Freitag, 30. August 2013

Bin ich eine Stalkerin?

Liebe Mathilda,

heute mal wieder was aus meinem therapeutischem Leben. Auch nach den vielen Jahren als Therapeutin gibt es sie noch: die erleuchtenden, erhellenden Momente, die mich berühren und durch die ich immer weiter lerne. Ich sprach heute mit einer todunglücklichen Klientin, die vor 4 Tagen ein Kind bekommen hat. Der Kindsvater (Ihr "Jackpot"), zu dem sie eine so called On-Off-Beziehung führt, hatte sich 2 Tage vor der Geburt abgewendet. Er ist mit einer anderen Frau verheiratet, hat bereits ein Kind und lebt mit der Klientin in einer Affäre. Sie suchte sich bereits mehrmals solche Beziehungen aus. Ihre Erzählung wirkte sehr reflektiert. Sie nahm ihn sehr in Schutz aufgrund der "Doppelbelastung". Und ihr war wohl auch klar, dass sie diese gewisse Aufregung brauche, die sie in einer Zweierbeziehung nicht auf lange Sicht finde. Auch könne sie sich vornehmen, gegenüber dem Kindsvater zu schmollen, aber spätestens wenn sie sich wieder begegnen, können sie sich nicht mehr böse sein und fallen übereinander her. Eröffnen gewissermaßen die nächste Runde.

Wie viele Runden braucht sie? 

Wie viele Runden brauche ich? 

Es kommt mir schon so vor als würde mit Flo regelmäßig alles von Neuem beginnen. Euphorie - Ärger - Abkühlung - Euphorie - Ärger - Abkühlung... Zudem ist mein Geständnis nun bald so lange her, dass ich irgendwie den Zustand von ganz früher erreiche: Nämlich, dass ich nicht weiß, ob er noch bescheid weiß. Und dann finde ich diese ganze Überlegung wieder so absurd, weil er wissen wird, dass mein Gefühl für ihn über kollegiale Freundlichkeit hinausgeht. Und es ist absolut ärgerlich, dass er - sobald ich etwas kühler ihm gegenüber bin - den Kontakt zu mir intensiviert. Heute sprach er mich beispielsweise auf ein Buch ("Einfach die Welt verändern") an, das ich ihm vor Unzeiten mal ausgeliehen hatte. Er nahm auf eine sehr konkrete Stelle in dem Buch bezug, an die selbst ich mich nicht erinnern konnte. Ich hab seine Post-it-Notiz, die er mir bei der Rückgabe des Buches aufgeklebt hatte, aufgehoben und alles, was in meiner Wahrnehmung passierte akribisch beschrieben, aber an seine erinnerte Textstelle konnte ich mich beim besten Willen nicht erinnern. Später habe ich nachgeschaut und sie stimmte tatsächlich. Hat er ein Gedächtnis wie ein Elefant oder sich heimlich Kopien von dem Buch gemacht und seine Wände damit tapeziert? Dass er sich solche Details merkt, beeindruckt mich. Es ist so gemein, dass er immer wenn ich mich ihm gegenüber etwas stärker fühle, wieder irgendwo durchkommt. Wenn ihm das nicht bewusst ist, ist er wirklich arm dran. Wenn es ihm aber bewusst ist, ist es gemein!

Wie auch immer. Fest steht, dass ich auf ihn reagiere. Es ist fast wie automatisiert und lässt sich trotz Abkühlung nicht abstellen. Ich komme heute morgen auf die Station und frage mich, ob er schon da ist. Ich trete durch die Tür und ungelogen rieche ich seinen Duft, sein Parfüm, was auch immer. Ich denke "Oh, Flo ist schon da!" Und so ist es auch. Manchmal verunsichert mich die Frage, ob das, was ich tue Stalking ist. Ich sah neulich einen Film mit 80er Jahre-Schick darüber ("Das Biest") und war unangenehm berührt, was Verliebtheit anrichten kann, wenn sie nicht erwidert wird und man sich darin verfängt. Und dann frage ich mich, ob ein Blog über Flo schreiben auch Stalking ist. Oder den Sprechstundenplan durchforsten, damit ich weiß, wo er sich wann aufhält. Wo fängt Stalking überhaupt an? Wikipedia sagt dazu: "Häufig sind es jedoch die eher „leichten“ Stalking-Handlungen, wie etwa das Telefonieren [mach ich eigentlich nur selten und aus "fachlichen" Gründen] oder das Sich-Aufhalten in der Nähe des Opfers [mache ich allerdings schon soweit es sich realisieren lässt], die den überwiegenden Anteil aller Handlungen ausmachen. Je nach Charakter, Belastbarkeit und Empfindlichkeit des Opfers können aber bereits diese „leichteren“ Formen des Stalkings beim Opfer psychische und physische Reaktionen hervorrufen, die sich mit Dauer des Stalkings entsprechend steigern und individuell zu ernsthaften Erkrankungen führen und sich bis zur Arbeitsunfähigkeit entwickeln können." Kontakt zu mir scheint ihm nicht unangenehm zu sein. Ist das jetzt ein Ausschlusskriterium? Ich will keine Stalkerin sein.
Liebe Grüße von Eva

