Dienstag, 29. Oktober 2013

Eva Mendes im Legasthenikerhirn

Liebe Mathilda,



bin heute mit dem Vorsatz wieder auf die Arbeit, ihm auf jeden Fall zu stecken, dass er meinen Namen immer noch regelmäßig falsch schreibt. Ein gutes Gefühl. Änderungswillige Aufbruchsstimmung. Meine Stimmung war locker, weil ich davon überzeugt war, dass ich im Recht bin und eine nicht-entstellende Schreibweise meines Namens erwarten könne. Was soll mir schon passieren? Immer frei raus damit. Ich hatte mir ein paar Formulierungen zurechtgelegt wie: "Ich bin einmalig wie das "V" in meinem Namen." oder "Dich rettet nur noch ein Legasthenie-Gutachten!" Aber insgesamt hatte ich mich gezwungen, nicht zuviel darüber nachzudenken wie ich es ihm sagen würde.

Was ist also passiert? Hier kommt der locker-fluffige Dialog mit viel Grinserei wie er stattgefunden hat als ich heute morgen mit Flo allein vom einen ins andere Gebäude gegangen bin (von seiner brechreizauslösenden Neutralität ist in der realen Begegnung wenig zu spüren):
...
Ich: "Am Freitag kommt Frau Faber."
Flo: überrascht "Was, die Patientin?"
Ich: grinsend "Nein, die neue Therapeutin, Betty Faber" Und um ihm auf die Sprünge zu helfen: "Du erinnerst Dich, dass wir Vorstellungsgespräche geführt haben?"
Flo: auch grinsend "Oh, mit Namen hab ichs nicht so." (Super Vorlage! Jetzt kann ich überleiten.)
Ich: noch mehr grinsend und bestimmt "Ist mir auch schon aufgefallen. Du schreibst meinen immer falsch. Ich werde mit "V" geschrieben."
Flo: "Oh, dann bist Du also eine "Efa"? (Gähn)
Ich: "Nein, eine "Ewa". "Ewa" gesprochen und mit "V" geschrieben."
Flo: "Es ist toll, was Du da zusammengetragen hast." Er wechselt das Thema und spricht mich auf meine umfangreiche Sammlung von Krankheitsmythen an, die ich ihm zu Ehren zusammengestellt hatte.
Ich: "Danke." (Versucht er sich jetzt einzukratzen?)
Flo: "Damit könnte man einen ganzen Tag füllen." (Ja, gerne doch. Wollen wir ein Seminar zusammen geben?)
Flo: auf das Thema zurückkommend "Das geht eigentlich gar nicht. Eva Padberg ... das Model...
Ich: "... ich weiß wer E"v"a Padberg ist!..."
Flo: "Die wird doch mit "v" geschrieben." (Er vergleicht mich nicht wirklich mit einem Super-Model?)
Ich: "Ja, und wenn Du E"w"a Mendes nimmst, wird die genauso geschrieben und gesprochen wie ich!" (Ich vergleiche mich nicht wirklich mit der erotischsten Frau der Welt? Und wenn schon! Er ist ein visueller Typ und wird das mit dieser Vorstellung von Eva Mendes im Kopf besser verankern können als wenn ich ihm die Buchstaben eintätoviere.) 
Ich: "Das geht also sehr wohl ... Ich hatte manchmal Schwierigkeiten damit, den Leuten beizubringen wie ich gesprochen und geschrieben werde, aber..."
Flo: "... nach 1 1/2 Jahren..."
Ich / Flo: "...hättest Du Dir das merken können." / "...hätte ich mir das merken können." (Grinsen auf beiden Seiten)
Flo: wieder ernst und entschuldigend "Ich habe ja so eine ... Lese-Rechtschreib-Schwäche." (Was für ein Geständnis am frühen Morgen. Ha! Ich habs ja gewusst!)
Flo: "Buchstaben sagen mir nicht so viel." (Und ich denke: Er wird niemals meinen blog lesen, weil das einfach nicht sein Kanal ist. Ist das jetzt gut oder schlecht?)
...
Ok, wir können auf seine nächste mail, die bestimmt kommt, gespannt sein. Klarer kann man eine Information nicht formulieren. Mal sehen, ob das in sein Legasthenikerhirn hineingeht.
Mir fällt auf, dass ich ihn mittlerweile ziemlich gut einschätzen kann. Die Legasthenie hatte ich mir als Erklärung ja fast herbeigewünscht. Ist sie doch das einzige, was ihn diesen Fauxpas schadlos überstehen lässt. Schließlich kann er nichts dafür. Und dann war er heute nur bis zum frühen Nachmittag auf der Arbeit. Ihm sei kurzfristig etwas dazwischen gekommen. Vom letzten Jahr weiß ich ziemlich genau, dass seine Frau Geburtstag hat. Ganz kurzfristig natürlich. Weil sich ja Geburtstage jedes Jahr ändern. Armleuchter! Im Gegensatz zu ihm brennen sich Zahlen und Buchstaben in mein Gehirn geradezu ein.


