Liebe Mathilda,
heute war es soweit: Ich habe einen Angehörigen von Flo kennengelernt. Seinen Onkel väterlicherseits, der schon etwas betagt und mit feinem Humor einen sehr spannenden Vortrag hielt. Ich war sehr aufgeregt als ich am frühen Nachmittag den Veranstaltungsort betrat. Ich sah frisch aus, hatte an meiner Garderobe mehrere Farben kombiniert, was mir ziemlich gut gefiel. Allgemeines Vorgeplänkel, bekannte Leute begrüßen, sich in die Teilnehmerliste eintragen und einen Kaffee nehmen. Ich bin zunächst auf Beobachtungsposition. Flo ist bereits mit ein paar Vorbereitungen beschäftigt. Ich werde ganz schwach als ich ihn sehe und wahrnehme, dass er seinen Arztkittel gegen einen Anzug eingetauscht hat. Er sieht ungeheuer heiß aus! Der Saal füllt sich und ich nehme Platz. Während der verschiedenen Vorträge kann ich meinen Gedanken nachhängen und Flo, der fünf Reihen vor mir Platz genommen hat, betrachten. Sein Onkel ist ein angenehmer Referent, der es versteht, die Aufmerksamkeit der Menschen durch kleine, zunächst unspektakulär wirkende Bemerkungen zu gewinnen. Es ist ein feiner Humor, ein stilles komödiantisches Talent. Ich überlege, ob Flo etwas mit seinem Onkel gemeinsam hat. Die Gesichtszüge sind andere. Vielleicht ist da dieses Funkeln in den Augen, was beide gemeinsam haben. Vielleicht ist es die angenehme Stimme, die natürlich in der Flo-Ausführung kaum zu übertreffen ist. Inhaltlich geht es wie an dem ganzen Nachmittag um die Ästhetik des menschlichen Körpers und der Möglichkeiten der Wiederherstellung. Ich lerne viele medizinische Sachen und auch so viele zwischenmenschliche. Mein Leben ist echt an Spannung gerade kaum zu übertreffen.
In der ersten Pause - ich habe mich mit Flo bisher nur mit den Augen begrüßt - komme ich mit allen möglichen mir bekannten und bisher unbekannten Menschen leicht ins Gespräch. ich fühle mich toll, attraktiv und selbstbewusst. Mein innerer Sensor ist natürlich immer in Flo-Bereitschaft. Dennoch will ich ja die Zügel in der Hand behalten. Ich arbeite mich smalltalkend durch den Saal, trinke eine Tasse Kaffee und esse ein halbes Brötchen. Als ich mir über das Bufet gebeugt ein Stück Kuchen nehme, höre ich Flo´s Stimme. Noch dazu spricht die Stimme mich an. Musik in meinen Ohren. "Eva? Ich möchte Dir gerne meinen Onkel vorstellen." Ich drehe mich mit dem Kuchen bewaffnet gekonnt um und begrüße den kleinen Mann mit dem feinen Humor. Es ist leicht mit ihm ins Gespräch zu kommen. Flo stellt mich als "Frau Cormann, unsere Therapeutin, mit der ich sehr eng zusammenarbeite" vor. Er beginnt von unseren gemeinsamen Visiten zu schwärmen, was den Zuhörerkreis sofort vergrößert. Wir sehen uns dabei an als er von unserer gemeinsamen Arbeit berichtet. Ich kann ihm nur lächelnd zustimmen und nehme die neidischen Blicke der umstehenden Frauen wahr. Warum sind wir Frauen so? Können wir uns nicht für eine von uns freuen, die es einfach gut getroffen hat mit solch einem "Arbeitskollegen" an ihrer Seite? Da ich mir Sorgen mache, nicht die richtigen Worte zu finden, beiße ich in einer Art Übersprunghandlung von meinem Kuchen ab. Ich habe Glück, dass ich mich dabei nicht verschlucken muss. Das Gespräch wendet sich vom therapeutisch-ärztlichen Traumpaar hin zur Ästhetik menschlicher Körper (auch kein Themensprung, denn wir sehen einfach mal beide gut aus :-)). Liegt eigentlich irgendwas in der Luft, dass ich mich selber so toll finde? Nachdem ich den Kuchen verspeist habe, bin ich genug aufgetaut, um richtig mit ins Gespräch einzusteigen. Ich mag diesen feinen, unterschwelligen Humor. Das ist genau meine Sache. Ich fühle mich sehr wohl in der ganzen Situation. Durch die ganze Diskussion um die Ästhetik driftet das Gespräch eindeutig in den zwischenmenschlichen Bereich. Es gipfelt in des Onkels Äußerung, dass allem Schönen eine sexuelle Anziehung innewohnt und dass erotische Spannung entsteht, wenn Menschen aufeinandertreffen. Wenn nur sein Neffe das einsehen würde. Zumindest in diesem Punkt ist sein Onkel eindeutig weiter als Flo selbst. Insgesamt ist die ganze Unterhaltung ziemlich sinnlich aufgeladen. Mein Gott, liegt das am Frühling? Gretchen Haase stellte unmißverständlich fest, dass das weder am Frühling noch an einer anderen Jahreszeit liegt, sondern einzig an Männern und Frauen:
„Männer und
Frauen können nie Freunde sein.
Der Sex kommt ihnen immer wieder dazwischen.
Es
sei denn man unterdrückt das Kribbeln im Bauch und folgt der Vernunft.“
Doctors Diary, Staffel 1 Folge 7
Will ich das? Vernünftig sein? Never...
Schöne Frühlingsgrüße von Eva
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