Donnerstag, 27. Dezember 2012

Feuerzangenbowle for (one) woman only


Es ist der zweite Weihnachtsfeiertag im Jahr 2012. Den angekündigten Weltuntergang haben wir überstanden. Dennoch erlebe ich hier gerade meinen ganz persönlichen. Meinen eigenen Absturz. Ich sitze Feuerzangenbowle-trinkend in meiner Wohnküche, vor einem oppulent gedeckten Tisch, der alle Leckereien für ein Raclette enthält. Konstantin und die eingeladenen Freunde, die seit gesteren bei uns sind, haben innerhalb von wenigen Stunden einen fiesen Magen-Darm-Virus bekommen, den Kai letzte Woche bei uns eingeschleppt hatte. Heute Mittag hatte es zunächst das befreundete Päärchen erwischt, die sich nächstes Jahr wohl überlegen werden, in solch ein Gebiet biologischer Kampfstoffe zu fahren. Seit einer Stunde geht es nun Konstantin schlecht. Ich blieb bisher verschont und möchte das auch bleiben. Und so wird aus unserem anvisierten Racletteabend eine One-woman-show. Alle schlafen (wenn sie nicht gerade auf dem Klo sitzen oder hängen) und ich habe mich mit dem Raclette hier verschanzt. Soviel zu meiner aktuellen Weltuntergangssituation. Schlimmer geht immer. Und so versuche ich wo sie schon einmal da ist, die bewusstseinserweiternden Eigenschaften der Feuerzangenbowle zu nutzen und mir zu überlegen, ob das nun die Strafe Gottes für meine gefühlsmäßige Aufruhr in 2012 ist.

Mit Konstantin ist es nach unseren Gesprächen sehr pur und schön. So wie ich es mag. So wie es war als wir uns kennenlernten. So wie es war als ich mich in ihn verliebte. Mir ist wieder klarer, warum ich mich in ihn verliebte, mich für ihn entschieden hatte. Er ist ein liebevoller Partner und Vater unseres Kindes. Anders kann ich das nicht sagen. So klar, dass es auch angetrunken keiner weiteren Worte bedarf. Einfach riiiiiichtiiiiiig!

Und das Thema "Flo" ist gerade eher frustrierend. Und so unklar, dass es leider viel mehr Worte braucht. Resumierend ist mir aufgefallen, dass ich schon Angst habe, den Kontakt zu ihm zu verlieren. Wir waren uns mal so nah. Naja, wohl eher gefühlt. Gesagt hat er ja, dass aus uns nichts wird. Wenn ich seine Reaktionen so zusammenfasse, geht er mir warum auch immer aus dem Weg. Das will ich nicht, aber er offensichtlich. Nur eine beispielhafte Situation: Vor seinem Infekt gab er mir mein Buch zurück, dass ich ihm vor Monaten ausgeliehen hatte. Ich sah es schon von weitem leuchten als er mit dem Buch unter dem Arm bewaffnet in die Ambulanz kam. Als wir uns kurz daruf im Vorbeigehen sahen, teilte er mir mit, dass er es mir geben wolle, aber… Ja, warum tat er es denn eigentlich nicht? Stattdessen wollte er es in sein Fach legen und mir später geben. Hää? Ich steh mal wieder auf dem Schlauch und fragte mich warum er das tat. Vielleicht war die Situation für ihn nicht entsprechend. Keine Ahnung! Er bleibt ein Rätsel für mich. 



