Donnerstag, 14. November 2013

Im Flow mit Flo

Liebe Mathilda,
Glückswoche 3 auf ihrem bisherigen Höhepunkt und ich bin im Flow. Mir geht es richtig gut; viel Flo und die Arbeit flutscht. Habe heute das halbe Patientenseminar für das kommende Jahr organisiert. Hoffe Du schaukelst immer noch. Die Vorstellung hat schon was Idyllisches.
Mit Betty hat sich hier die Therapeutengewalt verdoppelt und damit wir gut parallel arbeiten können, habe ich mich heute in den "nicht näher spezifizierten" Nebenraum zurückgezogen, um dort meine Gespräche und meine Dokumentation durchzuführen. Flo nutzt den Raum auch öfter, wenn die Behandlungszimmer besetzt sind. Wenn er dort ist und ich in meinem Büro dokumentiere, sitzen wir Wand an Wand. Dann höre ich seine sanfte Stimme. Wie romantisch! Ich habe ihn den ganzen Tag noch nicht gesehen, denke schon er ist gar nicht da als ich plötzlich unverkennbar seine Schritte höre. Kurz darauf steht er bei in der Tür des nicht näher spezifizierten Ausweichraumes. Ich sitze am Computer, mit meiner Schokoladenseite (die linke) zu ihm gerichtet. Er trägt einen Stapel Akten im Arm und möchte offensichtlich ein Klientengespräch im selben Raum führen. Ich frage ihn
Eva: "Möchtest Du hier rein?" und werde mir erst im Nachhinein über die Zweideutigkeit bewusst.
Flo: "Eigentlich schon..." Hab ichs doch gewusst :-) Ich sammle bereits meine Sachen zusammen, denn Computer gibts hier noch mehr, angenehme Gesprächsräume dagegen nicht. Da spricht er weiter:
Flo: "Ich würde hier gerne eine Befundbesprechung machen ... aber ich schau mal, ob der andere Raum noch frei ist."
Ja, schon klar. Er traut sich nicht, mich aus dem Raum (und seinem Herzen) zu verbannen. Ich bin mir bewusst, dass diese Interpretation etwas übertrieben ist, aber es passt gut zu seiner Reaktion. Er verlässt den Raum und ich sehe ihn in dieser Situation nicht wieder. Am Rande bemerke ich, dass er in den ungemütlichen Besprechungsraum gegangen ist. Später geht das Thema noch weiter: Ich habe den Raum inzwischen verlassen und will ihn nachmittags nochmals für ein Gespräch nutzen. Als ich wieder auf die Station komme, sehe ich Flo aus der Richtung, in der der Raum liegt, kommen. Ich frage ihn:
Eva: "Florian? [Jaaaa, ich sage seinen Namen] Musst Du nochmal in den Raum?"
Flo: "Nein, ich war die ganze Zeit nicht mehr drin." meint er freundlich. Stattdessen ist er in eine Kammer (noch ungemütlicher als der Besprechungsraum) ausgewichen. Kann man nun sehen wie man will: Er kann schwer Hilfe annehmen. Er traut sich nicht in meine Nähe. Er will mir keine Umstände machen. Er will es mir recht machen ....Auf jeden Fall macht er es sich schwer und hält offensichtlich Abstand zu mir.
Später kommen Betty und ich in stark aufgeheiterter Stimmung vom Mittagessen (War was im Essen?). Wir gehen beschwingt wie das A-Team nebeneinander über die Station. Der Flur ist gerade so breit, dass wir nebeneinander passen. Wenn, und diese Einschränkung muss ich machen, nicht gerade leitende Ärzte von der Toilette auf den Flur gestürzt kommen. Kein geringerer als Flo natürlich, der gefühlt ständig auf oder von irgendeiner Toilette stürzt (Nervöse Blase?). Bei dieser Gelegenheit stoßen er und ich fast zusammen. Er nimmt Betty´s und meine angekicherte Stimmung sofort auf und macht eine Bemerkung über die Übermacht der Therapeuten. Wovor Ärzte so Angst bekommen können? Aber recht hat er. Ich freue mich, dass er mich mal so richtig fröhlich sieht. Betty faselt was von "Synergieeffekten". Es geht bunt zu bei uns. 
