Montag, 30. September 2013

Nähe und Distanz im wahren Leben


Liebe Mathilda,


weil ich meine vermutlich ganz normalen Begegnungen mit Flo ganz unnormal gerne ausschmücke, kommt hier das Neueste:



Ich sah ihn bis heute Mittag kaum. Er war im OP verschwunden und ich behandelte Klienten. Gegen Mittag mache ich mich auf den Weg in den Raum, in dem heute Nachmittag eine Patientenveranstaltung stattfindet: gucken, ob alles richtig hingeräumt ist und so. Der Raum liegt in dem Gebäudeteil, in dem auch sein Zimmer liegt. Man erreicht das Gebäude nur von außen über den Hof, muss eine (undurchsichtige) Tür öffnen und hindurchtreten. Wenn zwei Personen schnellen Schrittes aufeinanderzugelaufen kommen, kann man da schon mal zusammenstoßen. Ich gebe zu, dass diese Tür schon des Öfteren in meinen Tagträumen vorkam: Flo und ich auf die Tür zusteuernd. Er öffnet, ich öffne und wir laufen uns in die Arme. So ist es tatsächlich heute passiert! Er macht die Tür mit Schwung von innen, ich sie im selben Moment von außen auf. Da er und ich ein gewisses Tempo draufhaben, erschrecke ich mich tatsächlich und rufe "Huch!". Er fängt als erster an zu grinsen und "Hallo" zu sagen. Es ist schön nah - so nah, dass ich augenblicklich in seinen Augen und seinem Lächeln versinke (und ihm um den Hals fallen und knutschen könnte :-). Ich erwidere sein "Hallo" und genauso schnell stürzen wir wieder auseinander. Was soll bloss diese Flüchterei? Schnell weg, bevor wir noch ein persönliches Wort wechseln. Ich war seit Wochen nicht mehr mit ihm Mittagessen. Ich habe ihn überhaupt seit Wochen nicht mehr essen sehen. Nein, ich beziehe das jetzt nicht auf mich, sondern auf seinen Streß, den er sich macht. Ok, dass wir an dieser Tür voreinander flüchten, hat vielleicht schon mit uns zu tun. Und das merkt er auch. Garantiert!


5 Minuten später treffen wir erneut aufeinander. Ich schließe gerade meinen Raum auf, er den Nebenraum. Wir sehen uns an, lächeln uns an, diesmal mit einer Raumlänge Abstand zwischen uns. Da können wir uns schon etwas länger anschauen. Es ist ein warmes Lächeln, was er mir zurückgibt. Nicht so hektisch-überrascht wie das erste Grinsen. Auf die Distanz scheint Kontakt möglich zu sein. Vielleicht sollten wir uns für ein Gespräch 1 km auseinanderstellen.

Keine 3 Minuten später rempeln wir im Aufenthaltsraum aneinander. Keiner sagt was. Ich scheine nicht die einzige mit Sprachproblemen zu sein.

Keine Ahnung, ob mir das so auf die Dauer reicht, aber mir fehlen langsam die Alternativen damit umzugehen. Außer vielleicht in seiner Gegenwart wieder sprechen zu lernen. Vielleicht sollte ich wieder üben, ein Gespräch mit ihm anzufangen. Ihm ganz profane Fragen stellen. Wenn er nur nicht immer so schnell wieder weg wäre. Das Schicksal meinte es ja heute wirklich gut mit uns, hat uns mehrmals zusammenstoßen lassen.


"And I won't regret, won't feel defeat
And it won't make any difference if I'm incomplete"
The boxer rebellion - Keep moving

Incomplete greetings, 
Eva

Sonntag, 29. September 2013

Der Sonntagabend-Ermutigungspost: If you think you are too small to make a difference ...

Liebe Mathilda,

absolut passend jetzt Deine Mosquito-Anspielung im Original zu bringen:










Ermutigung für alle, die für eine Sache kämpfen, weil sie einen tiefen Sinn oder sie ihre Bestimmung darin sehen. Auch wenn die Chance noch so klein ist, lohnt es sich dafür einzustehen. Denn wenn du es nicht tust, tut es keiner.

Liebe Grüße,
Eva






Freitag, 27. September 2013

Mmmmh ... wie ein gutes Stück Schokolade

Liebe Mathilda,

schon wieder eine Arbeitswoche herum und schon wieder mal viel zu schnell. Aber ich bin ja auch nicht objektiv. Als ich heute Morgen in die Klinik komme, lese ich die mail von dem Anwalt, der mich in meinem berufspolitischen Einzelkämpferpräzedenzfall "Alle bedürftigen Patienten sollen die Therapie auch von ihrer Krankenkasse bezahlt bekommen" unterstützt:


"Liebe Frau Cormann,
der Berufungsausschuss hat nach der gestrigen Sitzung die Entscheidung vertagt. Es sei etwa eine Stunde beraten worden, wobei die Kassen den Antrag befürworteten und die Ärztevertreter ihn ablehnten, weil sie die Bezahlung aus ihrem „Topf“ nicht wünschen. Da sie sich nicht einig wurden, haben sie beschlossen, zunächst mal abzuwarten."