Donnerstag, 29. August 2013

Prosa zur Tagcloud

Liebe Mathilda,

mit hoffentlich gesteigerter Spannung kommt hier meine heutige Geschichte, die zum Inhalt ja vor allem "Flo", "Eva" und "Urlaub" hat.
Auf unserer Station herrscht allgemeine Verwirrung über den Termin unserer nächsten Teambesprechung. Ein sensibles Thema, da sich manche Mitarbeiter nicht eingeladen fühlen, aber gerne möchten, andere zum anvisierten Termin nicht kommen können und wieder andere nicht kommen wollen usw. Es ist schier unmöglich, alle Wünsche unter einen Hut zu bringen. Ich brüte mit Schwester S. über einer Terminverschiebung. Wir kommen auf den 10. September als größten gemeinsamen Nenner, natürlich nicht ohne Kollateralschäden, aber immerhin. Um alles wasserdicht zu machen, wollen wir den Termin unwiderbringlich im elektronischen Kalender verewigen und als wir den Tag aufrufen, steht dort, dass Herr Dr. Mollis im Urlaub ist. Die Schwester ist recht verzweifelt, weil ihr Flo´s Abwesenheit als Kollateralschaden zu zentral erscheint. Mir geht diese Herumgeeierei auf den Keks. Und mit meiner neu gewonnenen Kommunikationsbereitschaft und der Vertrautheit mit Flo sage ich mutig, dass ich das mit Flo kläre. Um keine Erwartungsängste aufkommen zu lassen, versuche ich das gleich umzusetzen. Und schwuppdiwupp erwische ich Flo gemütlich in seinem Sprechzimmer sitzend gerade ohne Klienten. Mein Timing! Ich erkläre ihm die Situation ... und er findet den neuen Termin "toll". Ich sage ihm:
Eva: "Das kann ich mir vorstellen, denn Du bist da im Urlaub."
Flo: "Was bin ich?" fragt er verwirrt. Ja, das frage ich mich auch manchmal. An Situationskomik kaum zu übertreffen, dass ich ihm sagen muss, wann er Urlaub hat. Soll ich ihm auch noch sagen mit wem er gerne Urlaub machen würde? Ich sage grinsend:
Eva: "Ich wollte eigentlich nur fragen, ob Du untröstlich bist, wenn Du nicht dabei sein kannst." Er überlegt kurz, was meine Worte bedeuten.
Flo: "JA ... Ich will unbedingt dabei sein!" sagt er wieder in seiner gespielt übertriebenen, absolut entwaffnenden Art. Er möchte! Dabei sein! Unbedingt! Ich möchte das ja auch unbedingt und finde sofort einen neuen Vorschlag:
Eva: "Sollen wir um eine Woche, auf den 17.9. verschieben?"
Flo: "Ja, gut! Da bin ich ja dann wohl wieder da..." sinniert er und überlegt wahrscheinlich noch, was er in diesem Urlaub so vorhatte. Bischen verpeilt der Gute. Also verschieben wir auf den 17.9., was ich natürlich erst von Schwester S. bestätigt haben möchte. Als auch sie zustimmt, töne ich amüsiert über die Station:
Eva: "17.9. - alle Anwesenden erklären sich einverstanden" und habe die Lacher auf meiner Seite. 
Dies also eine weitere kleine Begegenheit auf dem Weg, eine ganz normale, kollegiale Beziehung zu meinem Objekt der Begierde zu entwickeln.


Liebste Grüße,
Eva

Mein Tag als Tagcloud

Liebe Mathilda,

als Vorgeschmack hier eine Tagcloud von meiner heutigen Geschichte (Lässt sich mit www.worlde.net ganz einfach selbst kreieren):



Du darfst gespannt sein :-)

Mittwoch, 28. August 2013

Überdosis Flo am Halbjahrestag

Liebe Mathilda,

abgekühlt ... ich weiß nicht. Verändert, abgekühlter, tiefer? Ich kann ihn mittlerweile wohl besser einschätzen. Ob ihn das entzaubert, sei mal dahingestellt.
Ich treffe ihn heute Morgen bei Kaffee und Kuchen, weil eine Mitarbeiterin Geburtstag hat. Flo sitzt schon da und ich bekomme den Platz neben ihm zugewiesen. Habe ich mich natürlich nicht gewehrt dagegen. Er diskutiert gerade mit einer Schwester über einen Termin (Das scheint wohl hier die Lieblingsbeschäftigung aller zu sein: Terminabsprachen mit dem ach so beschäftigten Dr. Florian Mollis), den sie für eine Klientin bei ihm vereinbaren will. Bei unserem heiß begehrten Arzt ist kein Reinkommen mehr in den übervollen Sprechstundenplan. Plötzlich sagt er (und ich spüre schon im Ansatz, dass jetzt eine verschmitzte Äußerung von ihm kommt, bei der er sich so richtig gehend in seiner Begehrtheit sonnt - unheimlich sexy!): 

Flo: "Ich hätte da um 10 Uhr noch was frei." 

und streicht mir dazu mit seiner linken Hand sanft und herausfordernd über meinen rechten Oberarm. Ich spüre ja förmlich seinen Ehering an mir schaben! 10 Uhr war ja wie wir uns erinnern mein hart erkämpfter Bewerbungstermin mit ihm. Ich muss grinsen und weiß, dass er das nicht ernst meint, sondern mich aus der Reserve locken will - und scheiße, mir fällt nichts Schlagfertiges ein. Also grinse ich kuchenessend vor mich hin und nicke unbeeindruckt dazu, was soviel bedeutet wie "Jaja, träum weiter. Da kommst Du nicht mehr raus!" Flirtet er mit mir, wenn er so etwas sagt?
Später treffen wir uns wieder und besprechen in einer Ärzterunde die Klienten. Ich gebe laut und bestimmt einen Kommentar über eine schwierige Klientin ab, setze mich mit meiner Meinung gegen die erfahrene und selbstbewusste Stationsärztin durch. Und Flo hört auf MICH! Als er mich nach einem anderen Klienten fragt, kann ich ihm nur zurückmelden, dass er das Gespräch bei mir abgelehnt hat. Er macht darauf eine Geste, die ich deuten würde als kämpferisches "Das schaffen wir schon" und sagt, dass ja lediglich wichtig sei, dass er das Angebot gehabt hätte. Hier passen verbal und nonverbal nicht zusammen. Bin noch am Grübeln, was er mir sagen will. Auf jeden Fall ist es etwas, was ein gutes Gefühl macht. Ich habe heute oft Blickkontakt mit ihm. Wir verstehen uns. Es macht Spaß, mit ihm zu arbeiten. Es würde noch mehr Spaß machen, nicht nur mit ihm zu arbeiten. Wir lachen gemeinsam über eine weitere Klientin. Trotz vollem Programm ist heute eine lockere Stimmung vordergründig. Irgendwann muss ich mich aus der Runde verabschieden, um mit meinem Programm noch durchzukommen. Ich genieße es, diejenige zu sein, die sich verabschiedet. Flo ruft mir hinterher:

"Wir sehen uns ja gleich."