"I'll write your name
across the sky"
Write your name - Yelawolf
Liebe Grüße von E"w"a!

Sonntag, 27. Oktober 2013

Der Sonntagabend-Ermutigungspost: Don´t let your struggle become your identity

Liebe Mathilda,

so! Kurz vor dem Beginn des Glücktrainings, spüre ich bereits dessen Auswirkungen. Das ist das gute daran, wenn man sich über etwas im positiven Sinne Gedanken macht: Man entwickelt bereits vorher Ideen wie man etwas, was einem nicht gefällt, ändern könnte. Stellvertretend für die vergangene Woche kommt hier nochmal die Erkenntnis aus einer selbstquälerischen Woche:



Richtig! Und damit das nicht (nochmal) passiert, werde ich Herrn Dr. Florian A. Mollis bei nächster Gelegenheit einfach mitteilen, was mir nicht passt. Ich kann seine sture Neutralität mir gegenüber nicht ändern, aber ich kann mitteilen, was mir nicht gefällt.

Liebe Grüße,
Eva

Freitag, 25. Oktober 2013

Something will change: Glück kommt selten allein

Liebe Mathilda,



nach einer arbeitsfreien Woche Kümmern um mich selbst habe ich festgestellt, dass das gar nicht so einfach ist, sich ausschließlich mit sich selbst zu beschäftigen. Wenn ich es dann aber tat, fiel mir doch recht eindeutig auf, dass ich mich bzgl. meiner Gefühle für Flo selbst quäle. Ich kann sie nicht loswerden, weil ich sie nicht loswerden möchte. Zu schön war die erste Zeit der Verliebtheit bar jeder Vernunft, die ich so gern konserviert hätte. Zu stark und eindrücklich die Erinnerung an die Zeit als ich zu mir selbst und meinen Gefühlen stand und über mich hinauswuchs. Und dann kam nichts mehr. Ich dümpelte in meinem Gefühlsbrei vor mich hin, immer bereit etwas Aufmerksamkeit bei Flo zu erregen und irgendwelche Zuwendung von ihm zu bekommen. Aber was soll das alles? Ich schreibe einen blog über eine unerwiederte Liebe. Ich schreibe darüber, weil ich dann besser damit leben kann. Und weil ich schreibe, werde ich sie - die unerwiederte Liebe - nicht los. Dr. House, den ich gerade unkontrolliert konsumiere, würde es wohl "Lust am Elend" nennen.
Es muss und es wird sich etwas ändern. So ist es doch immer. Das einzige, was sicher ist: Es bleibt nicht so wie es ist. Da passt Dein Tipp mit dem Glückstraining hervorragend. Kann nicht schaden, Selbsterfahrung in Positiver Psychologie zu betreiben und meine Hirschhausen-Affinität wieder zu aktivieren:

http://www.glueck-kommt-selten-allein.de/glueckstraining/index.php

Wer macht noch mit? Ab Montag starten Mathilda und ich das Online-Glückstraining.


"If you knew that you would die today,
If you saw the face of God and Love,
Would you change? Would you change?

If you knew that love can break your heart,
When you're down so low you cannot fall,
Would you change? Would you change?

How bad, how good does it need to get?
How many losses, how much regret?
What chain reaction would cause an effect?
Makes you turn around, makes you try to explain,
Makes you forgive and forget, makes you change?

If you knew that you would be alone,
Knowing right, being wrong,
Would you change? Would you change?

If you knew that you would find a truth,
That brings up pain that can't be soothed,
Would you change? Would you change?

If everything you think you know,
Makes your life unbearable,
Would you change? Would you change?

If you'd broken every rule and vow
And hard times come to bring you down,
Would you change? Would you change?

If you knew that you would die today,
If you saw the face of God and Love,
Would you change? Would you change? 