Kurz darauf begegnet mir Flo erneut als ich auf der Suche nach meinem Chef bin. Es ist das erste Mal heute, dass ich ihn richtig ansehen kann. Er steht da, mit Dr. Radio und dem Chef ins Gespräch vertieft, sieht perfekt gestyled und endlich mal wieder gut gepflegt und einfach blendend aus. So wie ich mir das wünsche. Ich freue mich, ihn zu sehen, muss aber dringend etwas mit meinem Chef klären, dem ich auflauere (Ich habe tatsächlich vergessen eine Fortbildung anzumelden und muss das nun dringend nachholen - Hier also auch das Gegenteil von Synergieeffekten). In der Zeit, in der ich mit dem Chef spreche, sind Flo und Dr. Radio bereits im Patiententimmer zur Visite verschwunden. Ich wollte mich gerne noch in die Visite einklinken, mag es lieber, wenn wir nicht so viele Behandler ums Patientenbett sind. Naja, ich mag es lieber, mit ihm Visite zu machen. Als ich mit meiner Beichte beim Chef fertig bin, stehen Flo und Dr. Radio wieder vor dem Patientenzimmer. Flo sieht mich und freut sich. Wie sich herausstellt hat er mich gerade gesucht und will mich einer Klientin vorstellen. Wir gehen nochmal zu zweit alleine zu der Klientin ins Zimmer. Herrlich! Er stellt sie mir vor, wir sprechen kurz mit ihr und auch miteinander. Ich sehe ihm zu wie er mit der der Klientin spricht. Sehe ihn im Profil - dazu hat mir Betty geraten: Schaue ihn dir im Profil an, dann weisst du von wem wir abstammen - und kann beim besten Willen keine Ähnlichkeit mit Affen erkennen. Was ich sehe ist sicherlich total rosarot gefärbt und eine ganze Autobahnabfahrt an der Realität vorbei, aber es ist ein Zauber, der mir wirklich passiert. Die untergehende Sonne wirft ein paar Strahlen durchs Fenster, die sich auf seine verdeckte Gesichtshälfte legen. Er glüht! Es ist unglaublich. ... da kann ich nichts mehr hinzufügen. So war es.
Wir begegnen uns heute noch unzählige Male. Auf dem Flur, auf dem Flur und auf dem Flur. Vielleicht stellt er sich auch extra dorthin, damit ich ihn sehe. Zuletzt sitze ich kurz bei unserer Sekretärin, um ihr meine Statements zur Fallkonferenz zu geben. Ich habe mich nur kurz bei ihr niedergelassen, setze mich so schräg auf einen Stuhl. Weiss heute mit meinen langen berockten Beinen nicht wohin. Ja, ich fühle mich attraktiv! In diesem Moment kommt Flo aus einer Tupperdose sein Mittagessen verspeisend herein. Die Sekretarin beschwert sich, da sie Appetit kriegt. Ich kriege auch welchen. Aber nicht aufs Essen. Flo meint, dass sie da durchmüsse und er jetzt mit ihr die Fallkonferenz besprechen wolle. Das hätte er sich bei mir selbst mit größtem Hunger nicht getraut. Wir lassen ihn essen bis ich meine Statements abgegeben habe. Dann stehe ich auf und biete ihm lächelnd meinen Platz an "Der nächste bitte."
Ist das Flow? Es fühlt sich auf jeden Fall toll an, wenn man gute und bewältigbare Arbeit macht, die einen tiefen Sinn hat. Und die Kollegen spielen dabei auch eine nicht zu unterschätzende Rolle.
Grüße aus dem Flow,
Eva

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