Na, das nenne ich mal ne Nachricht. Nach der Einschätzung des Anwaltes nach der Sitzung hätte ich jetzt echt mit der endgültigen Ablehnung gerechnet. Ich freue mich wie ein Honigkuchenpferd und leite die Nachricht sofort an meinen Chef weiter. Überlege kurz hin und her, ob ich sie auch Flo weiterleiten soll. Immerhin wusste er auch bescheid und ich hatte gestern schon von der Verhandlung erzählt. Dann denke ich "Fuck it, natürlich leite ich ihm das weiter." Möchte schließlich, dass er mit mir feiert. Tino habe ich übrigens auch gleich angerufen. Ich schreibe in der mail an meinen Chef und Flo:


"Besser als erwartet! Hier kommt das (vorläufige) Ergebnis des Berufungsausschusses.
Herzliche Grüße"


Dann gehe ich zu meiner Kollegin, deren Zimmer schräg gegenüber von Flo´s Büro liegt, um ihr alles brühwarm zu erzählen. Als ich wieder aus ihrem Zimmer komme, kommt Flo auch gerade aus seinem Zimmer. Ich strahle. So innerlich, weil dies so ein kleiner Hoffnungsschimmer von etwas unmöglich Geglaubtem ist. Ich meine damit die Ermächtigung, obwohl es auf Flo und mich auch passen könnte. Ich will ihm die Nachricht gerade erzählen, da ich nicht davon ausgehe, dass er meine mail schon gelesen hat. Doch er hat! Und er hat bereits geantwortet, sagt er. Das ist ziemlich cool, dass ich mir seine Anerkennung jetzt mündlich und später auch noch schriftlich abholen kann. Er sagt, dass ich den Ausschuß wohl ziemlich beeindruckt haben muss und zollt mir Respekt. Dann beginnt er auf seine niedergelassenen Kollegen zu schimpfen. Recht so, Prinz Flo entschuldigt sich selbst noch für Dinge, die nun wirklich nicht in seiner Hand liegen, die ihn aber berühren, weil er ein Merkmal mit den Verursachern teilt (in dem Zusammenhang das Arztsein). Wie wäre es, wenn er sich bei mir mal stellvertretend für alle Ehemänner entschuldigt, dass sie schmachtenden Frauen so etwas antun? :-)

Später genieße ich seine mail wie ein wirklich gutes Stück Schokolade: mmmmmh


"Wow, Du mußt ja einen sehr guten Eindruck gemacht haben.
Enttäuschend was ich für Kollegen habe.
Viele Grüße"


Eigentlich sind es eher meine eigenen Kollegen, die als niedergelassene Vertreter in der Sitzung
saßen. Und von meinem Chef bekomme ich ein:


"Liebe Frau Cormann, vielen Dank für Ihre Info, Kompliment zu Ihrer Überzeugungsarbeit und freundlich, energischen Beharrlichkeit.
Liebe Grüße und ein schönen Wochenende!"


Ein sehr gutes Gefühl. Eben wie Lieblingsschokolade.


Schönes Wochenende wünscht Dir
Eva

Mittwoch, 25. September 2013

Das Pralinenorakel

Liebe Mathilda,
       
mittlerweile bin ich ganz angefüllt mit tollen, neuen Ideen für unsere Fortbildung und auch für das restliche Leben. Lese gerade 4 Bücher parallel, was schon etwas manisch anmutet. Morgen steht mir eine wichtige Verhandlung bevor, vor der ich irgendwie ganz relaxed bin. Was soll mir schon passieren. Die Gespräche mit Flo waren schwieriger als das, was mich erwartet. Dabei geht es mir in Gefühlsdingen eher so ganz normal, gleichmäßig, ohne große Hochs und Tiefs. Wenn ich Flo sehe, dann ist es schön, aber ich komme wohl auch ohne ihn zurecht (weil ich muss). Geht ja nicht anders. 

Pralinen: Ständige Versuchung oder No go?
Und so haben wir nette Begegnungen wie heute beim gemeinsamen Gang zur Besprechung. Wir beide allein, nur er leider aufmerksamkeitseingeschränkt, weil telefonierend. Als wir ein Drittel des Weges zurückgelegt haben und er noch immer wichtige Dinge am Telefon klären muss, werde ich langsam sauer auf die Anruferin. Bevor sich das Gefühl richtig ausbilden kann, legt er auf, entschuldigt sich und wünscht mir einen „Guten Morgen“. Wir springen die Treppe hinauf. Nebeneinander. Manchmal eine, manchmal 2 Stufen auf einmal. Schwungvoll und synchron. Mir fällt auf, dass das recht albern wirken muss wie wir da einen Synchronitätswettbewerb im Treppensteigen versuchen. Wann wird diese Disziplin olympisch? Möchte uns schon mal anmelden. Verbal geht es um Oberflächlichkeiten: Stau und die Verkehrssituation, nicht weiter wichtig. Wirkt fast normal, was es noch nicht ganz ist. Zurzeit ist es wohl mit einer schönen Praline zu vergleichen, die man sich schon mal gönnen und genießen kann, aber letztendlich auch ohne sie auskommt. Ständige Versuchung oder No go ist hier die Frage.



Süße Grüße,
Eva

Montag, 23. September 2013

Fluchttendenzen


Liebe Mathilda,

ich komme sofort zu meinem Thema Nummer 1 (immer noch): F! 