(Tracy Chapman - "Change")


Erwartungsvolle Grüsse,
Eva

Donnerstag, 24. Oktober 2013

Seine Antwort

Liebe Mathilda,

habe einen Moment gebraucht, um das online zu stellen. Und tue es jetzt ungeschönt und real wie es geschehen ist. Hier ist seine Antwort:



Liebe Ewa,

wow, das ist ja themenfüllend für mindestens 1 Tag Seminar und brächte Vorbereitungszeit von nachja 2 Wochen...
vielen Dank für die Guten Gedanken.
Ich werde bestimmt einige der Themen aufnehmen.
Schönen Abend

Flo


Was meinst Du dazu? 
Ist die längste mail, die ich jemals von ihm bekommen habe. War aber auch nötig für den Input, den ich ihm geliefert habe.

Verzweifelte Grüße,
Eva 

Mittwoch, 23. Oktober 2013

Ich kann´s nicht lassen: Krankheitsmythen auf dem Silbertablett

Liebe Mathilda,


was tue ich während ich versuche mich zu Hause, fernab von der Arbeit und von Flo, um mich selbst zu kümmern und innezuhalten? Ich kann´s nicht lassen! Ich schreibe ihm eine mail. Über die Krankheitsmythen, zu denen er sich Input gewünscht hat.


Lieber Florian,
ich habe mir Gedanken zu den Krankheitsmythen gemacht, die sich m.E. vor allem um die Krebserkrankungen ranken. Mir sind folgende begegnet. Manche haben mich erschüttert:

1. Krebs = Siechtum und Tod: "Wenn ich z.B. Krebs habe, sterbe ich daran."

2. Krebs und Schmerzen:
  • Krebs tut nicht weh. Ergo: Krankheiten, die weh tun, sind kein Krebs. (Wird manchmal als Rechtfertigungsgrund benutzt, um eine Diagnostik aufzuschieben.)
  • Aber auch das Gegenteil kursiert als Mythos: Wenn der Krebs dann wehtut, ist er so fortgeschritten, dass es zu spät für eine Heilung ist.
3. Krebs und Alter:
  • Krebs im Alter wächst langsam oder gar nicht mehr.
  • Einige ältere Patienten waren überrascht, dass sie im Alter überhaupt noch Krebs bekommen können. Als gäbe es eine magische Altersgrenze, ab der man "sicher" ist.
  • Und auch wieder das Gegenteil: Junge Menschen bekommen keinen Krebs.
4. Krebs und Hormone:
  • Hormone schützen vor Krebs.
  • In Schwangerschaft und Stillzeit könne man z.B. keinen Krebs bekommen.
  • Krebs hört in der Schwangerschaft auf zu wachsen!
5. Krebs und Psyche:
  • Es gibt eine Krebspersönlichkeit.
  • Mythos vom Fighting Spirit (Spiegel-Studie aus den 70ern): Durch einen ausgeprägten Lebenswillen, kann ich den Krebs überwinden. Um einen Krebs zu überstehen, muss ich kämpfen und darf mich niemals gehen lassen.
  • Oder in abgeschwächter Form: Positives Denken erhöht die Überlebenschancen.
6. Krebs und seine Ursachen:
  • "Der Krebs ist entstanden, weil / nachdem ich mich gestoßen habe / hingefallen bin."
  • Krebs verursacht durch zu enge Kleidung, Deosprays
  • Krebs verursacht durch den Verlust eines nahen Angehörigen, Trennung
  • Krebs verursacht durch Stress, zu viel Arbeit, sich immer um andere kümmern, nicht an sich selbst denken
  • "Meine Mutter ist mein Krebs."
  • Konflikte als Krebsursache: linke Brust = Konflikt mit der Mutter, dem Kind; rechte Brust = Partnerschaftskonflikt
  • Krebs als Bestrafung für "falsches" Verhalten: Abtreibung [Hier gab es eine Studie, die eine erhöhte Krebsrate bei Frauen, die einen Abbruch hatten, aufwies. Der Zusammenhang ist aber nicht als ein ursächlicher zu sehen, sondern eine Korrelation also eher wie der Zusammenhang, dass es in Dörfern mit vielen Storchennestern auch viele Kinder gibt.]; Fremdgehen; Unehrlichkeit; "schlechte" Gedanken; das Brechen der 10 Gebote -> Praktisch alle Auswüchse "unmoralischen" Verhaltens müssen als Krebsursache herhalten. Wie gut, dass ich nicht "unmoralisch" bin, obwohl: Ist ja nur ein Mythos :-)
7. Krebs und Diagnostik / Behandlung:
  • Röntgenstrahlen verursachen Krebs.
  • Krebs breitet sich durch Operation, Biopsie oder wenn auf irgendeine Art Luft an den Tumor kommt aus.
  • "Wenn ich Chemotherapie bekomme, ist der Krebs weit fortgeschritten / besonders schlimm."
  • "Wenn der Psychologe oder der Seelsorger an mein Bett kommen, gibt es keine Hoffnung mehr."
  • "Wenn ich Morphium bekomme, ist es sowieso zu spät." Und als Schluss daraus: "Wenn ich noch kein Morphium nehme, kann ich den Krebstod verhindern."
8. Und tatsächlich immer noch: Krebs ist ansteckend!

