Liebe Mathilda,
den Beginn meiner letzten Woche vor dem ersehnten Urlaub kann
ich nur mit „Ausharren“ beschreiben. Ich weiß, dass es so nicht weitergehen
kann, dass ich so nicht weitermachen möchte. Ich weiß, dass es mich auf lange
Sicht kaputtmacht. Es kam bis heute keine Antwort von ihm. Weder per mail, noch
persönlich, noch durch Rauchzeichen... Keine Ahnung wieso er mir eine mail
schickt, wenn er nicht auf meine Antwort antwortet. Schließlich hat er damit
angefangen, mit dieser ominösen "Seelischen Gesundheit am Arbeitsplatz". Ich
fand das schon reichlich kleinlich von ihm, dass er so gar nicht auf meine
Antwort einging. Es ist merkwürdig, wenn wir uns persönlich begegnen, und
exemplarisch für unsere ganze "Beziehung". Keiner erwähnt die Kommunikation
per mail oder das, was ich ihm damals im Café gesagt habe. So als wäre es
nicht geschehen, hätte es nicht stattgefunden. Wir spalten einen wichtigen Teil
aus unserer Verbindung ab, um keine Grenzen zu überschreiten. Um seine Grenzen
nicht zu überschreiten. Und ich renne auch jedes Mal wieder in solche
Situationen, die mir die Beine weghauen. Ich habe meine eigenen Grenzen (nur
noch nicht gefunden)? Muss ich seine Grenzen eigentlich widerspruchslos
einhalten? Wenn er mir eine klare Grenze aufgezeigt hätte, wäre es dann einfacher?
Es wäre für den Moment härter, aber auch eindeutiger. Aber stattdessen passiert
in unserem persönlichen Mikroklima Folgendes:
Phase 1 "Flo´s Annäherung": Er lässt mich bereitwillig in seinen persönlichen Bereich. Er
benutzt dazu fachliche Themen, die aber eindeutig unsere beruflichen
Berührungspunkte überschreiten.
Phase 2 "Eva´s Annäherung": Ich lasse mich gerne in seinen persönlichen Bereich locken,
denn mir ist es ja nicht nah genug.
Phase 3 "Flo´s Distanzierung": Einmal bei ihm angekommen, ignoriert er mich größtmöglich. Das ist
egoistisch und konfliktscheu von ihm.
Phase 4 "Eva´s Distanzierung": Ich lasse es diskret auf sich beruhen, forciere keine weitere
Klärung, weil ich mir eine erneute und härtere Abfuhr einfach nicht antun will.
Ich will mir die Würde und das letzte bisschen Hoffnung bewahren. Bis zur
nächsten Runde, in der...
Phase 1: ...er mich bereitwillig in seinen persönlichen Bereich
lässt...
Exemplarisch folgende Situation: Flo und ich treffen heute morgen
auf dem Parkplatz zusammen. Er begrüßt mich und meine Praktikantin, die ich im
Auto mitgenommen habe, freundlich.
Phase 1 unserer gestörten Kommunikation: Er macht eine poetische
Bemerkung über den herrlichen Morgen, erwähnt euphorisch, dass er am Freitag
eine Fortbildung in einer ländlichen Gegend besucht und wie sehr er sich darauf freut.
Phase 2: Ich tue scherzhaft so als wüsste ich nichts davon, dass
er am Freitag nicht da ist und sage flirtend, dass ich bei ihm und diesem Morgen leicht den Überblick
verliere.
Phase 3: Er lacht (wenigstens das kann er sich nicht
verkneifen), erwidert aber darauf nichts. Fast so als hätte er sich vorgenommen
nicht mit zu flirten.
Phase 4: Ich halte meine Klappe.
Und so geht das dann bis wir erneut aufeinandertreffen. Das ist
doch oll! Wie nennt sich dieses Spiel, bei dem offensichtlich immer ich
verliere? Komm her – bleib hier – geh weg? Master and servant? Ich nehme sein Verhalten
als eine unnatürliche Grenze wahr, die er setzt. Ich möchte diese Grenze nicht,
aber was kann ich dagegen tun? Ich muss was ändern, und zwar an meinem
Verhalten.
There's a new game
We like to play you see
A game with added reality
You treat me like a dog
Get me down on my knees
We like to play you see
A game with added reality
You treat me like a dog
Get me down on my knees
Master and servant – Depeche Mode
Liebe Grüße,
Eva
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