Ausgedrückt in einem plünnigen Möchtegerntechnohit, der mir doch irgendwie immer wieder in die Beine geht:


Heute morgen bin ich spät dran, fahre ein Auto hinter ihm auf das Klinikgelände. Er versucht auf der Parkstraße eine 3-Punkt-Wendung, ich finde meinen Platz quer zur Fahrbahn. Es gibt einen kurzen Moment, wo er rückwärts auf die Straße und ich an ihm vorbeifahren möchte. Vor meinem inneren Auge sehe ich bereits den Crash und die anschließenden gemeinsamen Reparaturmaßnahmen (was man nicht alles romantisch findet). In der Realität halte ich an, aber er entdeckt mich und gibt mir die Vorfahrt. Ganz der Gentlemen! Ich bedanke mich mit Lächeln und Handzeichen und parke in einem Zug ein. Ich bin so toll! Nicht nur weil ich in einem Zug einparke, sondern weil so auch die Zeit ausreichen müsste, mit ihm zusammen aus den Autos zu steigen und gemeinsam in die Klinik zu gehen. Doch was ist das? Als ich aussteige, sehe ich Flo mit einem Millisekundenzögern in die andere Richtung davonstürzen. Merkwürdig. Ich nehme mir vor, ihn bei der nächsten Begegnung locker-fluffig zu fragen, wovor er auf der Flucht ist.
Die nächste Begegnung kommt dann prompt nachdem sich unsere erste Besprechung auflöst. Ich hatte von mir aus begonnen, die Begrüßungen wieder aufleben zu lassen. Und Flo macht ja bekanntlich (fast) alles mit. Heute begrüße ich ihn über eine schätzungsweise 5-Meter-Luftlinie quer durch den Raum mit einem bezaubernden Lächeln und einem schiefen Kopfnicken, fast wie ein kleiner Knix bei Hofe. Und Prinz Flo spiegelt ja so ziemlich alles, was ich ihm anbiete. Leider nur bis zu einer gewissen Grenze :-) Er wirft mir also den selben schiefen Kopfnicker-Gruß einmal quer durch den Raum zurück. Kombiniert mit dem ihm eigenen intensiven Blick. Gänsehaut! Als wir dann auch verbal aufeinandertreffen will ich gerade ansetzen und ihn locker und leicht nach seinen Fluchttendenzen vom Parkplatz befragen. Doch bevor ich es ausspreche, sagt er zuerst "Ich bin nicht vor Dir geflüchtet..." Ist er nicht? Diesmal nicht. OP-Besprechung und er spät dran. Aber vor einiger Zeit flüchtete er schon mal vor mir. Und warum weiß er, was ich ihn fragen will? Kennt er mich besser als ich denke? Ich freue mich, dass er seine zögerliche und doch flüchtende Haltung vom Parkplatz offensichtlich erklären möchte. Er möchte nicht, dass ich glaube, dass er vor mir wegläuft. Und warum nicht? Weil ich ihm wichtig bin.


Escape me
Escape me
Bottles under tires
Forget about friends
DJ Tiesto - "Escape me"

Zufriedene und leichte Grüße,
Eva

Sonntag, 22. September 2013

Der Sonntagabend-Ermutigungspost: The most "you" that you can possibly be

Die unverhoffte Liebesbotschaft, die ich diese Woche von Konstantin bekommen habe, würde schon allein als Ermutigungspost reichen. Dennoch möchte ich hier meine tiefe Verbundenheit, meine über Jahre gewachsene Liebe für Konstantin ausdrücken. Knopfauge, das ist für Dich:






Ich bin ich. Und nur bei Dir kann ich das vollständig sein. Danke, dass Du bei mir bist.

Eva

Freitag, 20. September 2013

Unverhoffte Präsente

Liebe Mathilda,

ich sitze heute in einer Therapiestunde mit der totkranken Klientin, die ihre Grabrede bereits auf Band gesprochen hat, als es klopft. Bevor ich den Klopfer an der Tür abfangen kann, liefert mir die klinikeigene Postfrau ein großes Blumenpaket mitten ins Zimmer. Ich bin verwirrt und beeindruckt. Wer schickt mir denn Blumen? Die Patientin ist sofort dafür, das Paket zu öffnen. Eat the desert first!  Arbeite ich doch ständig mit ihr daran, Dinge jetzt zu tun und nicht aufzuschieben. Die Grabrede kann warten, jetzt ist mein Paket wichtig und Ursprung jeglicher und sehr lebendiger Neugierde. Sowohl bei der Klientin als auch bei mir. Sie ermutigt mich, es zu öffnen. Wie schnell wir die Rollen tauschen. Wie viel ich doch immer von meinen Klienten lerne. Ich höre auf sie und öffne das Paket. Es kommen ein wunderschöner Blumenstrauß und eine Karte zum Vorschein:

"Du bist der wundervollste Mensch in meinem Leben und ich bin sehr glücklich, dass Du da bist. Seitdem ich Dich kenne, fühlt sich das Leben ganz anders und besonders an, einfach besser.
Ich liebe Dich!
Dein Tino"

Das wollte ich schon immer mal: Blumengrüße mit Liebesschwüren bekommen. Bin hochgradig sprachlos und völlig beeindruckt von Tino. Er kämpft. Um mich. So was Schönes hat mir glaube ich noch niemand gesagt.

Geflashte Grüße von Eva

Mittwoch, 18. September 2013

Los, runter vom Sockel


Liebe Mathilda,

heute war es soweit, dass ich Flo wiedersah. Wiedersehen ist übertrieben, denn es blieb bei ein paar Augenblicken, die folgende Frage bei mir hinterließen: Gibt es hier ein Suchtproblem?