Hoffe Dir hilft das für Deinen Vortrag weiter.
Liebe Grüße von Eva.


Du bist also mal wieder live dabei. Ich finde schon, dass das ne tolle Aufbereitung ist. Mit einer klitzekleinen Spitze, auf die er erwartungsgemäß nicht eingehen wird - der Waschlappen!  Warum mache ich das eigentlich? Um eine klitzekleine Antwort von ihm zu bekommen, wenn ich schon sonst nichts von ihm bekomme. Und dabei spürt er garantiert einen erheblichen Teil meines innerlichen Kampfes, aber er hat sich halt für kühle Ignoranz entschieden. Und ich? Ich hab mich wohl noch nicht entschieden. Letzte Woche erlebte ich das erste Mal eine Fallkonferenz mit ihm als Protagonisten. Ich war angenehm überrascht, dass die Patienten "Namen" hatten und wie er die "Fälle" insgesamt aufbereitete. Als er seine Patienten vorstellte, schmückte er den Bericht mit Zusatzinformationen über die Lebensumstände der Patienten aus. In einer Runde aus Hardcore-Medizinern hebt er sich wirklich ab, es wirkt ungewöhnlich blumig und fast weiblich. Und einfach so menschlich. Ich sah ihn nicht, weil wir in der gleichen Reihe saßen, drei von den Hardcore-Medizinern zwischen uns. Aber ich roch ihn und hörte seine sanfte Stimme. Sowas müsste verboten werden!


"Wise men say - only fools rush in,
But I can't help falling in love with you."




Liebe Grüße von der Couch

Montag, 21. Oktober 2013

Somewhere over the rainbow

Liebe Mathilda,



ich bin heute mit blauem Auge, beginnender Erkältung und weil ich mal ne Pause brauche zu Hause geblieben. Ich höre schon den ganzen Vormittag Israel Kamakawiwo´ole und trinke Kaffee aus meinem Vollautomaten. Ich bin sooooo träge und bestelle mir jetzt die leckeren fritierten Sushirollen. 
Muss es erst einen Todesfall in meiner Familie geben, dass ich mal innehalte? Ehrlich gesagt bin ich eher zu Hause geblieben, weil ich es für unverantwortlich hielt, mich um Patienten zu kümmern, nicht weil ich es für nötig hielt, mich um mich selbst zu kümmern. Und gerade das ist der springende Punkt. Dieses "Es geht nicht ohne mich." Oder mehr noch "Ich kann nicht ohne ihn sein." Dieses ständige über die Grenzen gehen, um vor Flo so zu erscheinen wie ich es gerne haben möchte, ist auf die Dauer energiezehrend. Ich muss wieder mehr zu mir selbst finden. Ich brauche ne Pause. Ich bleibe zu Hause, obwohl ich so gerne in seiner Nähe bin. Es ist nicht gut für mich. Er ist nicht gut für mich.


"Somewhere over the rainbow
Way up high
And the dreams that you dreamed of
Once in a lullaby
Somewhere over the rainbow
Blue birds fly
And the dreams that you dreamed of
Dreams really do come true ooh ooooh
Someday I'll wish upon a star
Wake up where the clouds are far behind me ee ee eeh
Where trouble melts like lemon drops
High above the chimney tops thats where you'll find me oh
Somewhere over the rainbow bluebirds fly
And the dream that you dare to, why, oh why can't I?"


Erschöpfte Grüße von Eva

Sonntag, 20. Oktober 2013

Der Sonntagmittag-Ermutigungspost: Der Sinn von´t Janze

Liebe Mathilda,

wenn man mit einem blauen Augen nebst Platzwunde der Beerdigung seiner letzten Großmutter beiwohnt, fragt man sich unweigerlich: Wozu das alles? Was ist der Sinn, wenn wir doch alle dort verschwinden, wo sie heute hinging?


