Sonntag, 7. Oktober 2012

"Hast Du alles getan? Wenn nicht, fang an."


Ich hatte mir ja vorgenommen, mutiger zu werden. Ganz im Sinne des oben genannten Rosenstolz-Mottos. Und nun ist so viel passiert, bin ich so angefüllt mit Ereignissen, dass ich platzen könnte. „Passiert“ ist nicht das richtige Wort, denn ich habe ja aktiv dazu beigetragen, dass sich die Begegnungen mit Flo so gestaltet haben. Und nun muss ich schreiben, schreiben, schreiben. 
Vor Glück.
Vor lauter Ungeheuerlichkeit.
Vor lauter Zweifel.
Vor lauter Verliebtheit.



Ich war mir am Donnerstag ziemlich sicher, dass es nicht so viele Gelegenheiten geben würde, auf ihn zu treffen, da ich mich um Sachen kümmern musste, die einfach keine Schnittstellen zu ihm boten. Ich musste früher auf die Arbeit, was schon mal eine erneute Parkplatzbegegnung ausschloss usw. Nun ja, anscheinend hat sich diese Erwartungslosigkeit ausgezahlt, denn ich wurde mit einer Überdosis Flo belohnt. Vielleicht auch weil ich ganz entspannt an den Arbeitstag herangegangen bin, da in meiner Herzensangelegenheit sowieso nichts Entscheidendes passieren würde. Ich traf auf ihn als wir den Konferenzsaal betraten. Nur er, ich und eine Praktikantin. Ich nutzte die Gelegenheit, ihn so fast für mich allein zu haben und verwickelte ihn in ein Gespräch über einen Vortrag, den er demnächst halten sollte. Ihm war ein größenwahnsinniger Titel vorgegeben worden, den er jetzt verzweifelt zu füllen versuchte. Spaßhaft eingeschüchtert schilderte er mir seine Vorgehensweise. Und ich hielt die ganze Zeit Blickkontakt, legte meinen "Große-Augen-Hallo-hier-bin-ich-Nimm-mich-wahr"-Blick auf. Es lag eine tolle Spannung in der Luft, zumindest auf meiner Seite. Ob er was bemerkt? Er ist ja emotional nicht gerade auf den Kopf gefallen. Ob er es richtig interpretiert, ist eine andere Frage. Ich will sagen, er bemerkt bestimmt, dass da irgendetwas ist, aber vielleicht nicht was. Er flirtet eindeutig mit mir (Juhu!), aber dazu später. Er lenkte das Gespräch auf ein Buch, dass ich kürzlich in größerer Runde empfohlen hatte. Die arme Praktikantin saß die ganze Zeit daneben und wurde ziemlich außen vor gelassen. Es war mir, die sonst stets um das Wohl aller anderen bemüht ist, EGAL, denn jetzt hatte ich die Chance mit ihm zu sprechen. Das Buch, "We are what we do", handelt von kleinen Dingen, die die Welt etwas freundlicher, umweltbewusster und glücklicher machen. Z.B. beim Einkaufen nicht schon wieder neue Plastiktüten kaufen, sondern immer eine Tüte dabeihaben. Er berichtete mir, dass er gestern bei seinem Wocheneinkauf ein schlechtes Gewissen bekam, weil er an die ganzen Plasiktüten denken musste. Cool, er nimmt meine Zeichen nicht nur wahr, sondern sie sogar bis in sein Privatleben mit. Ich kann mir Flo schlecht beim Einkaufen vorstellen. Wahrscheinlich halte ich ihn für alles andere als einen normalen Menschen. Ich glaube, er ist beeindruckt von meinen Ideen. Ich bin stolz auf mich. Und warum kauen wir beide manchmal parallel Kaugummi? Wer hat damit angefangen? Er? Ich? Tut er es mir gleich? Oder ich ihm? Fragen über Fragen. An Absurdität kaum zu übertreffen. Ich weiß nicht, ob ich Kaugummikauen interpretieren sollte. Welche Konsequenzen soll das haben? Er kaut. Ich kaue. So ist das eben.