Manchmal nervt mich das dermaßen, dass ich ihn zur Rede stellen möchte. Wut ist ein gutes Gefühl und deutet auf Veränderung hin. Und dann fand ich, als ich in mein Büro zurückkehrte, mein Buch auf meinem Tisch wieder. Er hatte es inklusive einer Post-it-Notiz dort hingelegt, in der er sich dafür herzlich bedankte und auf den Inhalt bezugnehmend angab, schon etwas die Welt verbessert zu haben. Als ich das Buch beim Hereinkommen auf meinem Tisch liegen sah, atmete ich instinktiv den Raumduft ein. In der Hoffnung etwas von seinem Duft wahrzunehmen. Es ist faszinierend, er betritt den Raum zu einer Besprechung oder ähnlichem und ich atme nur ihn ein. Ich bin absolut fixiert darauf. Ich freute mich über die Notiz und ärgerte mich gleichzeitig, dass er damit einen persönlichen Moment mit mir vermieden hatte. Und später als ich in meinem Büro bei offener Tür dokumentierte und ihn daran vorbei laufen hörte, bat ich inständig, dass er doch hereinkommen möge. Seine Schritte hielten inne (mein Herz auch), er ging zurück und steckte den Kopf durch die halboffene Tür. Er sagte mir nochmal mündlich, dass er mein Buch dort hingelegt hatte. Ich sagte ihm innerlich lächelnd, dass ich es gefunden hatte. Und schon war er wieder weg. Er traute sich offensichtlich nicht zu mir ins Zimmer. Ich weiß nicht, was er erwartete. Nein, ich muss mich korrigieren: Er traute sich nicht zu mir ins Zimmer als ich anwesend war. Muss wohl an mir liegen. Was soll das Ganze? Ich hatte ihn doch bereits darum gebeten, dass wir so normal wie möglich miteinander umgehen. Und nun? Wird es ein verkrampftes Aufeinandertreffen? Ich hätte so gerne Kontakt zu ihm. Aber das hätte ich mir wohl vor meinem Geständnis überlegen sollen. Während einer kleinen Weihnachtsfeier vor 2 Wochen hatte ich kein persönliches Wort mit ihm gewechselt. Ich bin echt frustriert. Was bildet er sich eigentlich ein, mich so unglücklich zu machen? Naja, ist sein gutes Recht, den Kontakt zu mir zu vermeiden. Er hat mir nichts versprochen. Vielleicht sollte ich ihn wieder mal darauf ansprechen. Er bekommt noch Angst vor mir. Scheint doch sehr harmoniesüchtig zu sein. Nur tut er mir gerade sehr weh. Es hat den Anschein als lasse er mich links liegen. Ach ich weiß nicht. Der Zettel auf dem Buch ist nicht gerade gleichbedeutend mit links liegen lassen. Es ist manchmal so frustrierend, dass ich mir verbiete, an ihn zu denken. Ich fürchte, ich halte das sonst nicht aus.

"Ich versteh' dich nicht, weil du nicht dieselbe Sprache sprichst.
Alles Schall und Rauch.
Herz im Ausverkauf.
Ich versteh' dich nicht. Du versprichst viel - doch du hältst es nicht. 
Du wirst hier nicht mehr gebraucht.
Alles Schall und Rauch.
Schall und Rauch."
Tim Bendzko - Schall und Rauch

Was fange ich noch an mit diesem Abend außer festzustellen wie frustrierend es ist, Herrn Dr. Florian A. Mollis begegnet zu sein? Ist das armseelig wie ich hier sitze, zwischen Pilzen, Käse, Gemüse, meiner verlassenen Raclettepfanne, schmachtend, wütend und eigentlich doch ganz zu Hause? … Ich bin langsam total betrunken nach der fünften Tasse Feuerzangenbowle. …Ich hoffe in diesem Zustand gelockerter Kontrollinstanzen auf wichtige Erkenntnisse. Doch vor allen Erkenntnissen kommen die Fragen. Zu viele Fragen für meinen Geschmack. …Was soll ich bloß tun? Soll ich die Situation jetzt einfach so auf sich beruhen lassen? Soll ich da nochmal intervenieren? Und wenn ja, wie und mit welcher Intention? Sollte ich weiter Kontakt zu ihm suchen? Ich könnte ihm ein neues Buch in sein Fach legen (das wäre zumindest mit gleicher „vermeidender“ Münze zurückgezahlt). Mit dem Hinweis „Neue Tipps für Weltverbesserer“. Dann würde ich mich auf seine Kommunikationsebene begeben. Birgt natürlich die Gefahr, dass er es mir zurück gibt mit dem Hinweis nicht mehr so mit mir kommunizieren zu wollen. …Neee, schließlich hat er mit so komischen Kommunikationswegen angefangen. Ich meine, er bricht eher in mein Büro ein als mir persönlich zu begegnen! …Ich das jetzt gut oder schlecht? …Schon wieder Fragen. Diese befürchtete Reaktion, dass er ein Buch von mir abwehrt, ist dann doch sehr weit hergeholt. Und selbst wenn, dann wäre es immerhin eine Reaktion und besser als gar nicht zu wissen, woran ich bin. Ich könnte ihn auch direkt darauf ansprechen, dass ich den Eindruck habe, er gehe mir aus dem Weg. Ich könnte ihm auch sagen, dass ich es schade finde, dass wir gar nicht mehr dazu kommen miteinander zu sprechen. ………Pffff…Vielleicht bewerte ich das alles auch über. 

Ach, ich weiß nicht. Noch mehr Feuerzangenbowle als Strategie für die Bewältigung eines total verkorksten Abends? Einen Versuch ist es wert.

Groß- und kleinschreibung werden langsam egal.

satzzeichen sind auch nur begrenzungen zwischen sätzen die einfach hinaus in die welt wollen

alles egal

vieles will ausgesprochen werden

wie viel davon will auch gehört werden

manchmal hasse ich ihn dafür… dass er in mein leben getreten ist

und dann …liebe ich ihn wieder dafür


eva aus der küche

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