Freitag, 2. November 2012

Darf ich vorstellen: Die Ausreden!



Ich bin so hibbelig! Ich mache mir nun doch Sorgen, was ich damit auslöse, wenn ich es ihm sage. Aber ich weiß auch, dass ich nicht so weitermachen kann. Ich weiß, dass danach alles anders sein wird. Ihm zu begegnen ist dann nicht mehr versteckt schmachtend möglich (Ausrede Nr. 1). Ist mit ihm zu arbeiten dann überhaupt noch möglich (Ausrede Nr. 2)? Ja ja, es kommen die Zweifel, ob ich nicht alles so lassen sollte. Die Ausreden, die ich für mich selbst erfinden werde, hatte ich ja schon angekündigt. Hier sind sie also. Aber das hatte ich doch alles schon. Es bringt nichts. Es bringt mich nicht weiter, alles so zu lassen, denn ich komme da so nicht raus. Nur noch ein bisschen genießen, ihn aus der Ferne anzuschmachten (Ausrede Nr. 3).
Vorhin war ich mir fast sicher, dass er mehr als nur beruflichen Kontakt zu mir sucht. Ich kam gerade aus meinem Zimmer und schloß es ab, um auf die Station zu gehen als ich ihn auf dem Flur sah. Ein Ruck durchzog mich und sofort auch wieder das angenehm mulmige Gefühl in der Magengegend. Ich wusste nicht wo er herkam und wo er hinwollte. Vielleicht aus dem Aufenthaltsraum? Und "wo sollte ich sonst hingehen", dachte ich wie einst Edward an Bellas Bett, als auf ihn zu. Wir lächelten uns an. Er sah blendend aus. Manchmal sieht er auch geschafft aus, aber vorhin und gestern  (OMG: maximale Attraktivität gepaart mit diesem Eimer Komplimente) sah er einfach blendend aus. Ihm fiel eine Haarsträhne in die Stirn. Was machte sie da so ganz alleine? Ich wollte sie gerne wieder sanft zu den anderen legen. Manchmal streift er sich die Haare hinter die Ohren, aber nur wenn er unsicher ist. Ich ging auf ihn zu und er erzählte mir umgehend davon, dass ihn die Tochter einer Klientin angerufen hatte, die wir beide betreuten und die einfach eine Herausforderung für ihn ist. Ich darauf ermutigend "Erzähl doch mal", aber ich muss das so schnell gesagt haben, dass er es erst beim dritten Mal verstanden hat. Peinlich, aber ich ließ mich nicht beirren, wiederholte mein Interesse und lächelte ihm gespannt zu. Als er endlich verstanden hatte und gerade auf dem Flur dazu ausholte, mir alles im Detail zu erzählen, checkte ich, dass das eine super Gelegenheit wäre, ihn irgendwo hinzulocken, wo ich mit ihm allein sein konnte. Ich komme mir bei dem Gedanken schon sehr verdorben vor. Ich machte eine Geste in Richtung meines Zimmers, um ihm zu bedeuten, dass wir zu mir gehen können. Meine moralische Kontrollinstanz steuert meine Gesten nicht mehr! Jetzt komme ich mir noch verwegener vor. Kurz darauf machte er eine Handbewegung in Richtung Aufenthaltsraum und bedeutete mir, dass wir dort hineingehen könnten. Ok, nicht ganz so verwegen, aber auch ein wenig Kontrollinstanzverlust! Wir gingen hinein und er erzählte mir von der Klientin-Tochter. Er nahm sich einen Kaffee - es würde wohl eine längere Erzählung werden. Er war erst ein bisschen zögerlich, ob er hier so sesshaft werden sollte. Ich bin überzeugt, dass er bevor er mich traf noch nicht im Sinn hatte jetzt einen Kaffee zu trinken. Ich hatte vorher beobachtet, dass er schon im Aufenthaltsraum gewesen war und auch gerade Zeit hatte und... Egal, warum auch immer, setzte er sich mit Kaffee hin. Ich nahm mir keinen Kaffee, wollte irgendwie so tun als gäbe es wichtigeres - ich war ja eigentlich auf dem Weg zur Station (Ausrede Nr. 4). Aber ich setzte mich zu ihm, hörte ihm zu, interpretierte die Aussagen der Klientin-Tochter. Keine Ahnung, was ich da von mir gab und warum. Ich war wie ferngesteuert und meinte, dass die Klientin-Tochter und die Klientin sich gegenseitig kleinmachen würden. Er griff das auf und sagte mir wie recht ich doch habe. Er hält wirklich große Stücke auf mich. Und dann sagte er - und das geht mir wirklich runter wie Öl - dass es ihm so gut tue mit mir darüber zu reden! ................. Das macht mich echt fertig! Entwaffnet mich bis auf die Grundmauern! Wie schön! Ich mache, dass es ihm gut geht. Allein das ist es schon wert, so durcheinander zu sein. Ich tue ihm gut. Ich finde das schon reichlich persönlich. Meine Vorsätze, ihn um ein Gespräch zu bitten, schwanden, da ich nicht mehr wusste wo hinten und vorne ist (Ausrede Nr. 5). Da ist wohl noch eine Extrarunde im Rubicon-Delta fällig.
