Liebe Sanzibar-Mathilda,
so ging mein Tag heute los:
Ich bin so müde!
Ich habe keine Lust!
Keine Lust aufzustehen und zur Arbeit zu fahren.
Von Euphorie, Flo nach langer Abstinenz wiederzusehen, keine Spur. Ich hatte während der Feiertage auch erstaunlich wenig an ihn gedacht. Ist ja auch einfach langweilig immerzu an einen Langweiler zu denken. Stattdessen habe ich während der Feiertage die entspannende Wirkung jazziger Musik entdeckt, viele Freunde zu Besuch gehabt und das grundlegende Problem, dass ich mit meinem Vater habe, erkannt (muss ich dir nochmal detaliert beschreiben). Dies führte zwischen Tino und mir zu einem weiteren Zusammenrücken. Die Heirat steht immer mehr im Raum, wird aber nicht ausgesprochen. Nonverbal ist er so weit, dass er mir per Whats-App kleine Brautkleider und Zylinder schickt. Spannend!
Und hier auf der Arbeit bin ich so entschlossen wie nie, Prinz Flo vom Sockel zu stoßen. Ich habe in Betty eine gute Therapeutin, die mit mir wohl so etwas wie systematische Desensibilisierung macht: Förderung der Kontaktvermeidung und bei Kontakt dann Hinweise auf negative Eigenschaften. Ich sollte jetzt wirklich meine Positiv-Negativ-Liste niederschreiben, damit ich die Beschreibung des langweiligen und absolut durchschnittlichen Mannes schwarz auf weiß sehe. Was war das als ich ihn heute in der Fallkonferenz von hinten betrachtete? Ihm gehen die Haare aus! Es ist ein kreisrunder, heller Fleck zu erkennen. Sollte sich wirklich mal für ne andere Frisur entscheiden, aber wahrscheinlich kann er einfach nichts Anderes. Ich war auch heute gar nicht so gespannt auf ihn als ich auf die Arbeit fuhr. Und seine absolut langweiligen Neujahrsgrüße kann er sich erstmal sonstwohin stecken. Ich bin mir bewusst, dass meine Gefühle auch wieder umschwenken können und dass ich auf mich aufpassen muss. Nichtsdestotrotz möchte ich dieses Jahr unter das Motto stellen:
Genieße die Gewinne deines Lebens.
Darauf wurde ich heute Morgen gestoßen als ich in unserer Morgenrunde unverhofft als Siegerin der Geburtenzahlschätzung für das letzte Jahr bekanntgegeben wurde. Ich hatte rein intuitiv eine Zahl aufgeschrieben und darin Flo's Autonummer verwurstet. Punktlandung! Der Gewinn: eine Flasche Champagner. Das Jahr geht doch schon mal gut los und ich kann mir jetzt mit diesem Ausgangspunkt neue Perspektiven überlegen:
1. Sollte ich intuitiver sein?
2. Sollte ich meinen Arbeitsschwerpunkt in die Geburtshilfe verlagern?
3. Sollte ich noch ein Kind bekommen?
4. Sollte ich mehr Champagner trinken?
5. Werde ich am Ende eine glückliche Champagner-Alkoholikerin, die auf Flo pfeifft?
Ach Süße,
genieße Deinen Urlaub,
hier ist es so kalt
und ich habe immer noch keine Lust zu arbeiten,
Eva
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