"Du wirst geboren – da ist das Licht
Dein erster Tag – versau das nicht
Dein letzter Tag – Du hast's versaut
und Du wirst geboren und das weißt Du auch

Wo gehen wir hin?
Wo kommen wir her?
Was ist der Sinn?
Ist da noch mehr?
Gibt's da'n Tunnel?
Ist da ein Licht?
Ey Mann, was fragste mich?
Ich weiß es nicht"
(Fanta 4 - "Geboren")








In diesem Sinne,
Eva

Freitag, 18. Oktober 2013

Sekretärinnen-Fantasien



Liebe Mathilda,

gefährliche Indoorspielplätze kann ich da nur sagen.

Was machen Mütter mit bewegungsfreudigen Kleinkindern bei Sturzregen? Richtig, sie besuchen Indoorspielplätze oder Spielcafés. Gestern die Variante einer nachgebildeten Baustellenlandschaft inklusive einem von Kinderhand zu bedienendem Kran mit überdimensionalem Schwenkarm. Für Kleinkinder total ungefährlich, weil der Schwenkarm weit über ihre Köpfe fegt. Für Eltern umso gefährlicher, da genau in Augenhöhe. Und so traf mich der Schwenkarm mit nicht geahnter Wucht 2 Zentimeter unterm rechten Auge. Es hat mich richtig ausgehebelt. Ich ging erstmal zu Boden. Glück, dass es nicht direkt ins Auge ging. Ein Platzwunde bescherrte mir das Ungetüm trotzdem. 

Nach ausgiebiger Kühlung meines Auges und meisterhafter kosmetischer Wiederherstellung, fand ich mein Erscheinungsbild heute morgen so erträglich, dass ich zur Arbeit gehen konnte. Ich setzte meine neue Brille auf (statt wie üblich Kontaktlinsen zu tragen), so dass tatsächlich kaum noch was von dem blauen Auge zu sehen war. Auffallend ist nun die Brille, die meine Kollegen einfach nicht gewohnt sind, und nicht meine Gesichtsverletzung. Auch Herr Dr. Mollis hat mich noch nicht mit diesem Exemplar von Brille gesehen. Er sieht mich und sagt sehr authentisch und spontan: "Das steht Dir aber sehr gut." Na, dafür lässt man sich doch gerne ein blaues Auge hauen. Ich freue mich halb tot über dieses Kompliment und erzähle ihm gleich mitleiderheischend, dass ich die Brille nicht ganz freiwillig trage. Ich schildere ihm den Besuch im Indoorspielplatz und meinen Knock-out. Er verzieht mitleidend-amüsiert das Gesicht. Dazu sieht er mich ausgiebig an und variiert dabei seinen Blickwinkel. So als müsse er die Brille aus verschiedenen Perspektiven überprüfen. Es gefällt mir, so von ihm angesehen zu werden. Und mir kommt der Gedanke, dass er ja nun mit meinem konkreten Brillenabbild seine Sekretärinnen-Fantasien ausbauen, die ich ihm seit dem Großvater-Dialog vom Montag einfach mal unterstelle. Ich würde sooooooooooo gerne wissen, was er denkt, stelle aber fest, dass ich vor nem Jahr auch schon mal soweit war, dass ich sooooooooooo gern wissen wollte, was er denkt. Das einzige, was anders ist: dass er ziemlich genau drüber bescheid weiß wie ich für ihn empfinde oder empfunden habe. Als Fakt wird das zwischen uns wohl nicht mehr wegzudenken sein, aber Zeiten ändern sich, so dass er auch nicht davon ausgehen kann, dass sich an meinen Gefühlen nichts ändert.


Dann beginnt er davon zu erzählen, dass er im November einen Vortrag über "Fakten und Mythen von Krankheit und Siechtum" halten müsse und bittet mich und zwei andere Kollegen um Mithilfe, ihm Krankheitsythen zu nennen. Neben ein paar Mythen, die mir sofort einfallen und den Ursachenattributionen für Krankheit wäre das doch eine schöne Möglichkeit, ihm eine einfallsreiche, flirtige mail zu schreiben. Vielleicht kann ich ja noch den einen oder anderen Mythos mit einfließen lassen wie "Ehebrecher leben länger." :-) Ich weiß, vielleicht mache ich es schon wieder zu groß, ABER ES IST EINFACH GROSS. Und lustig wäre es allemal. Fällt Dir noch ein Mythos ein, den ich zum Besten geben könnte?
 
