Liebe Mathilda,
so eine Erholungszeit von Flo ist ja auch immer gut zum Reflektieren: Jetzt, wo er nicht da ist, kann ich versuchen alles objektiver zu sehen. Ich beobachte, dass andere Kollegen nicht zu unterschätzenden Kalibers ebenfalls nett zu mir sind und wer weiß warum mit mir flirten. Nehmen wir Mark. Dr. Mark Weier - den gutaussehenden Oberarzt, gegen den ich seit jeher irgendwie immun bin. Er ist sicherlich auch gerade in einer Sinnkrise. Und er setzt sich als würde er diese Übereinstimmung ahnen in der Fallkonferenz heute neben mich. Es wird auch die Klientin besprochen, bei deren OP ich letzte Woche mein Debüt hatte. Wenn die Krankheitsgeschichte berichtet wird, werden auch immer die Operateure benannt, so dass die Augen auf Dr. Schmidt, die bei der OP assistierte, gerichtet sind. Wer der Hauptoperateur war und heute durch urlaubsbedingte Abwesenheit glänzt, dürfte wohl klar sein. Daraufhin melde ich mich in einem Anfall von Humor auch als Operateurin, da ich ja auch dabeigewesen war. Mark tuschelt mich daraufhin beeindruckt von der Seite an: "Duuuu?" Ich bestätige ihm das stolz und mich selber nicht so ernst nehmend: "Ja, und ich bin nicht umgefallen." Dann wird er plötzlich ernst und anerkennend: "Diese OP ist schon was Heftiges." sagt der Mann, der täglich den Frauen Gebärmütter und Eierstöcke entfernt. Und seitdem entwickelt sich meine Stipvisite im OP zu einem Running Gag in der Klinik. Heute Nachmittag dann in der ausgedünnten Besprechungsrunde sagt Mark zu mir: "Eva, ich ruf Dich an, wenn wir Dich im OP brauchen." Kombiniert mit einem bestechenden Lächeln. Es ist ein lockerer Spruch, und es ist eindeutig Flirten! Ist bei Mark der Frühling ausgebrochen? Es ist doch gar nicht nötig zu flirten, wo Flo nicht da ist, denke ich als ich mich an dieses Eifersuchtsspiel von irgendwann erinnere, bei dem Mark schon mal herhalten musste. Vielleicht ist das ja auch normal und ich hatte dafür vor Flo nur keine Antennen? Zurück auf der Station gehe ich in die Küche, um mir einen Kaffee zu nehmen. Helge, der nächste OA, ist ebenfalls da und dabei, sich einen Kaffee zu nehmen. In der Kanne ist noch eine dreiviertel Tasse, die er liebevoll mit mir teilt. "Teilen" trifft es nicht ganz, denn er schenkt erst mir ein und dann sich, so dass in seiner Tasse gerade noch der Boden bedeckt ist. Hätte Flo das gemacht, wäre ich fast umgefallen und hätte ihm gleich wieder tiefere Gefühle mir gegenüber unterstellt! Vielleicht ist das einfach ein sehr netter, kollegialer Umgang, in den ich nichts weiter hineininterpretieren sollte. Oder die lesen mittlerweile meinen Blog? Ein bisschen paranoid bin ich manchmal schon, denn wer hier arbeitet, könnte definitiv auf die Idee kommen, dass es um mich geht.
So, und nun lasse ich Flo mal weiter Urlaub machen.
Liebe Grüße von Eva
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