Freitag, 28. September 2012

Bella Notte

Das ist eine schöne Nacht, um sich Gedanken zu machen. Mit Enaudi geht das besonders leicht und fließend. Wunderschön...



Ich habe immer viel geschrieben. In Umbruchszeiten! Ist dies eine Umbruchszeit? Die Pubertät war eine Umbruchszeit. Als ich 25 war, war auch eine Umbruchszeit. Und nun? Nun ist wieder einmal eine Zeit, in der ich mir über meine Gefühle klarwerden muss. Meine Gefühle sind sehr klar. Die großen Fragen sind: 
- Was fange ich damit an? 
- Wie werde ich sie los? 
- Oder wie verfolge ich sie weiter? 
- Was bringt das alles? 
- Verrenne ich mich nicht in etwas auf der Suche nach dem einmaligen Gefühl der Verliebtheit? 
- Wird es von Dauer sein? 
- Oder sich wie alles verändern? 
- Ahnt er etwas davon? 
- Hat er überhaupt die Möglichkeit, etwas davon zu bemerken? 
- Traue ich ihm nicht zu, selbst entscheiden zu können, was er damit anfangen soll? 
- Möchte ich überhaupt, dass er etwas davon bemerkt?

Ich bin gerade in einem kleinen beschaulichen Ort und gebe ein Seminar. Ich habe mich im Job etabliert. Man hat mir die Turmsuite gegeben, das wahrscheinlich beste, was sie hier zu bieten haben. Ich fühle mich gut und in gewissem Maße unabhängig. Und ich überlege die ganze Zeit wie ich ihn darauf aufmerksam machen kann, was ich für ihn empfinde. Ich glaube nicht, dass er es bisher bemerkt hat. Dazu bin ich viel zu kontrolliert und zurückhaltend. Ich lasse ihm gar keine Chance. Ich kann es ihm doch nicht einfach so sagen. Vielleicht würde er dicht machen, überrascht sein, sich zurückziehen. Ich muss ihm die Chance lassen, mich auch als Frau zu sehen und nicht nur als Kollegin. Ich muss ihm zutrauen, dass er das selbst entscheiden kann. Sicher kann er das selbst entscheiden. Er ist schließlich ein Mann. Und es ist nicht verwerflich, ihn mit so etwas zu konfrontieren. Springt er darauf an, sind es immerhin 2, die daran Schuld haben. 
Ich habe in den letzten Wochen meine moralische Sichtweise geändert. Ich hatte da immer einen sehr festen Standpunkt. Fremdgehen in der Ehe - ein absolutes Tabuthema. Ehemänner unantastbar. Aber nun bin ich damit selbst konfrontiert. Ich habe mich in einen verheirateten Mann verliebt. Und auch ich bin in einer eigentlich glücklichen Beziehung liiert und habe ein Kind. Ich habe das nicht geplant. Es weder gewollt, noch forciert. Aber es ist nunmal da. Und deswegen nehme ich mir das Recht heraus, es zu genießen. Und ich überlege mir tatsächlich, ob ich Fremdgehen würde. Das hätte ich mir vor 4 Monaten niemals vorstellen können. Aber nun bestätigt sich mein Gefühl schon so lange, dass ich überlegen muss wie es damit weitergeht. Ok, ich muss ihm also die Chance lassen, dass auch er mir gegenüber ein Gefühl entwickeln könnte. Ich wage gar nicht, daran zu denken. Oh doch, ich wage es. Für diese Chance muss er auf mich aufmerksam werden. Ich muss ihm zu verstehen geben, dass ich mehr als Sympathie für ihn empfinde. 
Ich kann nicht mit der Tür ins Haus fallen. Ich muss nur irgendwie mal mit ihm allein sein. Das bin ich eigentlich öfter mal. Wenn ich nur an unsere gemeinsamen Zweiervisiten denke oder die ganzen Gänge durch die Klinik. Oder ich bitte ihn mal zu mir zu kommen. Oder ich entwickle ein gemeinsames Projekt mit ihm. 
Bei all diesen Gedanken und bei den Gedanken an ihn werde ich fast wahnsinnig. Wenn ich an das Wummern in meiner Brust denke als ich diese Woche im Auto hinter ihm fuhr. Ich bin immer so bemüht, dass er nichts bemerkt, aber gerade das ist falsch. Er muss und er sollte etwas bemerken. Alles andere wäre eine Abwertung ihm gegenüber. 
Er sieht gut erholt aus seit er aus seinem Urlaub wiedergekommen ist. Er hat sich am Strand noch eine leichte Bräune im Gesicht geholt. Und er sieht einfach sehr gepflegt aus. Die Hemden sind gebügelt. Er sieht immer gut aus. Und er begrüßt mich sooo nett, was ich natürlich erwiedere. Ich komme in den Konferenzsaal und er ist noch nicht da. Dann kommt er rein - ich freu mich innerlich absolut darüber - begrüßt alle und begrüßt mich noch einmal extra. Er sieht mich so schön an dabei. Er hat keine Ahnung, was er damit in mir auslöst. Und noch weniger weiß er, was in mir losgeht, wenn wir uns zufällig berühren. Er versucht alles möglich zu machen, worum ich ihn bitte. Heute morgen ging er mit mir noch zu einer Patientin obwohl er in den OP musste. Wenn ich ihm vielleicht etwas deutlicher zeigen würde, was ich sonst noch so möchte, würde er mir vielleicht auch diesen Wunsch erfüllen?
Und dazu muss er darauf aufmerksam werden. Ich drehe mich im Kreis. Wie soll ich es nur anstellen? Ich weiß nur, dass ich schwer verliebt bin. Ich habe natürlich auch Angst vor den möglichen Konsequenzen. Das alles überlege ich mir unter absoluter Geheimhaltung gegenüber Konstantin. Ich bin nicht bereit, meine Beziehung zu verlassen. Das war ich keinen einzigen Moment. Ich überlege mir allen Ernstes ob und wie ich fremgehen würde. Ich weiß nicht, ob es die schlimmste Reaktion von Flo wäre, wenn er mich ablehnen würde. Damit müsste ich leben und vor allem weiter arbeiten. Würde er jedoch darauf eingehen, wären die Konsequenzen nicht auszudenken. Doch, ein bisschen wären die Konsequenzen schon auszumachen: Wir würden eine leidenschaftliche Affäre beginnen, uns verlieben und uns hingeben... und unsere Familien zerstören. Ich weiß wirklich nicht, was schlimmer ist: dass er darauf eingeht oder dass er mich als Frau ablehnt. Ich weiß nur, dass sich etwas bewegen muss. Ich muss es bewegen. Ich muss es anstoßen.
Soll ich wirklich? Ja, Nein, Ja, Nein, Ja, Nein!

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