Liebe Mathilda,
weil ich meine vermutlich ganz normalen Begegnungen mit Flo ganz unnormal gerne ausschmücke, kommt hier das Neueste:
Ich sah ihn bis heute Mittag kaum. Er war im OP verschwunden und ich behandelte Klienten. Gegen Mittag mache ich mich auf den Weg in den Raum, in dem heute Nachmittag eine Patientenveranstaltung stattfindet: gucken, ob alles richtig hingeräumt ist und so. Der Raum liegt in dem Gebäudeteil, in dem auch sein Zimmer liegt. Man erreicht das Gebäude nur von außen über den Hof, muss eine (undurchsichtige) Tür öffnen und hindurchtreten. Wenn zwei Personen schnellen Schrittes aufeinanderzugelaufen kommen, kann man da schon mal zusammenstoßen. Ich gebe zu, dass diese Tür schon des Öfteren in meinen Tagträumen vorkam: Flo und ich auf die Tür zusteuernd. Er öffnet, ich öffne und wir laufen uns in die Arme. So ist es tatsächlich heute passiert! Er macht die Tür mit Schwung von innen, ich sie im selben Moment von außen auf. Da er und ich ein gewisses Tempo draufhaben, erschrecke ich mich tatsächlich und rufe "Huch!". Er fängt als erster an zu grinsen und "Hallo" zu sagen. Es ist schön nah - so nah, dass ich augenblicklich in seinen Augen und seinem Lächeln versinke (und ihm um den Hals fallen und knutschen könnte :-). Ich erwidere sein "Hallo" und genauso schnell stürzen wir wieder auseinander. Was soll bloss diese Flüchterei? Schnell weg, bevor wir noch ein persönliches Wort wechseln. Ich war seit Wochen nicht mehr mit ihm Mittagessen. Ich habe ihn überhaupt seit Wochen nicht mehr essen sehen. Nein, ich beziehe das jetzt nicht auf mich, sondern auf seinen Streß, den er sich macht. Ok, dass wir an dieser Tür voreinander flüchten, hat vielleicht schon mit uns zu tun. Und das merkt er auch. Garantiert!
5 Minuten später treffen wir erneut aufeinander. Ich schließe gerade meinen Raum auf, er den Nebenraum. Wir sehen uns an, lächeln uns an, diesmal mit einer Raumlänge Abstand zwischen uns. Da können wir uns schon etwas länger anschauen. Es ist ein warmes Lächeln, was er mir zurückgibt. Nicht so hektisch-überrascht wie das erste Grinsen. Auf die Distanz scheint Kontakt möglich zu sein. Vielleicht sollten wir uns für ein Gespräch 1 km auseinanderstellen.
Keine 3 Minuten später rempeln wir im Aufenthaltsraum aneinander. Keiner sagt was. Ich scheine nicht die einzige mit Sprachproblemen zu sein.
Keine Ahnung, ob mir das so auf die Dauer reicht, aber mir fehlen langsam die Alternativen damit umzugehen. Außer vielleicht in seiner Gegenwart wieder sprechen zu lernen. Vielleicht sollte ich wieder üben, ein Gespräch mit ihm anzufangen. Ihm ganz profane Fragen stellen. Wenn er nur nicht immer so schnell wieder weg wäre. Das Schicksal meinte es ja heute wirklich gut mit uns, hat uns mehrmals zusammenstoßen lassen.
"And I won't regret, won't feel defeat
And it won't make any difference if I'm incomplete"
The boxer rebellion - Keep moving
Incomplete greetings,
Eva