Ich freute mich schon auf ihn, wusste ja, dass er heute morgen einen Vortrag halten würde. Der Gute ließ natürlich wie es so seine Art ist auf sich warten. Doch bald wurde gemurmelt "Er kommt" oder "Er ist schon unterwegs". Das Gemurmel weitete sich aus zu einem etwas aufgeregten Tuscheln in der Art "Kommt der Prinz?", "Ist der Prinz schon da?", "Wann kommt der Prinz?" Sehr lustig zu beobachten, was Flo mit seinem Gespür für dramatische Auftritte zu produzieren weiß. Schließlich betrat "der Prinz" tatsächlich die Bühne. Er stürmte mit zerzaustem Haar herein, steckte seinen USB-Stick in den Rechner und legte ohne weitere Verzögerungen mit seinen Ausführungen zu einer speziellen Operationsmethode los. Ich hatte keine so gute Sichtposition, konnte ihn nicht direkt anschauen, sondern musste mir ab und zu den Hals verrenken. Dabei fiel mir dennoch auf, dass er zwar frisch rasiert, aber irgendwie ... ich weiß nicht ... einen Anflug von Aufgedunsenheit aufwies? Ich glaube nicht, dass das anderen auffiel, aber ich habe ja sehr feine Antennen, was ihn betrifft. Genauso wie diese leichte Veränderung in seiner Sprache. Er war nicht so zackig und frisch und wie manchmal ein bisschen aufgeregt. Manchmal hatte es den Anschein als ob er sich Alkohol oder ein Beruhigungsmittel eingeholfen hat oder zumindest noch Restalkohol von was auch immer er gestern Abend gemacht hatte in sich hatte. Aus dem "Lokoregionärem Rezidiv" wurde das "Lokoreionäre Residiv". Was ist da bloß passiert? War alles sehr subtil und was er sagte hatte Hand und Fuß. Ich erfuhr auch, dass er im Gegensatz zu den radikalen Operateuren ein Verfechter der Mimimalchirurgie ist, da der Überlebensvorteil nicht nachweisbar, aber die Einschränkungen für die Patienten sehr groß seien. Fast wie die Halsted-Gegner (das ist der mit den radikalen Brustoperationen, gut beschrieben in Siddhartha Mukherjee´s "Biografie des Krebses") - mein Ritter!


Anschließend hatte ich ihn im Treppenhaus ca. 1 Stockwerk für mich und konnte ihn fragen, wo er denn gestern und vorgestern war. Er sagte, dass er mit Eltern und Schwester verreist war. Familienausflug also. Und dabei schön gebechert oder was? Bevor ich das Gespräch vertiefen (und meinen Eindruck der Beschwipstheit verifizieren) konnte, wurde mir Flo vom leitenden und schwulen Orthodäden der Klinik ausgespannt. Schon sehr klischeehaft, was der von sich gab: "Florian, du kannst mir gratulieren. Ich bin jetzt Landesmeister im Halbmarathon." Das hat er tatsächlich so gesagt. Und Flo springt sofort begeistert darauf an und ist ins nächste Gespräch verwickelt. Ich traue den beiden zu, dass sie als nächstes die Serviettenfarbe des Abendessens austauschen. Eva geht ab lautet meine Regieanweisung. Ich muss in mich hineingrinsen: So viel weibliches Einfühlungsvermögen unter zwei Männern. Da kann selbst ich nichts gegen aufbieten. Muss ich auch nicht, denn Flo versteht sich wie gewohnt mit den meisten Frauen und den schwulen Männern super. Mit den Heteromännern und den Homofrauen hat er seine Probleme. Vermutlich, weil die nicht auf ihn stehen. Ist das böse von mir?

Mein Bild von Flo, es bröckelt. Ich kann ihn mittlerweile ganz gut einschätzen. Hat ja auch lange gedauert und er ist wohl der am besten psychologisch untersuchte Arzt - naja, soweit er es zugelassen hat. Was mich wirklich abtörnt ist dieses Vielleicht-Alkohol-Ding. Und - sollte das so sein - damit in den OP gehen, geht ja mal gar nicht. Aus meiner eigenen Geschichte heraus springt dabei mein Helferimpuls überhaupt nicht an. Im Gegenteil, es versetzt Flo noch den letzten Tritt von dem Sockel, auf den ich ihn gestellt habe. Vielleicht wird er nächste Woche etwas tun, das ihn wieder heraufhievt auf den Sockel, vielleicht aber auch nicht. Ich wünsche mir irgendwie, dass es noch nicht vorbei ist. Dazu war es doch zu schön, zu aufregend, zu lebendig. So gesteht sich jeder seine Droge zu. Nur noch eine Weile. Ich brauch da noch eine Weile, um zu akzeptieren, dass auch das vorbeigeht.


"They tried to make me go to rehab, but I said No no no." 
Amy Winehouse - Rehab



Liebe Grüße,
Eva

Montag, 16. September 2013

Antworten für Rosenstolz, die Zweite

Liebe Mathilda,

wir hatten neulich die Diskussion über die Wichtigkeit, alles versucht, alles getan zu haben. Mir fällt dazu immer wieder Rosenstolz' "Wir sind am Leben" ein. Es ist jetzt tatsächlich schon ein Jahr her seit ich den aus aneinandergereihten Fragen bestehende Titel schon einmal beantwortet habe. Es war jetzt an der Zeit das wieder zu tun, um nachzuprüfen, ob sich mein ganzes Gefühlsleben überhaupt verändert. Und das ist es doch, worum es geht, oder? Alles Leben ist Veränderung. Hier also Antworten für Rosenstolz – Die Zweite:


"Hast Du alles probiert?" - Ja.
"Hast du alles versucht?" - Mehr geht nicht.
"Hast du alles getan?" - Ja.
"Wenn nicht, fang an." - Habe ich.
"Hast Du wirklich gelebt?" - Intensiver als im letzten Jahr gehts wohl kaum. Ich gestehe mir Gefühle zu, die ich mir niemals erlaubt hätte.
"Hat Deine Welt sich wirklich gedreht?" - Oh ja, manchmal ist mir direkt schwindelig davon geworden.
"Was willst Du sagen?" - Warum haben wir eigentlich nie wieder darüber gesprochen? Was zum Teufel hat das alles bei Dir bewirkt? Was glaubst Du, wo ich jetzt stehe? Wo stehst Du denn jetzt? Schade, aber es ist wie es ist.
"Wenn willst Du fragen?" - Konfliktvermeider Flo.
"Was willst Du erleben?" - ... Dass ich mal darüber hinweg bin ohne dass mir etwas fehlt.
"Und was willst Du geben?" - Ich gebe alles in diesem Blog.
"Wer gibt Dir den Frieden?" - Konstantin, da bin ich noch immer zu Hause.
"Und was ist liegengeblieben?" - Zu wenig Ruhe, Gelassenheit, Normalität.
"Ich kann Deinen Herzschlag hören." - Ja, und ich bin etwas müde.
"Keiner wird Dich zerstören." - Keiner kann mich zerstören. "You shoot me down, but I won`t fall. I am Titanium" (David Guetta - Titanium) Das nennt man posttraumatisches Wachstum.
"Du bist am Leben." - Ja.
"Du bist am Leben." - Jaa!
"Weil Dein Herz noch Feuer fängt." - Eine gemächlich knisternde Glut ist auch was Feines. Vor allem kann man sich nicht so leicht daran verbrennen.
"Weil Dein Herz die Liebe kennt." - Ich lerne sie noch immer besser kennen.
"Du bist am Leben." - …
"Du bist am Leben." - Sagte ich ja bereits.
"An was willst Du glauben?" - Ich glaube an die Liebe. Dass sie keinen Unterschied macht zwischen arm und reich, alt und jung, intelligent und einfältig, passend und unpassend. Sie kann sich überall und nirgends einfinden. Und auch wieder verschwinden.
"Oder glaubst Du an Dich?" - Ich bin eine tolle, attraktive, erfolgreiche, liebenswürdige Frau.
"Wie oft wirst Du betrogen?" - Sicher auch schon mal in irgendeiner Form.
"Wie oft belügst Du Dich?" - Nicht mehr.
"Wie viel Türen wirst Du öffnen?" - Viele Türen, aber Flo´s war nicht dabei. Er hat seine Tür gut vernagelt und sperrt seine Seele ein.
"Welches Schloss knackst Du nie?" – Flo´s Schloß werde ich nicht knacken, weil er sich nicht knacken lässt. Habe ich nun verstanden.
"Wie oft kannst Du wiederstehen?" - Och, wenn ich Flo wiederstehen konnte / musste, wird das wohl auch noch eine Weile anhalten. Vielleicht den Rest meines Lebens.
"Und wann gehst Du in die Knie?" - Habe mein "Knieproblem" nun (fast) überwunden.
"Warum wirst Du weinen?" - Ich habe viel geweint wegen Flo. Manchmal nutzte ich wochenlang die Autofahrten zur und von der Arbeit zum Weinen. Wo sollte ich sonst damit hin. Und in Zukunft wird mich auch alles zum Weinen bringen, was mein Herz berührt. Im Schönen wie im Traurigen.
"Und wie oft bleibst Du stumm?" - In vielen anderen Lebenslagen, in denen ich mich gut zusammenreißen kann.
"Und für wen wirst Du beten?" - Für Kai und für Tino.
"Weißt Du wirklich warum?" - Weil ich sie liebe.
"Und bei wem wirst Du schlafen?" - Zu Hause.
"Und vor wem rennst Du weg?" - Vielleicht einst vor Flo, aber nun wohl eher er vor mir. 

Zu vergleichen mit den Antworten vom 7.9.2012 http://briefeanmathilda.blogspot.de/2012/09/antworten-fur-rosenstolz.html Wenn das keine Entwicklung ist!

Bis bald,
Eva

Sonntag, 15. September 2013

Der Sonntagabend-Ermutigungspost: You have to love, you have to feel ...

Liebe Mathilda,

etwas heruntergekühlt betrachtet wird mir mein Fluchtimpuls, dieses Leben-jetzt-erst-recht, immer mehr bewusst. So viel wir uns auch vornehmen, so schnell wir auch rennen, wir können das, was uns bewegt, nicht hinter uns lassen. Solange es uns bewegt. Solange wir leben.







Liebe Grüße,
Eva

Cool down

Liebe Mathilda,

nach einem Wochenende wie diesem habe ich so eine angenehme Erschöpfung in mir. Der Workshop am Freitag ist gut gelaufen. Es war eine diskussionsfreudige Truppe (20 Krankenschwestern mit jeweils mindestens 15 Jahren Berufserfahrung, Tendenz steigend), mit der ich direkt ins Thema eingestiegen bin. Zuckerkönigin und so war überhaupt nicht nötig. Und Psychologie in 1 ½ Stunden zu packen ist sowieso ein Witz. Habe die letzte halbe Stunde noch etwas aus meiner Präsentation zur Selbstfürsorge gebracht und das wars. Meine Erkenntnis: Vorbereitung in dem Maße wie ich sie betrieben habe, war nicht nötig. Hab mich aber nicht ohne Präsentation getraut. Ist schon was anderes, wenn Du mit dabei bist. Beim nächsten Mal bin ich cooler.

