Freitag, 21. März 2014

Soll er doch klopfen

Liebe Mathilda,

heute war echt krass viel zu tun. Morgens um 9 arbeite ich mich durch meine Patientenliste, gehe zum nächsten Klienten und finde Flo bei ihm sitzend vor. Er war gerade dabei dem Klienten von mir zu erzählen. Timing. Nach dieser Visitierung stehen wir allein auf dem Flur. Ich informiere ihn darüber, dass eine andere Klientin starke Schmerzen hat. Dabei hole ich meine Liste aus der Kitteltasche, um die Namen der vielen Klienten nachvollziehen zu können. Er beginnt die Liste mit mir durchzugehen. Und zwar indem er sich nah - sehr nah - neben mich stellt und mit mir zusammen auf die Liste schaut, die ich in der Hand halte. Ich halte den Zettel und er fährt mit seinen Fingern die Liste hoch und runter. Dabei berührt er ständig meine Hand. Mehrmals – und lange! Eigentlich die ganze Zeit. Ich lasse es geschehen, genieße die Berührung, obwohl mir schon zu dem Zeitpunkt klar ist, dass ich mir später den Kopf zerbrechen werde, warum er das macht. Später frage ich Betty, was ich hätte machen können. Sie sagt „Genießen.“ Ich frage „Und dann?“ Sie geht klar davon aus, dass das einfach seine Art ist. Und selbst wenn er diese Berührung bewusst durchführt, ist sie sich sicher, dass das zu nichts weiter führen wird. Wahrscheinlich entspricht das mehr der Realität als meine Sehnsüchte.

Zurück auf dem Flur, auf dem ein Zettel als Katalysator für verhinderte Berührungen fungieren muss. Zwischen Flo und mir geht es nun um einen  Klienten, den er mir heute aus seiner Sprechstunde kommend vorstellen möchte. Wir überlegen wie wir zueinander finden, wenn besagter Klient da ist. Sich mit ihm zu verabreden war schon immer eine Herausforderung. Ich sage ihm, dass ich zwischen halb 10 und halb 11 in meinem Zimmer bin und er mich dann gerne anrufen kann. Und er darauf tatsächlich ein bisschen enttäuscht „Ich hab ja keine Nummer von Dir.“ Er weiß tatsächlich nicht wie er mich erreichen soll? Wie bitte? Welche Nummer? Meine Dienstnummer? Die dürfte ja wohl bereits im Langzeitgedächtnis abgespeichert sein. Ich habe kein Diensthandy. Habe ich mich bisher erfolgreich dagegen gewehrt. Betty und ich kommunizieren aber schon wegen Räumen usw. über unsere Privathandys. Oder meint er meine private Handynummer? Er hat alle meine Nummern, weiß es aber anscheinend nicht. Ich gab ihm meine Handynummer vor ca. 1 Jahr, er hat mir sogar ne SMS geschrieben. Hat unser Treffen anscheinend so verdrängt, dass ihm auch das entfallen ist. Selbst Schuld. Ich bin so perplex, dass ich ihm darauf sage „Dann klopf eben an.“ Sollte das ein versteckter Wunsch gewesen sein, meine Handynummer zu bekommen, kann ich ihm auch nicht mehr helfen. Hab den Mum und frag mich! Ansonsten viel Spaß beim Klopfen an meiner Tür!

Liebe Grüße,
Eva

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