Ok, den Termin habe ich ihm aber richtig schön eingetrichtert. Scheint so als sei er jetzt selbst heiß darauf. Da ich mich aschließend in einem Klientenkontakt zeitlich verschätze, komme ich zu meinem eigenen Vorstellungsgespräch zu spät. Flo hat sich bereits bei der Bewerberin vorgestellt und untersucht noch eine Klientin, um auf mich zu warten. Ein gutes Gefühl als ich dann verspätet auftauche (es war nur die berühmte Viertelstunde) und ein Riesenschritt für eine überkorrekte Therapeutin. Ich begrüße die Bewerberin und bitte sie herein. Dann klopfe ich an Flo´s Tür. Er kommt sofort hinterher :-) Es ist eine sehr angenehme Atmosphäre. Jedenfalls für mich, für Flo scheint es auch so, für die Bewerberin vielleicht. Ich führe das Gespräch. Ganz selbstverständlich, ruhig, freundlich, bestimmt. Flo steigt dann und wann mit ein. Wir spielen uns den Ball zu, sehen uns oft an und ergänzen uns prächtig. Er lobt mich in unrealistische Höhen hinein. Ich werde nicht rot dabei. Ich möchte gerne wissen wie das auf die Bewerberin wirkt, der wir auch viel Raum geben. Es passt einfach - kann ich nur immer wieder sagen. Aber dieser Depp begreift das einfach nicht. Es ist zum Vor-die-Wand-laufen!

Später verwickelt mich Flo in ein weiteres Gespräch. Ich war in seinem Sprechzimmer. Wie war ich da noch hingeraten? Ich war auf jeden Fall nicht darauf eingestellt mich dort niederzulassen, sinke aber gemächlich auf einen Stuhl direkt an seinem Schreibtisch als ersichtlich wird, dass er mal gar nicht unter Zeitdruck steht oder sich das zumindest nicht anmerken lässt. Er fragt dies und das und unter anderem, was ich von der Bewerberin halte. Praktisch lädt er mich richtig ein, bei ihm zu verweilen. Er fände die Bewerberin sehr nett usw. Ich sage, dass das wohl auch mein Problem ist, dass ich die meisten Bewerberinnen sehr "nett" finde und am Ende eine Entscheidung schwierig wird. Er meint zustimmend, dass das wohl einfach so sei, dass man "mit einer Menge Leuten tolle Sachen auf die Beine stellen kann." Wie ist das nun wieder zu verstehen? Florian - der harmoniesüchtige Arzt, der mit allen klar kommt? Besonders wenn es Frauen aller Art sind? Und er fand unser Gespräch sehr angenehm, wie wir beide das zusammen gemacht haben. Jaaa, mehr davon! Er fände es sinnvoll, sich vorher die Bewerbung anzuschauen. Oh Mann, wovon rede ich eigentlich die ganze Zeit? Habe ich ihm schon letzte Woche versucht begreiflich zu machen, dass er über die Bewerberin bescheid wissen muss. Ich nicke darauf nur und er sieht sein Selbstverschulden ohne zusätzlich Worte ein. Er will sich beim nächsten Gespräch vorher informieren. Na, das ist ja mal ein Fortschritt. Vor allem kommen wir auf die noch ausstehenden Gespräche zu sprechen, an denen er offensichtlich interessiert ist. Wir entwickeln einen Plan wie es weitergeht. Ich kann nicht verhehlen, dass ich mich immer noch soooo wohl bei ihm fühle. Enthronen tue ich ihn sicherlich auch, weil er bis zu einem gewissen Grad sehr durchschaubar ist. Und trotzdem kann ich seine Aufmerksamkeit, seine Schmeicheleien, seine Flirterei genießen. Wenn es das einzige ist, was von ihm zu bekommen ist, muss das wohl so ein.
 
Genau heute vor einem halben Jahr hatte ich mein erstes und einziges Treffen mit Flo. Es ist unglaublich, dass das schon so lange her ist und noch unglaublicher, dass wir das beide voreinander nie wieder erwähnt haben. Gerade so ein Tag ist eine sensible Zeit. Da erinnere ich mich zurück an die Stunde als ich ihm sagte, dass ich eine Affäre mit ihm möchte, und stelle immer wieder fest, dass das so mit das Mutigste war, was ich jemals getan habe. Und als wüsste Flo von diesem Halbjahrestag hat er heute die Reste meiner verliebte Seite so sehr bedient, dass ich das alles andere als abgekühlt nennen kann. Eine übermäßige Portion Wertschätzung, Anerkennung über alle Maßen, flirtende Bemerkungen von der Seite und sogar eine zielgerichtete Berührung seinerseits (mit Ehering-Schabe-Garantie). Ich bin eben ein Verliebtheitsjunkie und es wäre doch so schade, wenn ich seine Avancen nicht genießen könnte.