Bin jetzt völlig platt auf dem Sofa – rechts Kai und links Tino – ebenfalls platt. Hab ja heute noch den Spätsommerlauf gerockt. Bei Kilometer 3 dachte ich „Warum tue ich mir das an?“. Bei Kilometer 4 dann „Ich schaff das nicht“. Bei Kilometer 5 dann „Yes“. Jetzt will ich nur noch liegen. Lazy Zeit an einem letzten Sommertag ist jetzt angesagt. Wer könnte das besser verpacken als Walk off the earth (hier leider nur in einem Cover):




"I paid my dues
Got nothing to prove
Laying on the dock
Just talking to you
Summer vibe
Looking for a summer vibe

And the sun goes down
But it'll rise again tomorrow"
(Walk off the earth - "Summer vibe")

Erschöpfte Grüße,
Eva

Freitag, 13. September 2013

I'm so excited


Liebe Mathilda,


 
bevor Du jetzt gar nichts von mir hörst, mal ein kurzes Statement: Ich habe mich wohl etwas übernommen mit meinem Wochenendprogramm. Die Einsicht kommt, wenn ich das so im Überblick betrachte: Erstmal ist Kai krank, was das System regelmäßig aushebelt. Heute noch ein kurzfristig anberaumter Workshop (Die "Geldgier" war größer - Wie war das noch mit dem Nehmen und Abgeben?) und abends mit meinem Vater, der ja wegen dem Workshop auf Kai aufpasst, das lang geplante IKEA-Abend-Shopping. Morgen dann Grillboot mit den Psycho-Kollegen (das wird kalt) und vorher noch Getränke dafür einkaufen sowie die Startunterlagen für den Spätsommerlauf (Sonntag) abholen. Das sind ja auch alles sehr nette Sachen, aber mal ehrlich: ich dreh ganz schön am Rad. Dann noch gestern die letzten Bewerbungsgespräche; nun steht die Entscheidung an. Als wäre ich auf der Flucht. Dabei bleibt kaum Zeit für Berichte über Flo. Außer Blicken is eh nix gewesen (aber Blicke sind bei Flo eben BLICKE!) und dann die Sache mit dem "Liebhaber". Muss ich Dir mal später erzählen. Zum Glück ist Tino ganz ausgeglichen. Keep clam and cool down. We will see.
 
"I'm so excited and I just can't hide it
I'm about to lose control and I think I like it"
(Pointer Sisters - "I'm so excited")

Excited Greetings,
Eva

Donnerstag, 12. September 2013

Vom Geben und vom Nehmen


 Liebe Mathilda,
ich wünsch Dir alles Liebe und nur das beste zu Deinem Geburtstag. Du bist einer der wunderbarsten Menschen, die ich kenne. Du hättest es wirklich verdient, glücklich zu sein. 