Bebrillte Grüße von Eva

Mittwoch, 16. Oktober 2013

Unverhoffte Schokolade



Liebe Mathilda,

was ist besser als ein gutes Stück Schokolade? Ein unverhofftes, gutes Stück Schokolade!

Gestern war ich davon ausgegangen, dass Flo heute zu einer Fortbildung gefahren ist, aber schon als ich heute morgen auf die Arbeit fuhr, kamen mir erste Zweifel. Wie kam ich bloss auf Fortbildung? Schließlich hatte er es mir gegenüber nicht erwähnt oder sich sonst irgendwie verabschiedet (nicht dass das jetzt ein Kriterium wäre), jedoch stand im elektronischen Kalender groß und breit: "OA Dr. Mollis zur Fortbildung". Ich tat die Zweifel als Nicht-Wahrhaben-Wollen ab, und war umso überraschter, als ich sein Auto bereits auf dem Parkplatz sah. Und das auch noch andersherum als sonst eingeparkt. Kombiniere: Er ist unter Zeitdruck. Das regelt in wunderbarer Weise meine Erwartungen wieder herunter, denn er wird keine Zeit für Unterhaltungen über seinen fortschrittlichen Großvater haben. Um so besser, wenn die heruntergeschraubten Erwartungen dann übertroffen werden.

Als ich Flo im Konferenzsaal treffe, sehe ich, dass er dieses kleinkarierte Hemd trägt. Ist er ein kleinkarierter Typ? Sexy ist das nicht gerade und es passt demzufolge so gar nicht in mein Bild von ihm. Hatte er letzte Woche auch schon mal an. Oder hat er noch schlimmer etwa mehrere davon? Ich setze mich wie gewohnt neben ihn. Da lassen sich die Karos und überhaupt alles besser ertragen. Er wendet sich zu mir und frage mich, bezogen auf die DVD, die ich ihm geliehen habe, wann ich sie denn nun zurück bräuchte. Wir erinnern uns, dass ich ihn neulich auf dem Flur daran erinnert hatte. Ich verhaspele mich etwas in meinen Worten (war mir plötzlich über die Grammatik meines Satzes nicht mehr sicher), bringe dann aber heraus, dass meine Klientin, der ich den Film ihrerseits zurückgeben müsse, in 2 Wochen wieder einen Termin bei mir hätte. Ok, der Zeitraum ist damit vorgegeben und nun liegt es an ihm, mir den Film zurückzugeben. Ich kreiere bereits romantische Vorstellungen davon wie er Kontakt zu mir aufnehmen könnte, um mir den Film zu bringen. Ich freue mich immer, wenn er aus irgendeinem Grund Kontakt zu mir aufnimmt. Romantische Vorstellung hin oder her, wahrscheinlich liegt die DVD irgendwann in den nächsten Tagen ganz profan in meinem Postfach. Er meint nachdenklich, dass er es vermutlich bis dahin nicht schaffen wird, den Film anzuschauen. Ich schmelze dahin, denn er der arme, arme Kerl hat mein ganzes Mitgefühl dafür, dass er es nicht schafft, sich einen Film anzuschauen. Das zeigt nur einmal mehr, dass ich "depressofin" bin. Ich frage mich, was ihn gerade so in Zeitnot versetzt, dass er es in 2 Wochen nicht schafft, einen Film anzuschauen, den ER anschauen wollte (ich habe ihm das ja nicht eingeredet). Aber warum frage ich das nicht ihn als schon wieder halbausgegorene Spekulationen über die Ursache anzustellen? Stattdessen sehe ich ihn verständnislos, grenzdebil und verliebt an. Das Karo-Hemd ist ausgeblendet und ich sehe nur noch seine Augen. Und er macht mit. Dadurch bringe ich ihn ungewollt in die Lage, sich zu rechtfertigen. Zum Glück funktionieren bei mir noch ein paar Reflexe auf Rückenmarksebene (Kortex scheint ja ausgeschaltet) und ich fange an zu grinsen. Das löst seine Spannung etwas auf und er muss sich nicht mehr rechtfertigen.

Alles in allem also eine unverhoffte, erwartungslose Begegnung, was sie umso besser macht. Wie eine überraschende Schokolade, in die ich wohl gerne mehr Zutaten gegeben hätte.

Liebe Grüße von Eva