Liebe Grüße,
Eva

Montag, 26. August 2013

Keine Ausreden mehr

Liebe Mathilda,


als Flo heute morgen den Besprechungsraum betritt und mich wegen etwas ansprechen will (und ich das natürlich mit meinen weiblichen Multitasking-Wahrnehmungskanälen sofort merke) bin ich in ein Gespräch mit einem Oberarzt verwickelt. Flo verstummt sofort als er das mitbekommt und lässt mich zu Ende sprechen. In der verbleibenden Zeit, in der ich spreche, setzt er sich leise neben mich und ich genieße sein Warten, seine Aufmerksamkeit. Als ich das Gespräch beende, beugt sich Flo zu mir und sagt, dass er letzte Woche leider nicht aus seiner Sprechstunde herausgekommen sei. Ich weiß sofort, dass er bezug auf mein Therapeutentreffen nimmt, zu dem er wohl gerne dazugekommen wäre. Er sagt tatsächlich "Schade" und wirkt ein kleines bisschen traurig. Ich genieße das und denke so bei mir "Selbst schuld". Ich genieße überhaupt seine Aufmerksamkeit, sein Hofieren. Als ich in der Besprechung etwas notieren will, suche ich nach einem Stift und frage ihn danach. Er überschlägt sich fast als er den Kuli aus seiner Brusttasche zieht und klickt mir sogar schreibfertig die Mine heraus. Danke auch für so viel Aufmerksamkeit! Wir sind wie zwei Magnete, die ständig aufeinander reagieren. Weit entfernt von einer pragmatischen Kollegenbeziehung. Wir berühren uns, wenn auch nicht körperlich. Als nach der Besprechung alle aufstehen, bringt er mich von meinem üblichen Weg ab (Hat er von Anfang an und das ist der Grund für dieses blog :-). Er lässt mich vorausgehen, drängt mich sanft aus dem Besprechungsraum und erzählt mir währenddessen von einer neuen Klientin, zu der er "als Mann" (so hat er sich tatsächlich genannt) nicht durchdringen kann. Ich  lasse mich natürlich gerne drängen, vor allem von ihm als Mann. Bin ja ein Magnet. Schon klar, bezüglich der neuen Klientin ist er an meinen Expertenkünsten interessiert. Und ich bin mal wieder an ihm interessiert. Ich mache ihm einen Vorschlag wie ich mich der Patientin "als Frau" annehmen kann. Warum müssen wir das so betonen, dass wir "Mann" und "Frau" sind? Warum genügt nicht "Arzt" und "Therapeutin"?
Irgendwie möchte ich ihm gerne noch unser "tête-à-tête" am Mittwoch - das nächste Bewerbungsgespräch - schmackhaft machen, aber es passt in der Situation nicht. Also warte ich mit der unglaublichen Geduld, dass meine Chance schon kommen wird. Und sie kommt. Nach einigen Stunden frage ich mich, wo er eigentlich ist als ich auf die Station gehe. Aus Mangel an Teilnehmern müssen wir einen Qualitätszirkel verlegen und das muss, will ich ihm sagen. Und schon begegnet er mir telefonierend auf einer Rollstuhlrampe. Wie romantisch! Ich mache gestisch klar, dass ich etwas von ihm will (Will ich doch immer). Er lehnt sich sein Telefonat zu Ende führend ans Geländer. Ich lehne mich wartend ans gegenüberliegende Geländer. Es hat was von einem heimlichem, schüchternen Treffen auf dem Schulhof (Träum weiter!). Als er zu Ende gesprochen hat, sage ich zu ihm:

Eva: "Nächste Woche ist der Qualitätszirkel." 

Flo: "Oh Gott!" sagt er gespielt und wir müssen beide lachen. Ich erläutere ihm, wer an besagtem Termin alles nicht teilnehmen kann und wir kommen darin überein, dass wir es verschieben sollten. Jetzt kommt meine Chance, ihn auf das Bewerbungsgespräch anzusprechen:

Eva: "Und dann gibts am Mittwoch den zweiten Versuch mit dem Bewerbungsgespräch." sage ich süffisant grinsend. Er denkt laut nach:

Flo: "Ja, ich werde mich hier in der Sprechstunde vertreten lassen. Und OP´s stehen auch nicht an. ... Da gibt´s also keine Ausreden mehr für mich." sagt er lachend und mit diesem Funkeln in den Augen. Das ist sooo sexy und verdammt gemein von ihm. Ich kann nicht anders als mitzulachen und zurückzufunkeln. Sind wir Kollegen oder Mann und Frau? Oder beides? Haben wir nicht längst die andere seite betreten?

"Just take me to the other side
I see that sexy look in your eyes
And I know, we ain’t friends anymore
If we walk down this road"
Jason Derulo - The other side


Liebste Grüße von Eva

Sonntag, 25. August 2013

Der Sonntagabend-Ermutigungspost: I'm pretty but I'm not beautiful ...

Liebe Mathilda,

um noch einmal meine Frage vom Freitag aufzugreifen, ob "frau" so etwas - ein blog schreiben und damit die Gefahr eingehen, Tino und Flo unglücklich zu machen - überhaupt tun darf, kommt hier mein Ermutigungspost:




Das würde ich sofort unterschreiben. Ich bin nicht fehlerlos und habe mich in moralische Grenzbereiche begeben. Und trotzdem war meine Intention, gut zu den Menschen, die ich liebe zu sein. Und damit meine ich auch mich selbst.

Ach so tiefgründige Grüße von
Eva

Freitag, 23. August 2013

Zwei Männer und ein Blog

Liebe Mathilda,
es bleibt weiter aufwühlend. Auf meiner ständigen Suche nach Möglichkeiten, etwas mit Flo zusammen zu machen, agiere ich aktuell wohl ziemlich herum. Bestes Beispiel sind die Bewerbungsgespräche. Das ist doch großer Mist, dass ich mich so von ihm abhängig mache. Ich will das nicht! Ich meine, ich will Flo. Und da ich ihn nicht bekommen kann, konstruiere ich mir künstliche Situationen herbei. Es ist schon hart, das so festzustellen.
Ich sah Flo heute nur kurz und informierte ihn über die Therapeutenrunde, die heute stattfand. Es war ein nettes kurzes Gespräch, in dem er tatsächlich auf eine mail bezug nahm, die ich ihm letzte Woche geschrieben hatte. Er fing an, sich zu rechtfertigen oder zu entschuldigen?, dass er sie erst gestern gelesen habe. Er sei ja nicht da gewesen usw.. War ihm irgendwie wichtig das zu sagen. Vielleicht ringt er ein bisschen um mein Wohlwollen? Keine Ahnung. Manchmal bin ich recht verzweifelt und empfinde das zwischen ihm und mir als eine ziemlich verkorkste Situation. Wie soll das nur weitergehen? Werden wir je einen normalen Umgang miteinander finden? Wie kann ich mich beim Herumagieren erwischen und das vermeiden? Und will ich überhaupt einen "normalen" Umgang mit Flo?
Zu Hause dagegen läuft es besser. Wir hatten gestern einen sehr schönen Sommerabend auf dem Balkon. Gute Gespräche, über Tinos Situation, über meine Situation. Zusammenfassend komme ich bei der ganzen "2 Männer und ein Blog"-Geschichte ziemlich gut weg (und frage mich ständig, ob ich das verdient habe, um dann wieder festzustellen, dass ich gar nichts Verwerfliches getan habe): Ein Tino, der meine Aufmerksamkeit sucht und mich umgarnt. Ein Flo, der (auch an meiner Aufmerksamkeit interessiert) vermutlich einen normalen Umgang mit mir sucht. Und ein Blog, in dem ich meine (verletzten) Gefühle verarbeiten kann ohne direkt mit Flo zu kommunizieren. Tolle Erkenntnis!
Sei lieb gegrüßt und gedrückt,
Eva

Donnerstag, 22. August 2013

Davidoff-Werbung oder Klinikgelände?