Kurz nach seinem Geständnis, dass ihm unser Gespräch so gut tut, kam eine Schwester in den Aufenthaltsraum und es entstand die mulmige Atmosphäre, dass hier eine private Unterhaltung gestört wurde. Ich hoffe einfach, dass er das auch spürte. Wir wirkten jedenfalls irgendwie beschämt, beklommen und nahmen das Gespräch erst wieder auf als sie gegangen war. Ich hielt diese Situation dann einfach nicht länger aus und flüchtete. Er fragte zu welcher Klientin ich denn gehe. Immer aufmerksam. Ihm entgeht nichts! Ich berichtete ihm, dass es genausoeine Klientin wäre wie seine Klientin-Tochter, die, die einen sehr beschäftigen und aussaugen würden. Und er sagte "Na dann, lass Dich nicht aussaugen." Er ist so lieb. Ich hätte am liebsten gesagt "Mich saugt was ganz anderes aus." oder "Willst Du mich nicht aussaugen?" Ich glaube ich drehe durch. Nach dieser Situation mit ihm rannte ich den ganzen Tag mit einem dämlichen Dauergrinsen auf dem Gesicht herum. Wie soll ich erklären, dass ich so aussehe? Aufmerksame Menschen merken das bestimmt, aber da er ja der Aufmerksamste im ganzen Team zu sein scheint... Egal, noch habe ich nichts getan, was mich so richtig verraten würde. Und ich sollte es ihm gegenüber klarstellen bevor es andere bemerken.
Und was erwarte ich nun von ihm? Ich erwarte von ihm eigentlich ... zunächst mal nur Diskretion. Ich weiß nicht, ob ich das extra erwähnen muss, aber besser ist es wohl. Ich möchte nicht, dass es an die große Glocke gehängt wird. Ob er seiner Frau davon erzählt, ist mir ziemlich egal, solange ich sie nicht treffe. Wenn er mich fragt, ob ich nicht zuerst mit Konstantin darüber sprechen sollte, kann ich ihm nur sagen, dass ich meinen Mann, den ich liebe, und meinen Sohn nicht verlassen werde und dass es daher keinen Sinn macht, ihn einzubeziehen. Diese Argumentation ist zugegeben etwas wackelig. Was könnte ich noch erwarten? Ich erwarte gar nichts weiter von ihm. Wenn er mir erklärt, dass er nicht so empfindet und er seine Familie, seine Ehe nicht gefährden will, dann werde ich das akzeptieren. Eine klare Aussage wird mir helfen, darüber hinwegzukommen, mich zu entlieben. Es wird wehtun, da bin ich mir sehr sicher. Aber ich kann nicht nur warten und zusehen und daran denken, was ich nicht versucht habe. Das Motto ist klar: Hast Du alles getan? Wenn nicht, fang an! Wenn es jedoch in seinem Herzen ein klitzekleines Gefühlchen für mich gibt...ja, was dann? Na dann, umso besser und umso komplizierter. Ich erwarte nicht viel: Dass er hier in unserem beruflichen Team dicht hält, wenn ich diesen Seelenstriptease hinlege, und dass er mir sagt, wenn er das, was ich empfinde, nicht erwiedern kann. Das ist doch schon sehr gut auf den Punkt gebracht. 
Nun muss ich nur nochmal überlegen, was ich ihm eigentlich sagen will. Es ist einfach schon sehr viel, was ich mir erlaube. Konstantin einzubeziehen, ihn zu verletzen gehört nicht dazu. Was wird Flo über mich denken, wie ich mit meinem Mann umgehe? Was denke ich über mich selber, wie ich mit meinem Mann umgehe? Ich liebe Konstantin wirklich. Ich will ihn weder verletzen noch verlassen. Ich bin überzeugt, dass ich zwei Menschen lieben kann. Ich bin sehr unglücklich mit dieser Situation. Mache ich das alles sogar, um meine Beziehung zu Konstantin zu retten? Es muss etwas passieren. Konstantin will ein Haus mit mir bauen, will ein Grundstück suchen, mich wohlmöglich heiraten. Bis dahin muss ich klarer sein in meiner Wahl! Benutze ich Flo nur dazu, mich wieder ganz auf Konstantin einlassen zu können? Konstantin ist die Sicherheit! Flo ist die Aufregung! Was ist es, was ich suche? Ich trinke zu viel Wein! Mein Weinkonsum ist gestiegen. Ich bin so angenehm schwer und die Gedanken flutschen nur so aus mir heraus ... sagte die Frau, die Alkoholmissbrauch betrieb. Gerade um meine sicher nicht perfekte Beziehung zu Konstantin zu stabilisieren, muss ich mich von Flo freimachen. Und das kann ich nur, wenn ich ihm von meinen Gefühlen berichte?! Oder kann ich mich doch besser freimachen, wenn ich ihn nicht einweihe (Ausrede Nr. 6)? Nein, das habe ich ja versucht. Das mit Konstantin ist eine ganz andere Baustelle. Ich weiß nicht wie so etwas geht. Ich hatte noch nie auch nur annähernd eine Affäre oder war "fremdverliebt". Bisher kam auch nur absolute Treue für mich in Frage. Und das war auch überhaupt kein Problem. Bis Flo kam! Ich finde ich habe das Recht, Flo mit meinen Gefühlen zu konfrontieren. Schließlich plage ich mich schon so lange mit ihnen herum. Ich muss das wirklich nicht allein aushalten. Also: Was ich von Flo erwarte, ist Diskretion und dass er mir sagt, wenn er nicht so empfindet. Mehr will ich gar nicht. Sollte er doch wie ich empfinden, was ich mir gar nicht vorstellen mag, dann kann ich mir darüber immer noch Gedanken machen. Oh doch, vielleicht will ich mir das doch vorstellen! Egal, ich warte eine Gelegenheit ab und bitte ihn um ein Gespräch unter 4 Augen, weil ich ein Problem habe. Und dann schaue ich mir meinen Post vom 26.10.12 nochmal an, und finde heraus, was ich sagen wollte. Ich kann nicht mehr, muss aufhören, alles dreht sich, und die vielen Schmetterlinge...

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