Mittwoch, 23. Oktober 2013

Ich kann´s nicht lassen: Krankheitsmythen auf dem Silbertablett

Liebe Mathilda,


was tue ich während ich versuche mich zu Hause, fernab von der Arbeit und von Flo, um mich selbst zu kümmern und innezuhalten? Ich kann´s nicht lassen! Ich schreibe ihm eine mail. Über die Krankheitsmythen, zu denen er sich Input gewünscht hat.


Lieber Florian,
ich habe mir Gedanken zu den Krankheitsmythen gemacht, die sich m.E. vor allem um die Krebserkrankungen ranken. Mir sind folgende begegnet. Manche haben mich erschüttert:

1. Krebs = Siechtum und Tod: "Wenn ich z.B. Krebs habe, sterbe ich daran."

2. Krebs und Schmerzen:
  • Krebs tut nicht weh. Ergo: Krankheiten, die weh tun, sind kein Krebs. (Wird manchmal als Rechtfertigungsgrund benutzt, um eine Diagnostik aufzuschieben.)
  • Aber auch das Gegenteil kursiert als Mythos: Wenn der Krebs dann wehtut, ist er so fortgeschritten, dass es zu spät für eine Heilung ist.
3. Krebs und Alter:
  • Krebs im Alter wächst langsam oder gar nicht mehr.
  • Einige ältere Patienten waren überrascht, dass sie im Alter überhaupt noch Krebs bekommen können. Als gäbe es eine magische Altersgrenze, ab der man "sicher" ist.
  • Und auch wieder das Gegenteil: Junge Menschen bekommen keinen Krebs.
4. Krebs und Hormone:
  • Hormone schützen vor Krebs.
  • In Schwangerschaft und Stillzeit könne man z.B. keinen Krebs bekommen.
  • Krebs hört in der Schwangerschaft auf zu wachsen!
5. Krebs und Psyche:
  • Es gibt eine Krebspersönlichkeit.
  • Mythos vom Fighting Spirit (Spiegel-Studie aus den 70ern): Durch einen ausgeprägten Lebenswillen, kann ich den Krebs überwinden. Um einen Krebs zu überstehen, muss ich kämpfen und darf mich niemals gehen lassen.
  • Oder in abgeschwächter Form: Positives Denken erhöht die Überlebenschancen.
6. Krebs und seine Ursachen:
  • "Der Krebs ist entstanden, weil / nachdem ich mich gestoßen habe / hingefallen bin."
  • Krebs verursacht durch zu enge Kleidung, Deosprays
  • Krebs verursacht durch den Verlust eines nahen Angehörigen, Trennung
  • Krebs verursacht durch Stress, zu viel Arbeit, sich immer um andere kümmern, nicht an sich selbst denken
  • "Meine Mutter ist mein Krebs."
  • Konflikte als Krebsursache: linke Brust = Konflikt mit der Mutter, dem Kind; rechte Brust = Partnerschaftskonflikt
  • Krebs als Bestrafung für "falsches" Verhalten: Abtreibung [Hier gab es eine Studie, die eine erhöhte Krebsrate bei Frauen, die einen Abbruch hatten, aufwies. Der Zusammenhang ist aber nicht als ein ursächlicher zu sehen, sondern eine Korrelation also eher wie der Zusammenhang, dass es in Dörfern mit vielen Storchennestern auch viele Kinder gibt.]; Fremdgehen; Unehrlichkeit; "schlechte" Gedanken; das Brechen der 10 Gebote -> Praktisch alle Auswüchse "unmoralischen" Verhaltens müssen als Krebsursache herhalten. Wie gut, dass ich nicht "unmoralisch" bin, obwohl: Ist ja nur ein Mythos :-)
7. Krebs und Diagnostik / Behandlung:
  • Röntgenstrahlen verursachen Krebs.
  • Krebs breitet sich durch Operation, Biopsie oder wenn auf irgendeine Art Luft an den Tumor kommt aus.
  • "Wenn ich Chemotherapie bekomme, ist der Krebs weit fortgeschritten / besonders schlimm."
  • "Wenn der Psychologe oder der Seelsorger an mein Bett kommen, gibt es keine Hoffnung mehr."
  • "Wenn ich Morphium bekomme, ist es sowieso zu spät." Und als Schluss daraus: "Wenn ich noch kein Morphium nehme, kann ich den Krebstod verhindern."
8. Und tatsächlich immer noch: Krebs ist ansteckend!

Hoffe Dir hilft das für Deinen Vortrag weiter.
Liebe Grüße von Eva.


Du bist also mal wieder live dabei. Ich finde schon, dass das ne tolle Aufbereitung ist. Mit einer klitzekleinen Spitze, auf die er erwartungsgemäß nicht eingehen wird - der Waschlappen!  Warum mache ich das eigentlich? Um eine klitzekleine Antwort von ihm zu bekommen, wenn ich schon sonst nichts von ihm bekomme. Und dabei spürt er garantiert einen erheblichen Teil meines innerlichen Kampfes, aber er hat sich halt für kühle Ignoranz entschieden. Und ich? Ich hab mich wohl noch nicht entschieden. Letzte Woche erlebte ich das erste Mal eine Fallkonferenz mit ihm als Protagonisten. Ich war angenehm überrascht, dass die Patienten "Namen" hatten und wie er die "Fälle" insgesamt aufbereitete. Als er seine Patienten vorstellte, schmückte er den Bericht mit Zusatzinformationen über die Lebensumstände der Patienten aus. In einer Runde aus Hardcore-Medizinern hebt er sich wirklich ab, es wirkt ungewöhnlich blumig und fast weiblich. Und einfach so menschlich. Ich sah ihn nicht, weil wir in der gleichen Reihe saßen, drei von den Hardcore-Medizinern zwischen uns. Aber ich roch ihn und hörte seine sanfte Stimme. Sowas müsste verboten werden!


"Wise men say - only fools rush in,
But I can't help falling in love with you."




Liebe Grüße von der Couch

3 Kommentare:

  1. liebe eva,

    mehr mythen wären mir niemals eingefallen! für mich waren auch einige neu! danke für die Zusammenstellung!! ;-)) da hast du ihm aber eine vorlage geliefert...der schuft hätte sich selbst mal gedanken machen sollen! ;-))

    gut dass du dir ein paar tage "off" genommen hast! denk an dich. lass es dir gut gehen! und bis bald

    mathilda

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    1. Ok, konnte jetzt meine mails checken. .......Und .....er hat geantwortet. :D

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  2. und was zum teufel hat er geschrieben??

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