Liebe Mathilda,

krass! Flo geht gerade an meinem Fenster vorbei. Ich schaue auf seinen schönen Rücken als er doch echt die Frechheit besitzt, sich seinen Kittel vor meinem Fenster auszuziehen und sich fast räkelnd an meinem Fenster vorbeizuschieben. Mir klappt die Kinnlade runter! Er streicht sich im Gehen genüsslich mit beiden Händen die Haare zurück und blickt in die Sonne. Bei allem Sabberpotential kommt mir das so bekannt vor. Das kenne ich doch irgendwo her. Nur woher? Richtig, aus der Davidoff-Werbung:



Unglaublich, was der sich einbildet! Tsss!

Unglaubliche Grüße,
Eva

Mittwoch, 21. August 2013

"Wo ist denn die Frau Cormann?"

Liebe Mathilda,
 
er hat es geschafft 
... mich zum Lachen zu bringen und auch ...
... mich wütend zu machen!
 
Es beginnt so gut heute Morgen. Als ich mit dem Auto auf die Arbeit fahre, ist Flo plötzlich an der letzten Kurve hinter mir. Ich habe den Impuls, den Wagen hochzuziehen und ihm davonzufahren, beschließe dann aber in Anbetracht meiner PS-bedingten Chancenlosigkeit, ganz gemächlich - so als würde er nicht hinter mir sein - weiterzufahren. Das Auto vor mir bringt die ganze Schlange zum Stoppen. Zeit zum Gucken und Krone richten. Ich vermeide unter stärkster Anstrengung einen Blick in den Rückspiegel, genieße aber, dass er das vielleicht tut. Schon etwas krank dieser Gedankengang. Wozu brauchen wir überhaupt reale Begegnungen, wenn man sich doch ALLES! vorstellen kann? könnte man hier ketzerisch fragen. Was ich mir aus verzweifelter Sehnsucht nicht alles ausmale - aus Mangel an wirklichen Begegnungen.
 
Die Autoschlange setzt sich in Bewegung und reißt mich aus meinen Gedanken. Wir fahren weiter und parken mit identischen Wendemanövern quer zur Fahrbahn ein. Fast wie in einer Choreografie. Er steigt aus, ich steige aus. Er wartet auf mich und ich gehe auf ihn zu. Nach der üblichen und total normal kollegialen Begrüßung läßt Flo eine Bemerkung übers Wetter fallen. Heute ist es noch mal so schön warm! Ich stimme mit ein und nach der Tür, die er mir aufhält (mein Ritter) ist unser gemeinsamer Weg fürs Erste beendet. Ich treffe ihn in der morgendlichen Besprechung wieder, in der wir nebeneinandersitzend miteinander kichern. Als er am Ende der Besprechung aufstehen und gehen möchte, halte ich ihn gekonnt zurück. Nonverbal wie so oft, denn für Worte reicht so eine subkortikale Aktion nicht aus. Ich rücke näher an ihn heran und stelle ganz subkortikal einen intensiven Blickkontakt her, woraufhin Flo sich (rückenmarksgesteuert?) wieder setzt. Brav! Ich spreche ihn nun ganz pragmatisch auf das Bewerbungsgespräch heute um 11 Uhr an und deute auf den soeben geänderten OP-Plan, der genau um 11 Uhr eine Operation für ihn vorsieht. Er meldet mir deutlich und nicht so wischi-waschi zurück, dass er den Termin vernommen hat und wirkt ganz zuversichtlich, dass das trotz Operation klappen wird. Er wendet sich sofort an die noch anwesenden anderen Operateure und teilt mit, dass er lieber etwas später operieren würde. Ganz kortexgesteuert geht es dann weiter:
 
Eva: "Ich würde mich gerne vorher mit Dir absprechen wie wir in dem Gespräch vorgehen." Flo hat daraufhin eine ganz einfache Lösung parat:
 
Flo: "Das ist doch klar: Du führst das Gespräch ..." Ich führe das Gespräch! Natürlich! Trotzdem bin ich ein bisschen überfordert von der Verantwortung, die ich bisher nicht wahrhaben wollte. Komplett kann er das nicht auf mich abwälzen:
 
Eva: "Ich wünsche mir da Unterstützung von dir. Ich habe so etwas noch nicht so oft gemacht." Ich verschweige, dass ich das überhaupt noch nicht gemacht habe. Muss mich ja nicht kleiner machen als ich bin.
 
Flo: "Ich auch nicht." sagt er entwaffnend und grinst. Das wirkt entlastend auf mich.
 
Eva: "Dann sind wir ja schon Zwei." Gemeinsames behämmertes Kichern, was eher was von zwei pubertierenden besten Freundinnen als von zwei flirtenden Kollegen hat, und Abgang.
 
Nach einer langen weiteren Besprechung, an der wir auch beide teilnehmen und die ausgiebig Rückzugsmöglichkeiten für Schmachtgedanken bietet, mache ich mich auf den Weg auf die Station als Flo unverhofft dazustößt und mich begleitet. Ich renne durch seine unvorhergesehene Präsenz fast gegen eine Wand und kann mich gerade noch abfangen. Der Typ bringt mich wirklich ins Schwanken. Er beginnt sogleich mit Fragen (das ist dann wohl das Vorbereitungsgespräch):
 
Flo: "Welche Bewerberin kommt denn heute eigentlich?" Ich gebe ihm einen kurzen Steckbrief und auch noch Infos über die anderen Bewerber.
 
Flo: "Und was stellst Du Dir denn für Deine neue Kollegin vor?" Unter freiem Himmel (unser Weg schlängelt sich ja hier ein bisschen durchs Gelände) sage ich:
 
Eva: "Ich wünsche mir schon gerne eine spezialisierte Therapeutin auf der neuen Stelle." Ehe ich das weiter ausführen kann, fragt er als wenn er diese Frage schon immer fragen wollte:
 
Flo: "Was bist Du eigentlich?" Bitte? Er weiß nicht, was ich bin? Eine Frau, die eine Affäre mit ihm will! Er meint das natürlich auf meine Qualifikation bezogen. Wäre ja so als wüsste ich nicht, ob er Pathologe oder Internist ist. Nee, nee Florian Mollis, das nehm ich Dir nicht ab. Wahrscheinlich hat er Angst falsch zu liegen und fragt deswegen. Um meinen Verdacht zu überprüfen, setze ich zur Gegenfrage an und sage flirty:
 
Eva: "Wenn Du das wirklich nicht weißt, dann rate doch mal..." So ein bisschen dürfte er mich doch einschätzen können. Ich - die Frau, die ihm wohl kaum noch mehr hätte von sich zeigen können. Er kriegt daraufhin kein Wort raus und ich erlöse ihn, indem ich ihm meine genaue Berufsbezeichnung nenne:
 
Eva: "Ich bin Verhaltenstherapeutin." Nun kann er meine therapeutische Qualifikation genau einordnen, oder auch nicht.
 
Auf der Station angekommen, beenden wir unser Gespräch und trennen uns ... um uns 30 Sekunden später in der Teeküche wiederzutreffen und festzustellen, dass wir beide noch einen Kaffee trinken wollen. Abschied und Neubeginn - den ganzen Tag. Er lenkt das Thema plötzlich auf OP-Angelegenheiten und erklärt mir unter tollem Blickkontakt eine spezielle Operationsmethode. Ganz klar, wenn er meine therapeutischen Angelegenheiten nicht auseinanderhalten kann, redet er jetzt über sein Fachgebiet. Nie wurde eine OP-Technik schöner erklärt. Und vor allem, was er anders als alle andere machen würde. Schon verschärft, dass ich mich bei ihm sofort unters Messer legen würde. Das sind schon irgendwie vertrauliche Informationen, die er mir da sagt (und auch gezielt einsetzt!). Schmacht! Und dann fragt er ohne Überleitung, ob sich denn auf die Therapeutenstelle auch ein Mann beworben hat. Wo kommt das jetzt her? Angst um seine männliche Ehrenposition? Ich bejahe das und erkläre ihm, dass ich bereits mit dem einzigen männlichen Bewerber telefoniert habe und er leider auf einen größeren Stundenumfang aus war. Zum Milchkaffee philosophieren wir über die Vor- und Nachteile weiblicher und männlicher Therapeuten in unserem Fachgebiet. Ein letzter Schluck und meine diesmaligen Abschlußworte: "...und ein Mann in unserem Fachgebiet, das kann ja auch ganz gut funktionieren ... wie man sieht." Lächle und gehe! War das too much? Was ist schon too much?
 
Und nun ist es vorüber. Mein Vorstellungsgespräch mit der potentiellen neuen Kollegin, dass ich dann doch ganz ohne ihn führte. Ich glaube nicht wirklich, dass er etwas dran drehen konnte, dass er die ganze Zeit im OP war. Um kurz vor 11 Uhr wird mir die Bewerberin angekündigt. Ich greife zum Hörer, um Flo zu informieren, dass sie da ist ... und sehe ihn im selben Momen über den Hof in den OP gehen. Mist! Besetzt! Auch er versucht mich vermutlich gerade anzurufen. Ich probiere es dreimal bis ich durchkomme. Er meint, dass ich schon mal anfangen soll. Er sei dann in einer halben Stunde da. Ich weiß schon zu dem Moment, dass das nicht klappen wird (Männer und Zeitmanangement!) und finde das einfach nur scheiße. Am Ende habe ich eine Stunde mit der Bewerberin gesprochen, die wirklich sehr sympathisch ist und die gerne noch jemandem aus dem Team kennengelernt hätte. Nach 1 1/2 Stunden muss sie gehen und hat Flo, der immer noch operiert, nicht gesehen. Nach knappen zwei Stunden kommt Flo eiligen Schrittes aus dem OP und ruft den Schwestern auf der Station zu:
 
Flo: "Wo ist denn die Frau Cormann?" Ich rufe aus der Küche, in der ich gerade mein Brötchen esse, zurück:
 
Eva: "Hier ist die Frau Cormann!"
 
Er ist abgehetzt, hat noch die Abdrücke von seinem Mundschutz im Gesicht. Sieht aus als hätte er ihn sich gerade noch abgerissen (So haben sie das nach erfolgereicher Rettung in Emergency Room immer gemacht. Sehr sexy!). Das besänftigt mich etwas, weil es irgendwie süß aussieht. Aber nur ein kleines bisschen! Er fragt nach der Bewerberin:
 
Flo: "Ist sie noch da?"
 
Eva: "Sie ist vor 20 Minuten gegangen. Musste los." Er merkt, dass ich sauer bin und beginnt sofort mit einer beschwichtigenden Erklärung, warum es im OP so lange gedauert hat. Irgendwie tut er mir leid, aber irgendwie auch nicht!
 
Flo: "Wie ist es denn gelaufen." Ich gebe ihm eine kurze Rückmeldung und schließe mit:
 
Eva: "Neue Chance in einer Woche.", wo ich das nächste Gespräch terminiert habe. Habe irgendwie Lust, ihn ein bisschen schmoren zu lassen. Ich bin mir im Klaren darüber, dass das Spielchen sind. Wenn nichts anderes geht, gehen wohl nur noch Spielchen.

 
Wütende und grinsende Grüße zugleich,
Eva

Dienstag, 20. August 2013

Entzaubern oder nicht?

Liebe Mathilda,
ich entzaubere ihn also? :-( Weiß nicht, ob ich darüber froh - weil ich ihn ja nicht ewig anhimmeln kann - oder enttäuscht sein soll - weil ich ihn ewig anhimmeln will. Und so kommt heute ein ganz melancholischer "Miss-you"-Post, bei dem mich Trentemoller durch seine subtil-nachdenklichen Klänge unterstützt.
Ich habe Sehnsucht. Woran liegt das? Daran, dass Flo heute den ganzen Tag auf einer Fortbildung und damit einfach nicht hier ist. Und das nachdem wir unsere Redefähigkeit wiedererlangt haben. Das hätten wir so schön ausbauen können und nun diese unnötige Unterbrechung. Wer weiß was morgen wieder anders ist. Naja, bei aller Sehnsucht ist trotzdem anzunehmen, dass ich auch morgen weiter mit Flo kommuniziere. So richtig mit Worten! Denn ich habe für morgen um 11 Uhr ein Vorstellungsgespräch terminiert, das wir gemeinsam absolvieren werden. Die Bewerberin, eine zierliche, zurückhaltend wirkende Frau. Bin gespannt auf sie wie auf die anderen Bewerberinnen, denn immerhin ist meine neue Kollegin darunter, mit der ich später eng zusammenarbeiten werde. Eine gute Freundin von mir - Betti Faber - hat sich auch beworben. Ich könnte mir sehr gut vorstellen hier mit ihr zu arbeiten, aber sie weiß von meiner Affinität für Flo. Ist das ein Hinderungsgrund oder ein Einstellungskriterium? Bin auch gespannt, ob Flo es tatsächlich zum Termin schafft und wie das ist. Ich habe weder allein noch mit ihm in meinem Leben ein Vorstellungsgespräch geführt. Es warten also neue, spannende Erlebnisse auf mich .. versuche ich mir einzureden, damit die Sehnsucht nicht ausufert.
Sehnsuchtsvolle Grüße,
Eva

Montag, 19. August 2013

Eisbrecher fahren nur in kaltem Wasser

Liebe Mathilda,
 
es ist vollbracht! Wir sprechen wieder miteinander und das ist ebenso entlastend wie ernüchternd.
 
Als ich heute morgen in den Besprechungsraum komme und mir gerade überlege, ob und wie wir uns weiter anschweigen werden, sehe ich Flo auf seinem altbekannten Stammplatz. Dann erinnere ich mich, dass ich alles daran setzen wollte, dieses alberne Schweigen zu brechen, denn "Love is louder!" Ich steuere motiviert auf meinen Stammplatz links neben Flo zu ... und sehe zu meiner Enttäuschung einen Kittel auf dem Stuhl hängen. Das hatte ich ja jetz so gar nicht eingeplant. Ich stutze, zögere, verliere meine Motivation und will mich schon woanders hinsetzen. Doch ist derjenige, der das Schweigen bricht:
 
"Der hängt hier wohl nur so rum."
 
meint er einladend zu mir mit einem netten kleinen Seitenblick auf das Relikt. Erleichterung, denn endlich hat einer von uns beiden etwas gesagt. Bei mir schaltet sich automatisch der gewohnt-vertraute Flo-Modus ein. Ich sage:
 
"Ah, wie das Handtuch am Pool."
 
und setze mich auf den markierten Stuhl neben ihn. Mit diesen beiden profanen Sätzen ist das Eis gebrochen. Wir sind uns gleich einig, dass wir Markierungen von Liegeplätzen an Pool und Strand unmöglich finden. Zwanghafte unter sich eben! Und Flo berichtet sogar davon, solch ein Verhalten in der Sauna beobachtet zu haben. Skandal! Ja, das sind nun mal die Themen, die der morgendliche Small talk hergibt. Ich erfahre, dass Flo in der Sauna am liebsten auf die oberste Bank geht, mit einem schönen Aufguß dazu. Wollte ich das wissen? Jaaaa! Ich frage:
 
"Liegend oder sitzend?"
 
und stelle mir Flo, den staatlich-geprüften Narzissten, dazu natürlich in Sauna-Aktion vor. Ich male mir zu dem Zeitpunkt schon aus wie ich dir das heute schreibe. Ich bin innerlich amüsiert, dass ich das hier sofort verwursten kann. Flo meint eindeutig:
 
"Sitzend."
 
Alles andere wäre ja auch zu gefährlich :-) Schon klar, Flo setzt in gewohnter Art seine Grenzen und unterbricht damit meine Sauna-Räkel-Fantasien. 
Etwas Gutes hat das, denn wir reden wieder miteinander und ich kann das Gespräch auf die Bewerbungsgespräche hinlenken, die wir beide zusammen führen sollen. Er erinnert sich schuldbewusst, dass er sich noch nicht geäußert hat. Ich muss das Gespräch mehrmals wieder auf das Thema bringen, weil wir abgelenkt werden. Es gibt viel zu erzählen, wenn man eine Woche lang geschwiegen hat. Flo fragt wie lange denn so ein Gespräch dauert. Häää? Na, wie lange denn wohl. Manchmal wünsche ich mir einen "richtigen" Mann an seiner Stelle, der mal Klartext redet. Es hat den Anschein, dass er die Bewerbungsgespräche lieber vermieden hätte. Naja, viellicht nicht ganz so, aber heiß drauf ist er auch nicht. Mir wird das Herumgeeier irgendwann zu bunt und ich sage, dass ich einfach Termine vereinbare und er ja dann gucken kann, ob er dazu kommt. Das will er ja nun auch nicht. Er rudert zurück und sagt, dass wir nach Lücken im OP-Plan und im Sprechstundenplan schauen und dann Termine blocken sollten. Uhh, endlich ein konkreter Vorschlag. Er meint, dass wir uns das zusammen im Kalender am PC ansehen. Na bitte, geht doch. Nur dass unser Gespräch wieder unterbrochen wird und es immer noch nicht klar ist wie und wann wir zusammen vor den Terminplaner eines Computers kommen. Ein letzter Versuch als wir uns dicht - zu dicht - gegenüberstehen und einen intensiven - zu intensiven - Blickkontakt haben. Ich sage etwas wehrlos:
 
"Sprich mich einfach an, wenn Du..."
 
Daraufhin fällt er mir ins Wort (hätte eh nicht gewusst wie ich den Satz hätte beenden sollen):
 
"Nein, sprich Du mich lieber an."
 
Ok, der Herr Dr. Mollis will angesprochen werden, was ich heute gefühlt 10mal getan habe. Lässt sich wohl gerne von mir ansprechen? Das war morgens um 8 Uhr. Dann habe ich bis 13 Uhr gebrütet und abgewartet. Irgendwann sehe ich ihn in sein Arztzimmer gehen und beschließe ihm zu folgen, die Sache zu einem Abschluss zu bringen. Ich bewaffne mich mit meinem Kalender und gehe zu ihm:
 
"Hallo?"
 
"Hallo"
 
ruft er mir freudig entgegen als er mich sieht. Es ist sofort klar, was ich möchte, muss also nur erscheinen und ihn noch nicht mal ansprechen :-) Er schließt irgendein Dokument auf seinem Rechner und fängt an sich durch die Terminlisten zu klicken. Ich setze mich über Eck auf einen bereitstehenden Stuhl. Wahrscheinlich spürt er, dass ich ohne einen konkreten Termin hier nicht mehr weggehe. Zwischendurch kommt ein Anruf von einer CÄ oder "Kathrin" wie er sie nennt. In der Liga kann ich wohl nicht mitspielen. Ich mache es mir gemütlich, mache mich auf dem Stuhl schön breit, beuge mich zu ihm vor, damit ich auch auf den Bildschirm schauen kann. Bei den veralteten Rechnern dauert es lange bis ein Kalender geöffnet ist. Ich genieße die Zeit, denn es ist Zeit mit IHM. Wir überlegen, hier oder da, wo es am besten passen würde, schauen uns an. Ziemlich nah, aber ich kann dem ganz gut standhalten. Und da ist es wieder: das Gefühl, dass sich alles etwas abgekühlt hat. Soll ich dem glauben, oder soll ich weiter in seinen Blicken nach etwas Verborgenem, etwas Unausgesprochenem suchen? Gefühlsmäßig komme ich wohl so langsam auf dem Boden an. Das ist soooo langweilig, lässt sich aber auch nicht ändern. Eisbrecher fahren nun mal nur im kalten Wasser. Seit wir wieder reden, reden wir ganz "normal" miteinander und es regt sich bei mir nicht viel. Während des Schweigens konnte ich mir noch einreden, dass etwas zwischen uns komisch oder unnormal ist. Jetzt ist es klar und sachlich ... und langweilig. Natürlich schaue ich gerne zu, wenn er - der Prächtige - erscheint, aber das Ausmaß meiner Reaktion ist gerade weit entfernt von einer Abrissbirne. Es hat auch damit zu tun, dass er mich sooo "normal" behandelt und ich mir denke, dass ich da nicht ewig etwas hineininterpretieren kann. Das Ergebnis unserer gemeinsamen Terminsuche: mittwochs vormittags werden wir wie zwei ganz normale Kollegen zusammen Vorstellungsgespräche führen. Und ich bin sehr darauf gespannt wie diese Gespräche sich gestalten werden.
 
Liebe Grüße von Eva.

Sonntag, 18. August 2013

Der Sonntagabend-Ermutigungspost: Love is louder ...

Liebe Mathilda,

ich jammere, dass Flo nicht mit mir spricht. Ich drohe daran zu zerbrechen. Doch auch ich spreche nicht. 





Was also tun?
Den Anfang finden und reden! "Solange sich etwas bewegt, passiert nichts" (Schlimmes) sagte Albert Einstein. Und ob er dies nun als ein physikalisches Gesetz oder als eine allgemeine Lebensweisheit verstand, ist egal. 

Beendet das Schweigen.
Redet.
Schreit.
Singt.
Liebe ist nicht so leise.
Love is louder.





www.loveislouder.com 


Liebe Grüße,
Eva

Freitag, 16. August 2013

Männer, die den Mund aufmachen

Liebe Mathilda,
ja, er hat den Mund aufgemacht! Und ich spreche von Kai. Seine Resümee nach erfolgreichem Zahnarztbesuch "Zum Zahnarzt geh ich immer gerne" :-)
Was ich von Flo nicht behaupten kann. Im übertragenen Sinne, denn seine Zähne sind perfekt. Aber wenn er schweigt, dann schweigt er. Und er ist milionenmeilen weit entfernt davon, die Zähne auseinander zu kriegen. Und ich finde demzufolge nur schwer Kontakt zu ihm. Schon gar nicht über ein so brisantes Thema wie die Klientin mit der Affäre, deren Therapeutin und Arzt wir beide sind. Dazu bräuchte man einen Mann, der den Mund aufmacht. Es ist so eine eingefahrene, verschwiegene Situation, so dass ich kaum weiß wie ich mich da rausbewegen kann. Seit Tagen - und gefühlten Wochen! - haben Flo und ich kein Wort gewechselt. Wenn wir wie es auf unserer eng beieinander stattfindenden Arbeit kaum zu vermeiden ist aufeinandertreffen, ignorieren wir uns größtmöglich. Und das Merkwürdigste dabei ist, dass ich noch nicht mal weiß warum. Es ist nichts zwischen uns vorgefallen. Nichts, was ich bemerkt hätte. Und bei meiner Hypersensibilität um alles, was Flo betrifft, wäre es sehr unwahrscheinlich, dass ich was übersehen könnte. Vielleicht liest er dieses blog? fällt es mir paranoiderweise dann ein. Er würde sich, sollte er mein blog jemals finden, unter Garantie darin wiederfinden. Seine Formulierungen, unsere Wortwechsel (als es noch welche gab) sind so eindeutig beschrieben, dass er sich erkennen würde. Aber wie sollte er jemals auf den Gedanken kommen, sich in einem blog zu suchen? Es müsste schon ein sehr großer Zufall sein. Und dann weiß ich auch nicht, was mir lieber wäre: dass Flo - der Grund für dieses blog - jemals davon erfährt oder eben nicht. Ja, das blog ist vor allem für mich. Es ist eine Art Tagebuch, in dem ich meine Gedanken und Gefühle verewige, für die in meiner realen Welt kein Platz ist. Ohne diese Möglichkeit würde ich platzen. Es ist schwer zu erklären wo die ganze Energie und die ganze Zeit herkommen, die ich seit einem Jahr in diese vielen Seiten hier investiert habe. Es ist vielleicht kaum zu verstehen, dass eine einzelne Person der Auslöser sein soll. Du meintest neulich zu mir, dass Flo das gar nicht verdient hätte. Die detailierteste Beobachtung all seiner Regungen und die Interpretation jeder Handbewegung. Er ist sicherlich einer der bestbeobachteten Ärzte. Doch wer ist es wert, dass über ihn ein blog geschrieben wird? 
Ein Superstar? 
Ein Lebensretter?
Ein Held? 
Eine historische Person? 
Ein unerwiederte Liebe? 
Das wirkliche Leben?
...

Wenn er nicht bald mit mir spricht, drehe ich noch durch.

Eva