Freitag, 19. April 2013

Mauern und Gräber: Keep calm and be independent


Liebe Mathilda,

auf dem Weg nach Pitlochry, wo wir in einem schönen Bed-and-Breakfast eines ehemaligen schottischen Soldaten untergekommen sind, entdeckten wir Dunfirmline, die Geburtsstätte Schottlands. Hier liegen die sterblichen Überreste von Robert the Bruce, der als Kämpfer für die Unabhängigkeit Schottlands hochstilisiert wird und dem einen oder anderen aus „Braveheart“ bekannt ist. Lustigerweise orientierten sich die Erfinder Batmans an Robert the Bruce und ließen seinen Geist in Bruce Wayne weiterleben. Das gefällt Konstantin, der eine Affinität für Superhelden hat, ebenso gut wie mir und Kai. Irgendwo sind wir doch alle Widerstandskämpfer und Rebellen. 

Befestigungsmauer in Fort William
In der Kirche, in der die Gebeine des Robert the Bruce liegen, schlüpft Kai unter der Absperrung durch und klettert die halbe Treppe zur Kanzel hoch bis ich ihn einfangen kann. Ist das Blasphemie? Oder eher der Erkundungs- und Unabhängigkeitsdrang eines 2 ½ Jährigen? Die Welt mit Kinderaugen sehen: Für ihn muss die Kanzel wie eine riesengroße Rutsche aussehen. Ich bin amüsiert und die anwesenden Einheimischen haben offensichtlich genug schwarzen Humor, um Kai´s Aktion zu übersehen. Sehr sympathisch und rauh sind die Leute hier. Wir wandern, picknicken und sind mittlerweile wie ein paar Camper ausgerüstet. Es tut so gut, einfach nur in der Natur unterwegs zu sein, auf einen Berg zu steigen oder auf einen See zu starren. Schweigend und redend mit den mir nahesten Menschen: Kai und Tino. Ich führe ja bekanntlich meinen eigenen Unabhängigkeitskrieg. Und ich merke von Tag zu Tag, dass es eine Emanzipation von Flo sein muss, sein soll. Er ist in diesem Spiel zu viel. „Keep calm and become independent“.
Mauern und ...

Gräber allerorts.
Unsere Überlandfahrt führte uns durch Fort William, einer ehemaligen Befestigungsanlage. Mauern und Gräber begegnen uns an allen Ecken und Enden. Ist solch ein Kult nötig? Die bemoosten Mauern, die wegen des scharfen Windes um fast jedes Feld gestapelt sind, wirken fast sympathisch. Sie fügen sich in die Landschaft ein und erscheinen nicht so unumstößlich. Und irgendwie haben sie in ihrem verwitterten Zustand etwas Morbides, dass überwunden werden kann. Also, überwinden wir die Mauern in unseren Köpfen und schauen, was dahinter liegt.

Ganz unabhängige Grüße,
Eva



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