Liebe Mathilda,
es ist mal wieder kaum zum Aushalten. Das Schreiben hilft mir wirklich sehr dabei, nicht komplett durchzudrehen. Nachdem wir uns gestern zu meiner großen Erleichterung getroffen und die Knieprobleme des Herrn M. ausgewertet hatten, habe ich fast den Tank meines Autos leer gefahren ohne es zu merken. Kai war bei Tinos Eltern und so musste ich nicht auf die Zeit gucken, was mir fast zum Verhängnis wurde. Auf der Landstraße betete ich dann für eine Tankstelle und sah mich schon wie den "I´m walking"-Mann mit dem Benzinkanister losziehen. Naja, ist ja nochmal gutgegangen, aber das zeigt mal wieder wie sehr ich von der Rolle bin. Wie sehr mich ein Knie aus der Bahn werfen kann. Es tat so gut, dass Du mir die Eigenverantwortlichkeit für sein Knie aufgezeigt hast. Ich selbst wagte das erst gar nicht zu hoffen, aber natürlich wird er sehr genau bemerkt haben, dass er Körperkontakt zu mir hatte. Einfach schön wie Du mich aus dieser Ungläubigkeit in die Euphorie geführt hast. Fast bis auf eine Landstraße mit einem leeren Tank. Aber das wäre es wert gewesen.
Bei meinen pragmatischen Überlegungen wird immer klarer, dass ich die Trennung zwischen dem einen und dem anderen Leben noch perfektionieren muss. Die Spaltung und Geheimnistuerei nehmen zu. Und natürlich, wenn ich irgendwie mit Flo kommunizieren will, muss das abgetrennt von meinem restlichen Leben passieren. Ein bisschen paranoid bin ich schon. Und so sitze ich hier schreibend auf der Arbeit. Es ist diese Woche nicht so viel zu tun und dadurch habe ich viel zu viel Zeit mir Gedanken zu machen und eine Gelegenheit abzuwarten. Was, wenn ich jetzt einfach zu ihm hinüber gehen würde, und es ihm sagen würde? Ich habe ständig solche Impulse, fange an Mails an ihn zu schreiben und verwerfe dann die Ideen. Das einzige, was mir im Weg steht, ist, dass ... ich es diesmal weniger tragisch und mit Leichtigkeit angehen lassen will. Ich muss ihn das irgendwie aus der Situation heraus fragen. Und dann lüge ich mir jedes Mal selbst in die Tasche, indem ich mir sage: Die Situation passt nicht. Es wäre so günstig heute: wenig Leute auf der Arbeit, wenig zu tun. Ich weiß, dass er sich in sein Zimmer verkrümelt hat. Ich könnte einfach klopfen. Und dann denke ich: Klopf da bloß nicht an. Ich hatte heute bereits zwei Gelegenheiten, in denen ich fast mit ihm allein war. Ich hätte es tun können. Aber dann redete er so viel und ich hörte ihm zu. Blabla - alles Ausreden. Mann, der muss doch merken wie sehr ich unter Strom stehe.
Nun mal ganz ruhig: Ich werde es tun. Ich bin schon losgelaufen. Es ist nur eine Frage der Zeit und der Gelegenheit. Ich habe schon so lange gewartet, da kommt es auf ein paar Tage auch nicht an. Ich bin stark. Ich bin selbstbewusst. Ich weiß, was ich will. Ich weiß, was ich sagen will.
So einfach stehen die Dinge. Ich möchte noch ein bisschen in diese Flirtlaune kommen. Wie macht man das? Ob ich ihn frage, ob er mit mir Mittagessen geht? Und da könnte ich es ja irgendwie einfließen lassen. Mmh ... ist eine Überlegung wert. So ein ganz unverbindliches Mittagessen unter Kollegen. Ach nein, doch nicht! Nur noch 15 Tage. Oder doch Mittagessen mit ihm? Grrrrr... Knoten im Gehirn. Immer schön atmen!
Verknotete Grüße,
Eva
