Freitag, 18. Oktober 2013

Sekretärinnen-Fantasien



Liebe Mathilda,

gefährliche Indoorspielplätze kann ich da nur sagen.

Was machen Mütter mit bewegungsfreudigen Kleinkindern bei Sturzregen? Richtig, sie besuchen Indoorspielplätze oder Spielcafés. Gestern die Variante einer nachgebildeten Baustellenlandschaft inklusive einem von Kinderhand zu bedienendem Kran mit überdimensionalem Schwenkarm. Für Kleinkinder total ungefährlich, weil der Schwenkarm weit über ihre Köpfe fegt. Für Eltern umso gefährlicher, da genau in Augenhöhe. Und so traf mich der Schwenkarm mit nicht geahnter Wucht 2 Zentimeter unterm rechten Auge. Es hat mich richtig ausgehebelt. Ich ging erstmal zu Boden. Glück, dass es nicht direkt ins Auge ging. Ein Platzwunde bescherrte mir das Ungetüm trotzdem. 

Nach ausgiebiger Kühlung meines Auges und meisterhafter kosmetischer Wiederherstellung, fand ich mein Erscheinungsbild heute morgen so erträglich, dass ich zur Arbeit gehen konnte. Ich setzte meine neue Brille auf (statt wie üblich Kontaktlinsen zu tragen), so dass tatsächlich kaum noch was von dem blauen Auge zu sehen war. Auffallend ist nun die Brille, die meine Kollegen einfach nicht gewohnt sind, und nicht meine Gesichtsverletzung. Auch Herr Dr. Mollis hat mich noch nicht mit diesem Exemplar von Brille gesehen. Er sieht mich und sagt sehr authentisch und spontan: "Das steht Dir aber sehr gut." Na, dafür lässt man sich doch gerne ein blaues Auge hauen. Ich freue mich halb tot über dieses Kompliment und erzähle ihm gleich mitleiderheischend, dass ich die Brille nicht ganz freiwillig trage. Ich schildere ihm den Besuch im Indoorspielplatz und meinen Knock-out. Er verzieht mitleidend-amüsiert das Gesicht. Dazu sieht er mich ausgiebig an und variiert dabei seinen Blickwinkel. So als müsse er die Brille aus verschiedenen Perspektiven überprüfen. Es gefällt mir, so von ihm angesehen zu werden. Und mir kommt der Gedanke, dass er ja nun mit meinem konkreten Brillenabbild seine Sekretärinnen-Fantasien ausbauen, die ich ihm seit dem Großvater-Dialog vom Montag einfach mal unterstelle. Ich würde sooooooooooo gerne wissen, was er denkt, stelle aber fest, dass ich vor nem Jahr auch schon mal soweit war, dass ich sooooooooooo gern wissen wollte, was er denkt. Das einzige, was anders ist: dass er ziemlich genau drüber bescheid weiß wie ich für ihn empfinde oder empfunden habe. Als Fakt wird das zwischen uns wohl nicht mehr wegzudenken sein, aber Zeiten ändern sich, so dass er auch nicht davon ausgehen kann, dass sich an meinen Gefühlen nichts ändert.


Dann beginnt er davon zu erzählen, dass er im November einen Vortrag über "Fakten und Mythen von Krankheit und Siechtum" halten müsse und bittet mich und zwei andere Kollegen um Mithilfe, ihm Krankheitsythen zu nennen. Neben ein paar Mythen, die mir sofort einfallen und den Ursachenattributionen für Krankheit wäre das doch eine schöne Möglichkeit, ihm eine einfallsreiche, flirtige mail zu schreiben. Vielleicht kann ich ja noch den einen oder anderen Mythos mit einfließen lassen wie "Ehebrecher leben länger." :-) Ich weiß, vielleicht mache ich es schon wieder zu groß, ABER ES IST EINFACH GROSS. Und lustig wäre es allemal. Fällt Dir noch ein Mythos ein, den ich zum Besten geben könnte?
 
Bebrillte Grüße von Eva

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