Liebe Mathilda,
ich fuhr heute mit der Erkenntnis auf die Arbeit, dass das mit Flo doch alles keinen Sinn hat. Ich meine nicht die Tatsache an sich und die Entwicklung bis hierher, aber alles, was jetzt zwischen mir und ihm passiert bzw. nicht passiert. Es ist schade um die Lebenszeit, die ich mit Gedanken an ihn verbringe - und das sind ziemlich viel. Die Begegnungen sind ja ok, aber ich sollte wirklich weniger an ihn denken. Er wird sich mir nicht näher zuwenden. Das ist mir einmal mehr bewusst geworden. Doch dann...
sah ich sein Auto. Ungefähr da wo wir neulich das Rennen gefahren sind. Ich sehe nur ein Rücklicht eines silbernen Autos und erkenne die letzte Ziffer vom Nummernschild: eine "1". Das ist Grund für mich anzunehmen, dass er das ist. Ich versuche mich nicht so hochzupuschen. Mein Gott, es ist auch nur ein Mann, der zur Arbeit fährt. Zwischen ihn und mich quetscht sich ein Bus und der gelassene Gedanke: Was solls, dann kann ich halt nicht direkt hinter ihm fahren und ihn auf dem Parkplatz treffen. Mir wird schon nichts Entscheidendes entgehen. Aber wie das so ist, bringt uns die gewisse Gelassenheit viel näher an die gewünschten Situationen als alle krampfhaften Versuche, den Bus zu überholen. An der letzten Ecke ist nur noch ein Auto zwischen ihm und mir, dass sich auch bald in Luft auflöst. Er parkt quer zur Fahrbahn ein und muss einmal korrigieren (hihi). Ich denke zunächst, dass ich jetzt besonders cool an ihm vorbeifahren werde, um mir einen Parkplatz zu suchen. Da sehe ich, dass der Platz links neben ihm frei ist. Und parke dort in einem Zug perfekt ein (hihi). Schnell klemme ich meinen Ipod ab, aus dem The Joy Formidables "Endtapes" dröhnt. Wir steigen zusammen aus. Ich begrüße ihn fröhlich, er eher mürrisch. Doch im Gehen (ich gehe nah neben ihm) fängt er an zu flirten: "Na, bist Du heute wieder mit 70 hinter mir hergefahren?" Träum weiter! "Nö, ich hab Dich gar nicht gesehen." was für das 70er Stück nicht mal gelogen ist, weil ja der Bus zwischen uns war. Aus irgendeinem Grund drehen wir uns zu unseren Autos um. Eine kollektive Zwangshandlung?. Meins ist voll Schnee, seins nicht. Ich frage mich warum und ob er über nacht in einer anderen Klimazone geparkt hat. Ich frage ihn "Du hast eine Garage oder?" Ich bin ja immer bestrebt mal etwas über seine Lebensumstände herauszufinden, die sicherlich nicht halb so spannend sind wie ich annehme. Er verneint das und wirkt heute irgendwie doch mürrisch. Vielleicht gehts ihm auch gegen den Strich, dass ich nicht auf seine Flirteinladung eingestiegen bin. Ich frage weiter "Gabs bei Dir keinen Schnee?" Er überlegt. Keine Ahnung, was an einer Antwort auf diese Frage so schwierig ist. "...so wie hier. ... [gähn] ...Es hat ja gestern nachmittag geschneit und ich war gestern Abend nochmal unterwegs, so dass kein Schnee liegengeblieben ist" Ich sehe ihn von der Seite an wie er das erzählt. Habe heute 8cm-Absätze, so dass wir gleichauf nebeneinander hergehen. Ich stelle fest: Er sieht fertig aus. Wie ein alter Mann. Diese Schwere pflanzt sich fort bis wir die Tür erreichen und er fluchtartig "Bis nachher" rufend in seine Richtung flüchtet. Er stellt nicht mal seine alberne kleine Kühltasche mit seinem Mittagessen in der Teeküche ab. Was ist da los? Ok, ich wollte mir ja nicht mehr so viele Gedanken machen.
