege ich um die letzte Kurve und sehe Flo und vielleicht noch 5 andere im Übergabebereich warten. Er und der Wimpel! Als er mich sieht, fängt er wild an zu winken und zu wedeln. Ich auch. Als sei es ein irrsinniges Glück, dass wir uns unter den 5 Leuten gefunden haben. Ich bin bei ihm, übergebe ihm den Stab und sage außer Atem: "Ich hätte dich fast gar nicht gefunden." Er lacht und läuft los. Während seiner knappen Laufzeit, erhole ich mich etwas. Mir ist richtig schlecht. Ich bin heute über meine Grenze gegangen. Als ich mich an die Bande zum Anfeuern begebe, läuft Flo bereits ins Ziel. Nicht mal rot im Gesicht! Er ist bald bei uns, seinem Team und schlägt vor, dass wir ein Foto machen sollten, bevor es dunkel wird und alle auseinanderstürzen. Das setzen wir prompt um. Flo neben mir. Ich spüre seine Wärme. Er stinkt nicht mal! Wie kann das sein? Ich stank heute unheimlich nach meinem Vortrag. Und er kehrt gerade von seinem 5-Kilometer-Lauf zurück und ich habe das Gefühl, dass sich sein Deo erst so richtig entfaltet hat. Wir machen mehrere Fotos. Ich kann lange, Seite an Seite, neben ihm stehen. Die Arme haben wir umeinandergelegt. Ich neige den Kopf zu ihm, damit mein Gesicht auch im Bild ist und nicht von Isabell verdeckt wird. Puuhh! Ganz schön heiß für eine abgekühlte Liebe. Ich weiß, dass morgen alles nach den Fotos giert. Ich werde Dir eins schicken und Du wirst mich in die Realität zurückholen und sagen, dass er das ja dann wieder an seine Wand hängen kann. Ich muss in mich hineingrinsen, denn Du hast so recht!
Danach machen wir uns über die jedem Team mitgelieferte Picknickbox her. Es gibt eine kleine Diskussion wann der schlechte Wein getrunken wird. Flo ist dafür, die Flasche aufzuheben und freitagnachmittags nach der Arbeit zu trinken. Ich sage "Och nö, da muss ich ja wieder Auto fahren." Er darauf "Ach darum gehts also." Keine Ahnung welche Erkenntnis das für ihn ist. Sie führt jedenfalls dazu, dass er die Flasche doch öffnet. Er schenkt mir und den anderen ein. Wir stoßen an, so dass unsere Becher fast übereinanderfliegen. Etwas zuviel Schwung vielleicht. Wir esssen Brot und Knackwürste und trinken schlechten Wein. Es ist gemütlich und aufgelockert. Flo schenkt mir weiter ein und macht irgendeine lustige Bemerkung zu mir. Ich muss mit vollem Mund aus tiefstem Herzen grinsen. So ein Lächeln, was von ganz unten kommt, bei dem man nicht taktiert, ob das jetzt angemessen ist. Und da haben wir ihn wieder, den einzigartigen Blickkontakt. Das ist die Stelle, wo in Filmen die Geigen einsetzen. Ist das jetzt eine Übereinkunft zwischen uns?: Ich fühl mich wohl bei ihm - er fühlt sich wohl bei mir - wir werden uns dann und wann schmachtend ansehen und damit das auch so bleibt, werden wir nie weiter gehen? So könnte man wohl unsere wie auch immer geartete Beziehung beschreiben. Damit hören dann die Geigen abrupt wieder auf, so als würde man die Nadel von der Schallplatte ziehen.
Wir packen zusammen und laufen alle fünf in die gleiche Richtung. Mal wieder ist Rempeln angesagt. Am Rande der Absperrungen trennen sich unsere Wege. Betty und ich gehen in die eine, Flo, Isabell und Sarah in die andere Richtung. Die Verabschiedungszeremonie setzt ein. Ich umarme die kleine, fast winzige Sarah. Dann sehe ich Flo und er sieht mich. Zeit für einen abschließenden Körperkontakt. Ich umarme ihn und er mich, wünscht mir, dass ich gut nach Hause komme. "Ich Dir auch" sage ich halbbenommen. Ich spüre wieder seine borstigen Haare an meiner Wange und atme seinen Duft. Es ist eine Frechheit wie er sich so in mein olfaktorisches Zentrum schleicht. Ich lasse das graue Longsleeve, in dem Flo steckt, wieder los. Ein letzter Blick und das wars. Betty und ich ziehen durch die laue Nacht. Wir haben noch 2 km zu laufen bis zu unserer Bahnstation. Ich stelle sinnigerweise fest, dass ich so selten nachts in der Stadtmitte bin. Der krönende Ausklang ist mit einer Freundin durch die laue Nacht zu ziehen und sich gegenseitig zu beglückwünschen. Mann, was sind wir toll! Als wir die groben Punkte ausgewertet haben, kommt aus der Nacht ein leeres Funrad, eines dieser runden Gruppenfahrräder, wo sechs Leute mitfahren können, an uns vorbeigefahren. Der Chauffeur hält inne und fragt, ob wir mitfahren wollen. Ich bin heute risiko- und unternehmungslustig und ziehe Betty mit auf das Rad. Unsere Mitnahmegebühr arbeiten wir durch Treten ab. Ich wollte das schon immer mal tun. Mit solch einen Rad fahren. Man hat eine gewisse Überbreite, die den Radweg weit überschreitet. Dann und wann bleiben Bettys und mein aufgeschnallter Rucksack an einem Laternenmast hängen. Was für ein Spaß. Der Fahrer liefert uns direkt an die Bahnstation. Ich komme aus dem Lachen nicht mehr raus. Schlechter Wein und diese sureale Fahradfahrt sind der einzig mögliche Abschluss für diesen verrückten Tag. Wir steigen in die Bahn, haben noch immer Themen zum Auswerten. Hätten wir wahrscheinlich noch bis zum Nordkap. Zwischen Betty und mir scheint es so etwas wie simultane Logorrhoe mit dem absoluten Bezug aufeinander zu geben. Doch irgendwann müssen auch wir uns trennen, um in unsere jeweiligen Wohnstätten zu finden. Danach smsen wir weiter. Ich rufe über mein zeitloses Iphone bereits unsere Laufzeiten im Internet ab. Dadurch verpasse ich auszusteigen und laufe zurück. Allgemeine Orientierungslosigkeit. Komisches Gefühl. Ich frage mich, ob das alles tatsächlich an einem einzigen Tag stattgefunden hat. Ich muss mich mindestens 3 Tage von allem erholen. Aber schon morgen geht es wieder auf die Arbeit und das Leben geht weiter.
Liebe Grüße von Eva
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