Das war ein cooles Gefühl gestern, so mit um sich selbst kümmern und  es ist wie es ist. Und doch ist es so verdammt schwer, mein Interesse für Flo abzustellen: Er parkt doch tatsächlich kurz vor mir ein. Ich beeile mich beim eigenen Einparken, ramme fast ein anderes Auto, aber als ich aus dem Auto steige, sehe ich ihn nur noch von hinten. Hab wegen ihm fast einen Unfall gebaut und er wartet nicht mal. So ein Mistkerl denke ich. Oder hat er mich nicht gesehen zweifle ich. Allein, dass mich das so beschäftigt, jede einzelne kleine Situation, raubt mir so viel Kapazität, die ich doch gut woanders verwenden könnte. Aber es ist lebendig. Es fördert bei mir Reaktionen hervor, die ich nie von mir erwartet hätte. Sie führe ich also eine innere Diskussion mit mir selbst als ich den Weg entlanggehe, den Flo 20 Sekunden zuvor beschritten hat, und atme unweigerlich seinen Duft. Schön und scheiße kann ich da nur sagen.
Im Besprechungsraum sitzen wir nebeneinander und er spricht mich von der Seite und ohne Einleitung an (so etwas unbeholfen, als hätte er sich erst ein gebürtiges Thema überlegt, mit dem er mit mir in Kontakt treten könnte). Er fragt nach dem Stand der Bewerbungsgespräche, die ich nun - da aus dem Urlaub zurück - mit dem Chef weitergeführt habe. Er ist über die weiteren Kandidaten informiert und fragt:
Flo: "Wie war das Bewerbungsgespräch mit Miss Überflieger?"
Miss Überflieger - die zweifach dissertierte (sagt man das so zum einem Doppel-Dr.?) und dreifache Weltmeisterschaftsteilnehmerin im Klettern! - war wie anzunehmen eine Wucht. Ich schaue ihn an, sehe seinen 4-5 Tage-Bart (Was ist da nun wieder passiert?) und sage zu ihm:
Eva: "...Sie würde schon gut passen, taxiert aber wegen der geringen Wochenstundenzahl."
Flo erkennt sofort grinsend:
Flo: "Ah, Du müsstest also was abgeben?"
Er lacht und trifft damit ins Schwarze. Ich stimme mit ins Lachen ein und gebe ihm recht. Das überlege ich die ganze Zeit. Wieviele Stunden möchte ich arbeiten. Wieviele Stunden will ich hier bei Flo sein, was natürlich umgekehrt die Stunden bestimmt, die ich privat zur Verfügung habe. Wieviele Stunden muss ich arbeiten, damit wir finanziell das schultern können, was wir vorhaben. Und nicht zuletzt: Möchte ich Miss Überflieger vor der Nase haben? So perfekt wie sie ist, kann das ja auch heißen, dass sie mich in den Schatten stellt. Obwohl, das geht ja gar nicht... Abgeben? Abgeben. Ist das das eigentliche Thema? Ich dachte, ich kann ganz gut abgeben. In meiner ganzen Sinnfindungskrise schien mir das sehr einleuchtend. Geben ist schöner als Nehmen. Und wenn es um Geld oder materielle Dinge geht, bin ich auch ziemlich schnell dabei zu geben. Wenn die Grundbedürfnisse gesichert sind, bin ich nicht diejenige, die sich Gedanken darum macht, ob eine Geburtstagsparty 200 € kostet. Aber wenn es an die wirklich wichtigen Bereiche geht wie z.B. die Zeit, die ich mit meinen Lieben habe, die Zeit, die ich auf der Arbeit mit Flo habe, wird es schon schwieriger. Und davon - da bin ich mir jetzt nach meiner inneren Diakussion ziemlich sicher - will ich nichts abgeben!
Das alles geht mir durch den Kopf während Flo schönen Blickkontakt hält. Er ist sehr zugewandt und interessiert an allem was ich sage. Ja, ich rede trotz meiner internen Denkprozesse weiter. Frauen können so etwas. Eine Ärztin sucht noch Läufer für einen am Wochenende stattfindenden Staffellauf. Flo ist vermutlich auch dabei. Ich halte mich zurück, brauche solche Aufregung wie beim Staffellauf im Juni jetzt nicht. Trotzdem laufe ich selber weiter. 2mal die Woche bin ich Joggen und habe mich angemeldet für den Spätsommerlauf am Wochenende. Zwischen mir und Flo scheint es äußerlich "normal" und etwas langweilig. Er lacht über meine Scherze. Ich bin heute gut drauf. Als wir alle aufstehen, greift er sich meine leere Kaffeetasse, um sie wegzubringen. Die anderen lässt er stehen. Was hat das nun wieder zu bedeuten? Er räumt meinen Dreck weg, weil er sonst nichts für mich tun kann? Vermutlich bedeutet es rein gar nichts. So langsam möchte ich auch, dass mir das einfach egal ist. Ich arbeite dran.
Liebste Grüße,
Eva

Dienstag, 10. September 2013

Der neue Humor

Liebe Mathilda,



mein Wochenende war überschattet von der großen Erleichterung darüber, dass sich mein Brustbefund in nichts aufgelöst hat. Und dieses Lebensgefühl trifft Alaxander Fairchild in "Swimming" ziemlich genau. Ich weiß nicht, was er singt. Für mich klingt es wie ein beschwingtes "Celebrate your breasts!" Tino und ich haben am Wochenende meine Brust gefeiert! Da ist doch alles andere etwas nebensächlich oder nebensächlicher ... oder etwas weniger wichtig, so dass es leichter fällt darüber zu sprechen. Die Schwere anderer Probleme wird durch gesundheitliche Grenzsituationen relativiert. Seit der Situation letzte Woche haben meine gefühlsmäßigen Verwirrungen und Irrungen für Tino einen Namen: "Florian "Armleuchter" Mollis". Überschattet von der Erleichterung oder ganz einfach als Bewältigungsform hat sich dabei Humor in unsere Auseinandersetzung eingeschlichen. Ganz unerwartet. Ich will nicht sagen, dass es nicht auch traurige, verletzte, aggressive und ängstliche Gefühle gibt. Aber wenn wir im Alltag miteinander umgehen wie zum Beispiel gestern als ich unser Süßigkeitenlager aufräumte, kommt schon mal eine humorvolle Bemerkung in diese Richtung. Manchmal nehme ich die Gummibärchen, die sich mit der Zeit (und dem Kleinkind) so ansammeln mit auf die Arbeit, denn da gibt es immer dankbare Abnehmer. Will heißen: Ärzte essen so ziemlich alles. Als ich den riesigen Vorrat an Tropi Frutti (war ein Geschenk, was kein Mensch wirklich alles essen kann) dezimieren wollte, machte Tino den Vorschlag, dass ich sie doch Flo in sein Büro stellen soll, damit er davon dick wird oder wenigstens Durchfall bekommt :-) Ich musste lachen. Tino auch. Was soll's, wenn nichts mehr hilft, hilft Humor. Dass ich nicht mal weiß, ob Flo überhaupt Tropi Frutti mag, ist mal wieder der Beweis dafür, dass ich in eine Illusion und nicht in einen realen Menschen verliebt bin. Und selbst wenn ich ihn kennen würde, würde er sich nicht drauf einlassen. Also ist es unnötig herauszufinden, ob er Tropi Frutti mag, denn es würde nichts ändern. Tropi Frutti ist hier natürlich nur eine Metapher für Flo´s Eigenschaften.

Es ist also völlig egal, ob Flo irgendwelche Affinitäten zu irgendwas hat, denn auch wenn sie da sind, reichen sie nicht aus, um mit ihm in irgendeine zuneigungsbegründete Beziehung einzutreten. Ich kann mich nur um mich selber und meine eigenen Tropi-Frutti-Gelüste kümmern. Ich bin mir wichtig. Be  yourself!