Später dann treffe ich mit ihm und dem Chef zusammen auf der Station. Er wirkt etwas konfus und war davon ausgegangen, dass Dr. Radio heute wieder aus dem Urlaub zurück sei. Er gibt zu "Das ist schlecht geplant von mir." Supi, denke ich, es liegt also nicht an mir, dass er so schlecht drauf ist. Er ist überlastet, hat eigene Probleme, was auch immer. Dann wird aufgeteilt welcher Arzt welche Klienten visitiert. Mein Chef fragt mich daraufhin, bei welcher Visite ich mitgehe. Ich bin etwas überfordert, weil das irgendwie wie "Ich [der Chef] oder Er [der Flo]" klingt. Ich gehe schließlich mit Flo mit und weiß nicht, ob das so karieretechnisch klug war. Egal, sollte ich nicht so überbewerten. Wir sind bei der Klientin, die 1 Jahr lang im Sessel saß und neulich Flo Sündencluster aktivierte. Anschließend gebe ich Flo eine Rückmeldung warum ich der Sessel-Klientin ihre vermittelte Einstellung, dass sie mit der Situation wirklich zufrieden ist, langsam glaube. Ich bin gerade im Erklären, da geht er aus dem Kontakt, um dem vorbeieilenden Chef, der inzwischen auch wieder da ist, noch etwas zu sagen. Ich bin kurz pikiert, dass er mich so stehenlässt. Nur um 3 Sekunden später wieder von seiner Aufmerksamkeit und einer Entschuldigung, dass er sich kurz abwenden musste, entwaffnet zu werden. Manchmal kommt er durch die Hintertür, unerwartet und ... so wirkungsvoll. Langsam taut er auf und seine Laune wird besser. Hat den Anschein als gefalle es ihm auf der Arbeit.
Es wird lockerer als wir in der kleinen Besprechungsrunde zusammensitzen. Er berichtet vom vergangenen Tag und ich gebe ihm noch eine Rückmeldung über eine Klientin. Dazu starren wir uns verdammt noch mal vergnügt an! Eindeutig zu lange für einen angemessenen Blickkontakt. Zwischendrin schenkt er mir Kaffee nach. Ok, ich fokussiere eindeutig zu sehr auf ihn. Die Sekretärin hat mir schließlich auch Kaffee eingeschenkt und ich vermute bei ihr keine versteckten Gefühle. In der Besprechung geht es um seinen morgigen Vortrag "Krankheitsmythen". Als er drauf angesprochen wird, fängt er an, ein Loblied auf mich zu singen. Endlich kommt das Lob, was ich mir schon so lange verdient habe. Der Chef fragt ihn "Hast du ein paar Mythen gefunden?" Flo darauf "Frau Cormann hat mir eine grandiose Vorlage geliefert. Das ist schwer zu topen." Recht hat er. Der Chef bewundernd zu mir "Echt?" als wenn das eine Unmöglichkeit ist bei einem Florian Mollis. Ich darauf ganz bescheiden "Aus meiner langjährigen Erfahrung." Und so plänkelt es weiter dahin. Ich fühle mich gut. An einer Stelle kommen dann doch meine Muttergefühle durch. Er hält einen weiteren Vortrag in der kommenden Woche und ich nehme aus einem Impuls heraus Anteil und stoße hervor "Ach, nun doch?" Er hatte ja letzte Woche überlegt den Vortrag zu verlegen. Er darauf "Ja, ich stehe doch im Programm." Naja, er dürfte dadurch merken, dass er bei mir auch immer noch im Programm steht. Und er selbst muss denke ich mal soviel "Mann" zeigen, dass er sich nicht von 2 aufeinanderfolgenden Vorträgen abschrecken lässt.
Fazit: Ich denke zuviel an ihn. Ich hoffe zuviel auf ihn. Er bedient das immer zu dem Zeitpunkt, an dem ich mich gerade vorsichtig löse. Ein immerwährendes Spiel, dass ich wie lange mitmachen will?
Ich hoffe es geht Dir gut?
Allerliebste Grüße von Eva.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen