Liebe Mathilda,
Und wieder ist ein Arbeitstag vorbei. Leider! muss
ich sagen, denn wenn ich die Arbeit verlasse, fehlt mir etwas Wichtiges.
Ich überlege die ganze Zeit wie ich es nur anstellen könnte. Es ist mir klar,
dass er es erstmal bemerken muss. Und doch kann ich nicht konkret werden, weil
ich mir natürlich die ganze Zeit überlege, dass ich Konstantin nicht verletzen
möchte, denn ich bin auch so gerne bei ihm. Wenn ich nur daran denke wie ich
mich gestern Abend an ihn gekuschelt habe, dann denke ich: Ja, hier bin ich zu
Hause. Und doch wird von Flo noch etwas anderes bedient, das ich kaum erklären
kann.
Ich muss das hier aufschreiben. Es ist die
einzige Möglichkeit für mich, meine Gedanken zu sortieren, weil es ja so bar
jeder Kontrolle, so abwegig ist, was ich empfinde. Ich überlege mir allen
Ernstes: Wie baggere ich einen Familienvater an? In erster Linie ist er ja ein
Mann. Dass er nun auch Ehemann und Familienvater ist, ist eine Tatsache, die
ich hinnehme und die ich auch nicht verändern möchte. Oder macht ihn gerade das so
interessant? Es tut mir auch sehr leid für die Kinder und die Ehefrau und allen
voran auch für Kai und Konstantin, aber ich will auch meine Chance. Das klingt
ziemlich skrupellos für eine Frau, die noch vor 2 Monaten fragte: Wie schreibe
ich etwas auf, was ich nicht sagen darf?
Aber nun bin ich über diese Hürde hinweg. Nun ist
Thema: Wie mache ich ihn auf mich aufmerksam ohne dass die ganze Welt es
mitbekommt? Ich möchte ja lediglich, dass er sanft darauf gestoßen wird, ob ich
ihn als Frau interessieren könnte. Ich möchte nur, dass er darüber nachdenkt.
Natürlich kann er ablehnen. Und das sollte wohl auch jeder glückliche Ehemann
und Familienvater machen. Aber ist er das? Ich kenne ihn doch gar nicht. Ich kenne ein paar Ausschnitte von ihm, bemerke wie er meistens reagiert,
bemerke was er von mir registriert - was wohl im Moment nur Fachliches sein
kann. Oder doch mehr? Er kitzelt manche Sachen aus mir heraus wie gestern das mit dem
Organspendeausweis. Ich empfahl ihm eine Veranstaltung zu diesem Thema, so dass
er seine Klienten und deren Angehörige darauf aufmerksam machen kann. Und er
fragte mich neugierig, ob ich einen habe. Tja, ich habe keinen solchen Ausweis
und kann in seiner Gegenwart auch nicht lügen. Ich brauchte nichts zu sagen, er
konnte mir das sofort ansehen. Wenn mir meine anderen Gefühle auch so im Gesicht
stünden... Er erzählte mir dann, dass er und seine Frau Organspendeausweise
hätten. Ich erzählte ihm, dass ich damals meine Eltern dazu ermutigt hätte. Er
sagte grinsend, dass er es sehr bezeichnend finde, dass ich meine Eltern
ermutigt, den Ausweis für mich selbst aber nicht ausgefüllt habe. Fast so als
sei er froh, einen menschlichen Zug, etwas hinter der fachlichen Fassade an mir
entdeckt zu haben. Und ich sage darauf um Haltung bemüht (Warum bloß Haltung? Könnte
man sich fragen, wo er mir so eine Möglichkeit bietet, persönlicher zu
werden!!!): "Ja, das kannst Du jetzt interpretieren." Es kam mit leicht
scherzhaften Unterton aus meinem Mund. Motiviert war die Aussage jedoch von
erheblichen Fluchttendenzen. "Nein, mache ich aber nicht." kam dann beruhigend
von ihm, was wiederum ernst gemeint schien. Ich glaubte ihm das. Die Frage ist,
ob ich ihm mit meiner rosaroten Brille irgendetwas nicht glauben würde.
Was soll ich nur machen? In seiner Gegenwart
komme ich mir vor wie ein verliebtes, hilfloses Hühnchen! Bin ich 12? Wo ist
der Unterschied? Heute Morgen war ich mutig. Ich habe auf dem Parkplatz im Auto
auf ihn gewartet. Und 1-2 Minuten später parkt er tatsächlich neben mir ein.
Ich steige aus und warte auf ihn. Das war erstmal alles, was ich bereit war,
ihm zu zeigen: Ich warte auf ihn. Er winkt mir aus seinem Auto heraus lächelnd
zu. Dann steigt er aus und es trifft mich wie eine Abrissbirne. Mein Gott,
sieht er heute Morgen gut aus in dieser leichten Dämmerung. Im Film legen sie
dafür Farbfilter drüber, um die richtige Stimmung zu erzeugen. Doch hier war
alles perfekt. Der Teufel persönlich könnte man meinen! Das Gesicht strahlend
und er eingehüllt in eine Lederjacke. Ich komme mir heute auch sehr attraktiv
vor, bin mit meinem Spiegelbild äußerst zufrieden. Frisur sitzt, Pickel
kaschiert, Klamotten cool. Hoffentlich sieht er das auch so. Ok, Smal talk und
dabei einfach ein Bein vor das andere setzen während wir in das Gebäude gehen.
Mein Gehirn ist zu 90% damit beschäftigt seine Erscheinung zu verarbeiten. Das
tue ich auch noch als sich unsere Wege trennen und ich meine Bürotür
aufschließe. Sein Gesicht in der Dämmerung – der Hammer – sorgt für verklärte
Blicke auf meinem Gesicht. In diesem unbeobachteten Moment sehe ich ihn am
Fenster vorbeigehen. So wie ich ihn sonst nicht sehe, denn sonst ist er ja
schon erheblich durch seinen Kittel verdeckt. Er noch in zivil, in dieser
kurzen Lederjacke, die den Blick auf seinen [räusper] kompakten Po – EINEN WIRKLICH
SCHÖNEN PO! - freigibt. Ja, nun ist es raus. Das ist es, was Frauen denken,
wenn sie einen schönen Mann von hinten sehen. Klar schauen wir auch gerne auf
Gesicht und Lippen, aber eine schöne Rückansicht ist auch nicht zu verachten.
Es… er – der Po – hat mich richtig angesprungen. Abrissbirne 2. Teil. Macht er
Sport oder so, um sich einen solchen Po zu leisten? Mit Sicherheit. Oh Mann,
das sind seelische Abgründe, aber was soll ich tun? Das sind nunmal meine Gedanken.
Richard David Precht hat dazu auch wieder etwas
Passendes zu sagen:
"Ein anderer Mensch [Flo] übt einen starken sinnlichen
(und
zwar nicht ausschließlich sexuellen [Nicht?]) Reiz auf mich aus.
Fast automatisch
werde ich von diesem Reiz [Po] »ergriffen«
– eine Emotion [Pomotion].
Im
zweiten Schritt merke ich, dass etwas mit mir passiert
– ein Gefühl.
Ich
reagiere nicht nur auf die von dem anderen Menschen ausgehenden Signale [Die
Po-Signale], sondern ich versuche sie zu begreifen [Macht er Sport? Ist das
angeboren? Wo hatte er den Po bisher versteckt?], einschließlich der Gründe,
die mich zu meiner Reaktion veranlassen. [Pofetischismus? Oder einfach nur ein
superschönes Merkmal an ihm, das mich umhaut?]“
Wenn ich Flo von vorne begegne
versuche ich wirklich alles Mögliche in meinen Blick zu legen, aber ich muss
mich wohl von dem Gedanken verabschieden, dass er meine Gedanken lesen kann.
Ich muss da wahrscheinlich deutlicher werden. Nicht wahrscheinlich. Ich muss da
deutlicher werden. Ich schaue ihn öfter an. Öfter als bevor mir klar wurde,
dass ich ihm ein Zeichen geben muss. Nicht so oft, dass er oder andere es mitbekommen. Das ist ja auch so ein
Problem, dass ich mir immer Sorgen mache: Was denken die anderen? Was ist so
wichtig daran, was die anderen denken? Wie mache ich es ihm begreiflich, dass
ich ihn mehr als nur sympathisch finde? Wie stelle ich es an? Es soll nicht zu
plump sein, aber trotzdem deutlich. Aber nicht so deutlich, dass es ihn
erschreckt oder ich das Gesicht verliere. Wie stelle ich es an? Wie würdet Ihr
das anstellen? Ich sollte auf jeden Fall nicht an seinen Po denken. Das hilft
nicht dabei, vollständige Sätze zu bilden. Sabber!
Lüsterne Grüße,
Eure Eva
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