Es folgte eine ausgedehnte Visite, in der er sich von seiner charmantesten Seite zeigte. Er geht auf die Klienten toll ein, geht auf deren Ebene und findet Kontakt zu ihnen. Ich beobachtete wie er sich mit einer Frau, deren Lebenszeit sehr begrenzt ist, verbündete und diese sichtlich gerührt und stolz darauf war. Er nutzt seinen Charme. Und ich kann da nicht einfach aufhören nachzudenken, wie viel Charme er denn wohl bei mir einsetzt. Er wird das auch bei mir gekonnt einsetzen, weiß mein Verstand. Aber es funktioniert! Es funktioniert absolut. Wo hat er das bloß gelernt? Oder ist er einfach so? Ich möchte so gerne mehr über ihn wissen.
Am Freitag saßen wir in großer Runde bei einem Kaffee zusammen. Es ging um verschiedene Klienten und ich sagte bei einer bestimmten Klientin, an die ich mich nicht im Detail erinnern konnte, dass ich da wohl im Urlaub gewesen sein muss. Da sagt Flo doch tatsächlich (und absolut vorsätzlich) in einem neckenden Tonfall: "Das sagst Du aber oft. So lang war doch dein Urlaub gar nicht.“ Ich erwiderte schlagfertig „Nicht lang, aber zum richtigen Zeitpunkt.“ Es fühlte sich so gut an, dass ich ihm so etwas darauf entgegnen konnte. Damit noch nicht genug, kam dann tatsächlich heraus, dass er ebenfalls im Urlaub gewesen war als die besagte Klientin behandelt wurde und er sie auch nicht persönlich kannte. Er hatte sichtlich Spaß an diesem Gespräch und setzte für die anderen zur Erklärung noch einen drauf: "Wohlgemerkt waren wir nicht zusammen im Urlaub." und meinte damit klarstellen zu müssen, dass wir unseren (fast zeitgleichen) Urlaub nicht zusammen verbracht hatten. Der Kollege, der die Klientin beschrieben hatte darauf: Es sei ihm völlig egal, ob wir zusammen im Urlaub waren, da er Flo´s Frau und meinen Mann nicht kenne. Uiuiui! Vorsicht, ins Schwarze getroffen. Innerlich entglitt mir so einiges. Ich konnte nur wie alle anderen über dieses Wortspiel mitlachen. Etwas erwidern konnte ich nicht mehr. Wir lachten und Flo sah mich an. Ich wurde rot, auch das noch. Vielleicht ein kleiner Hinweis für ihn, was so in mir tobt. Und nebenbei auch noch Hinweise für alle anderen. Wenn er registriert hat, dass ich Farbe ins Gewicht bekam, wird er sich wohl auch fragen warum?
Es tut so gut in seiner Nähe zu sein. Kann sein, dass ich mich da in etwas verrenne, aber es fühlt sich toll an. Er geht auf mich ein. Er hat sich gestern ehrlich mit mir gefreut, dass ich ein lange erkämpftes berufspolitisches Ziel erreicht habe. Ja, auch andere gratulierten mir, aber so ist das mit der Aufmerksamkeitsfokussierung, wenn man verliebt ist. Ich freue mich riesig auf die kleine, aber sehr feine und illustere Jubiläumsfeier unserer Klinik, die am 19. Oktober stattfindet. Er wird da sein. Ich auch. Wir werden, nachdem wir „zusammen im Urlaub waren“, einen ganzen Abend zusammen verbringen. Ich werde Fotos machen. Es ist so verwirrend und aufregend. Es ist einfach schön und es wird kompliziert oder sehr schmerzhaft werden. Ich werde es genießen solange es geht und ich selber nicht das Gesicht verliere. Denn am Ende wird gefragt:

"Hast Du wirklich gelebt?
Hat Deine Welt sich wirklich gedreht?“

Verliebte Grüße von
Eurer Eva

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