Süße Grüsse, 
Eva

Sonntag, 8. September 2013

Der Sonntagabend-Ermutigungspost: We all have a Wonder Woman inside us ...

Liebe Mathilda,

die Ereignisse dieser Woche führen unweigerlich zu großer Solidarität gegenüber Brustkrebsbetroffenen und überhaupt allen Frauen sowie einem besonderen "Wir-sind-Frauen-und-stolz-darauf"-Gefühl. Hier eine Slideshow, die aufrütteln, Mut machen und verbünden soll:











Für alle Frauen - im Hamam, weinend auf der Couch oder auf der Arbeit - überall. Seid stolz auf die Unterschiede. Sie machen Euch einzigartig.

Eva

Freitag, 6. September 2013

Alles ist klar!

Liebe Mathilda,

nach der Zeit der Erleichterung ergab sich heute die Gelegenheit im Aufenthaltsraum unserer Station ein Stück Kuchen zu essen. Große Angst macht auch großen Hunger wenn dann die körperlichen Grundbedürfnisse wieder einsetzen. Flo hatte auch gerade ein Stück vertilgt und schickte sich an zu gehen. Ich sprach ihn an, um ihn zurück zuhalten. Ein ganz leises "Florian?" genügte und er stand mir zur Verfügung. Wir beide allein in der Küche. Als ich ihn so erwartungsvoll sah, dachte ich, dass ich stolz, dass ich mir und ihm diese Woche ganz schön was erspart hatte indem ich nicht auf ihn als Mammasonografie-Spezialist zurückgegriffen hatte, um das Ding in meiner Brust näher zu bestimmen. Ich denke, dass er es nicht abgelehnt hätte, aber natürlich hätte es unsere nun "fast" wieder normale Beziehung erheblich irritiert. Ich fragte mich, was ich eigentlich zu ihm sagen wollte und sprach ihn spontan auf Frau Eilig an. Die Klientin mit der Affäre, die uns beide unabhängig voneinander ins Vertrauen gezogen hatte, und die Erstbeste, die mir einfiel. Ich fragte ihn, was er von ihr hält? Er setzte sich wieder, schloß überlegend die Augen, ging in sich, stotterte herum. So richtig wusste er nicht, was er sagen wollte. Die Klientin sei wenig greifbar. Was mir Flo dann erzählte, war, was die Klientin in ihm auslöst. Hatte ich zwar nicht gefragt, ist aber auch sehr interessant. Sie berühre ihn. Er wisse nicht genau warum, denkt aber, dass depressive Menschen so etwas bei ihm auslösen. Ich halte sie nicht für depressiv in ihrer Grundstruktur, sondern eher für histrionisch oder für narzißtisch. Aber danke für die Info, dass depressive Menschen bei Ritter Flo Retterfantasien auslösen. Es ging auch um den Mann der Klientin, der ihm wenig feinfühlig erschienen sei. Er hätte ihr gegenüber nicht mal mit Platitüden wie "Du brauchst keine Angst haben." aufgewartet. Das war mein Stichwort, denn dann sagte ich zu Flo, dass ich diesen Satz am Montag von meiner Gynäkologin gehört hatte und der rein gar nichts bewirken würde. Flo´s Aufmerksamkeit war nun fokussiert. Er sah mich fragend an. Ich hatte das Bedürfnis, ihm von meiner Aufregung in den letzten Tagen zu erzählen. Er würde es sowieso erfahren (in einer Klinik bleibt fast nichts verborgen - außer vielleicht Bloggerinnen!) und er sollte es von mir erfahren. Und er sollte auch erfahren, dass ich ihn da rausgehalten hatte, damit ich uns beiden eine peinliche Situation erspare. Ich platzte heraus:

Eva: "Ich habe gerade den Ernstfall geprobt." 

Geschärfte Aufmerksamkheit bei Flo.

Flo: "Du hast was?" Er lauschte wie ich berichtete:

Eva: "Meine Gynäkologin hat am Montag etwas in meiner Brust."

Seine Gesichtszüge entglitten und er fragte ungläubig

Flo: "Bei Dir?"

Er kniff die Augen zusammen als ihm bewusst wurde, dass ich von mir und nicht wie gewohnt von einer Klientin sprach. Seine Bestürzung war kaum zu übersehen. Ich wollte ihn nicht auf die Folter spannen, wollte ihn nicht das durchleben lassen, was ich die letzten Tage durchlebt hatte. Und das würde er bei seiner Empathie und der gleichen Wellenlänge, auf der wir liegen. Das ist zu ernst für Spielchen. Ich sagte beschwichtigend:

Eva: "Ich habe es von Dr. Radio untersuchen lassen. Es ist alles gut."

Er verstand den letzten Satz nicht gleich, verharrte noch etwas in dieser verzweifelten Mimik. Ich musste es wiederholen:

Eva: "Es ist alles gut!"

Er wiederholte das:

Flo: „Es ist alles gut?!“

So als wollte er es sich selber glauben. Erleichterung zeigte sich auf seinem Gesicht. So viel ist sicher: Er fühlt mit mir. Wie ein Kollege? Wie ein Mann? Wie ein Freund? Und ich kann eine Affinität für depressiv und dramatisch reagierende Ärzte in meiner Umlaufbahn nicht verhehlen.

Immer noch erleichterte Grüße von Eva